Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. 
dieser Art gibt es für alle möglichen Zwecke. Die höheren 
Stäbe haben ihre besonderen Wagen für das große Karten- 
und Aktenmaterial, für die Scherenfernrohre, die Meß 
tische und sonstiges Zubehör im Betriebe der Oberleitungen. 
Das Kaiserliche und andere Hauptquartiere benutzen Küchen 
wagen mit Selbstkraft,' die Ballonkolonnen benötigen 
Sonderwagen für Hüllen, Körbe und Gasflaschen, die 
Fliegerabteilungen solche für ihre Flugzeuge, für Reserve- 
teile, Ausbesserungsmittel und Benzin. Die Telegraphen 
bataillone, die jetzt nur noch Telephon- und Telefunkendienst 
ausüben, die Festungsfernsprechkompanien, die Eisenbahn 
truppen und die Pioniere haben alle ihre besonders ein 
gerichteten Fahrzeuge, und dazu kommen schließlich noch 
Scheinwerfer- und Feldpostautos, wie auch Tankwagen für 
Benzin und Öl fern von den großen Kraftwagendepots. 
Zahllose Lastautomobile aus Privatbesitz finden dank 
bare Verwendung zur Beförderung von Munition, Ver 
pflegungsmitteln und Futter, wo es sein muß von Wasser, 
von Ausrüstungsgegenständen und Ersatzteilen aller Art, 
und draußen im Aufmarsch- und Kampfgebiet begegnet 
man unaufhörlich den schier endlosen Kolonnen mit größeren 
und kleineren Kraftwagen, die ihre frühere friedliche Ver 
wendung in allen nur denkbaren industriellen Betrieben 
noch durch ihre Firmen und sonstigen Aufschriften verraten. 
Zu den Selbstfahrern im militärischen Dienst zählen 
natürlich auch die schwerfälligeren Dampfkraftwagen, die 
imstande sind, die großen und größten Geschütze und Mörser 
und deren Munitionsbedarf, wie auch sonstige Riesenlasten 
zwar langsam, aber sicher überallhin ganz nach Not 
wendigkeit zu befördern; diese haben noch den Vorteil, daß 
sie ihr Brennmaterial, sei es Kohle, Holz, Öl, Petroleum, 
Spiritus usw., auch draußen im Felde nicht in allzu großen 
Mengen mit sich zu führen brauchen und viel leichter damit 
versorgt werden körmen, als das Auto mit dem kostbarsten 
und unentbehrlichsten aller Betriebsstoffe, dem von der 
Armeeverwaltung so umfassend gesammelten und so sparsam 
als möglich gehüteten Benzin. 
Richt zu vergessen ist auch das Kraftfahrrad, das im 
großen Kriegsdienst seine eigene wertvolle Verwendung 
findet und oft noch da durch- und fortkommen kann, wo 
das Automobil durch Anhäufung oder Stockung im Heeres 
zuge und in dessen Zweigkolonnen, durch Schmalheit oder 
scylechte Beschaffenheit der Fahrwege, wie auch durch die 
Gesechtslage oder allzu deutliche Zieldarbietung für feind 
liche Artillerie ganz oder teilweise an der Tätigkeit ver 
hindert ist. 
Hervorragendes leistet das Kaiserliche Freiwillige Auto 
mobilkorps, dessen Mitglieder persönlich ihre Wagen steuern 
und durch dick und dünn, über Felder und Gräben ihre 
Wagen und deren Insassen an die kämpfenden Truppen 
bringen. Die Mitglieder dieses Korps haben während des 
Krieges Offiziersrang, der Monteur Unteroffiziersrang. 
In Belgien haben viele Kraftwagen des Korps unter dem 
hinterlistigen Feuer der Franktireurs leiden müssen, doch 
die Schnelligkeit der Wagen und die Ruhe der Führer hat 
diesen Banden bald ihr Handwerk gelegt. 
Brief eines Verwundeten. 
(Hierzu die Bilder Seite 120-123.) 
Stuttgart, den 10. September 1914. 
Mein lieber Storch! 
Uber vier Wochen bin ich unversehrt geblieben, in acht 
größeren Gefechten und mancher schwierigen Patrouille, 
die Kugeln haben sich stets damit begnügt, mir Säbelscheide, 
Verbandpäckchen und andere Äußerlichkeiten zu zerreißen. 
Aber am Montag hatte, l sie^s ganz gewaltig auf mich ab 
gesehen. Wir lagen südwestlich von Verdun, ich hatte mit 
dem Glas die Wirkung unserer Artillerie zu beobachten 
und lag, ziemlich weit vorn,^mit aufgestützten Ellbogen 
im Acker. Ringsum schlugen Schrapnells ein und pfiffen 
die Gewehrkugeln, an die mau sich schon ganz gewohnt 
hat. Just wie ich einmal den Kopf senke, saust eine Voll 
granate da über mich weg, wo noch soeben dieser ziemlich 
wichtige Körperteil war. Konnte das Geschoß schon den 
Kopf nicht haben, so riß es mir doch den Tornister weg, 
und zwar mit solcher Wucht, daß ich glaubte, es habe mir 
das Kreuz abgeschlagen. Ich versuchte aufzustehen, und siehe 
da, es gelang, ich war unversehrt. Run, dachte ich, wenn 
du so em Gluck hast, kannst du auch ruhig noch ein bißchen 
weiter beobausten. Das nahmen mir aber die Franzosen 
ganz gewaltig übel. Kaum hatte ich das^Glas wieder an 
gesetzt, als irgendwo in meiner Nähe ein Schrapnell plazte 
und an meinem rechten Arm etwas Warmes herunterzu 
fließen begann. 
Meine aufgäbe war im wesentlichen erledigt, und um 
Bericht zu erstarten, mußte ich zurück. Ich kroch also in 
der Richtung auf den Verbandplatz zurück und fand dabei 
unter anderen Trümmern meines Tornisters meinen 
kleinen Photokasten, das Tagebuch und einiges andere, 
was ich zu nur steckte. 
Mit dem Verbinden und Abtransportiertwerden hatte 
ich merkwürdiges Glück; erst als ich meine Meldung er 
stattet hatte, wurde mir ckn ganz klein wenig schwinolig. 
Ein Kraftwagenzug. 
Fr. Tellgmaim, Hofphot., Mühlhausen i. Th.
	        
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