Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. 
sich versteckt gehalten und waren der Abteilung dann in den 
Rücken gefallen. Nach einem heißen Kampf wurde aber 
der Feind zurückgedrängt, die Abteilung kehrte in das 
scheinbar verlassene Dorf wieder zurück, und der so freund 
lich blickende Greis war der erste, der seinen Verrat mit 
dem Tode büßen mußte. 
Wie es auf Helgoland aussieht. 
(Hierzu das untenstehende Bild.) 
Eine gewaltige Umwandlung ist, wie der „Schwäbische 
Merkur" berichtet, mit der Insel Helgoland seit der Er 
klärung der Mobilmachung geschehen. Aus dem besuchten, 
lebensfrohen Badeort ist eine Festung geworden, die von 
Waffen starrt. Nicht nur die Badegäste, auch alle Be 
wohner der Insel sowie sämtliche Angehörige der Be 
satzung haben die Insel verlassen müssen, damit nicht bei 
einer Beschießung Nichtkämpfer in Gefahr geraten. So 
sieht man in den öden Straßen zwischen den menschenleeren 
Häusern nur Verteidiger der Festung, Offiziere, Matrosen, 
Seesoldaten und Pioniere, die von früh bis spät tätig sind, 
um die Festung auf die höchste Stufe der Widerstands 
fähigkeit zu bringen. 
Besonders verändert ist das Oberland. Hier hat mancher 
hochragende Giebel, manches freistehende Haus fallen 
müssen, um das Schußfeld für die Geschütze freizumachen. 
Die Stimmung der neuen Inselbewohner hat aber unter 
dieser etwas trostlosen Umgebung nicht gelitten. Nach dem 
Abendbrot spielt die Musik. Erst um acht Uhr abends 
werden wir wieder an den Ernst der Zeit gemahnt, wenn 
unter dem Gesang von „Deutschland, Deutschland über 
alles" und der „Wacht am Rhein" die Kriegswache auf 
zieht; dann beginnt der anstrengende, verantwortungsvolle 
Wachtdienst. Wachen und Warten! Warten bis der Feind 
kommt! Wie werden da in langen Nächten die Kameraden 
von der Armee beneidet, die das Glück genießen, vorwärts, 
immer vorwärts marschieren, gegen den Feind anreiten 
zu können und im heißen Feuerkampf sich das Eiserne Kreuz 
verdienen zu dürfen. Maßlose Erbitterung herrscht über 
die Art der Kriegführung seitens der Engländer. Handels 
schiffe wegzunehmen, harmlose Fischdampfer in den Grund 
3ii schießen, dazu sind sie jederzeit bereit. Und dann die 
Lügennachrichten, die England jede Nacht mit seiner starken 
Funkenstation Poldhu durch den Weltenraum schleudert. 
Mit der Faust in der Tasche muß man sie lesen, alle die 
Beschimpfungen pnserer tapferen Soldaten, die bewußten 
Entstellungen und Lügen, die nur den Zweck haben, uns 
im Ausland zu schaden und den englischen Kredit zu stützen. 
Glücklicherweise tragen sie oft den Stempel der Lüge auf 
der Stirn und streifen ans Lächerliche. 
Dann kam ein Tag, an dem es sich wie ein grauer Schatten 
über Helgoland legte. „U 15", das mit mehreren anderen 
Unterseebooten einen kühnen Vorstoß nach der englischen 
Küste unternommen hatte, war nicht zurückgekehrt. Die ersten 
Verluste! Die Kameraden, die kürzlich noch mit uns am Tisch 
gesessen haben, sind nicht mehr. Sie sind still und selbst 
verständlich in den Tod gegangen. Nicht in jenem schönen 
Feuereifer und der hellen, lodernden Begeisterung, die beim 
Angriff zu Lande die letzten Stunden des Soldaten zu den 
schönsten, erhabensten machen, in denen alles Kleine und 
Menschliche von ihnen abfällt. Nur ein Auge der ganzen 
Unterseebootsmannschaft hat den Feind gesehen, das Auge 
des Kommandanten am Sehrohr. Die übrigen verrichteten 
ihre Tätigkeit ohne Kenntnis von der Außenwelt wie bei 
einer Ubungsfahrt, aber im vollen Bewußtsein der Gefahr. 
Dazu gehört mehr als ein aufschäumender Mut; dazu ge 
hören Nerven von Stahl, dazu gehört, daß jeder mit klarem 
Bewußtsein sich durchgerungen hat zu dem Entschluß des 
ehrenvollen Unterganges. Sie haben ihn gefunden, unsere 
Kameraden von „6 15", und wir danken ihnen dafür, denn 
ihr Vorstoß über die Nordsee bis zur englischen Küste ist 
keine geringere Tat als die Fahrt der „Königin Luise". 
Möchten sie nicht vergeblich sich geopfert und ihr Leben 
teuer verkauft haben. 
Phot. F. Schensky, Helgoland. 
Helgoland. 
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