Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

Angriff vovenegalnegern 
auf LürLiscsschützengräben 
an der Kii von GaMpoli 
unter MitEung der fran- 
zösist Flotte» 
Nach einer eichen Darstellung. 
bange werden vor dieser Masse. Doch die Jäger, verstärkt 
durch die Infanterie, waren ganz ruhig und schossen noch 
nicht, sie ließen die Russen erst ganz dicht herankommen. 
Nun folgte eine Salve nach der anderen. Die Russen 
fallen massenhaft; ein Stöhnen und Schreien durchgellt 
die durch Gewehr- und Kanonenschüsse aufgewühlte Nacht. 
Immer mehr Massen!stürmen heran, Infanterie und Jäger 
schießen, was sie können. Ein Feldwebel ist derart von 
zwölf Nüssen bedrängt, daß diese ihn jeden Augenblick 
umbringen müssen. Schon will der Oberstleutnant von 
den Jägern zur Hilfe eilen, doch er muß auf seinem 
Posten ausharren und das Ganze leiten. Er sieht mich an, 
ich verstehe. Springe mit meinem Karabiner hin und 
knalle drei Russen herunter; sechs hat der Feldwebel schon 
allein mit dem Revolver erschossen oder mit dem Säbel er 
stochen, da bricht auch er zusammen: ein Bajonettstich in 
den Schenkel raubte ihm die letzte Kraft, er sinkt zurück 
und schläft sofort ein. Ich schreie die Russen auf Polnisch 
an, ob sie verrückt seien, so anzustürmen, sie würden alle 
erschossen, sie sollten sich ergeben! Wie sie das hören, 
kommen sie auf mich zu und reden mich mit Bruder 
(bradzie) an: „Hier sind unsere Waffen!" Schon nehme 
ich den Schwarm mit, es sind jetzt vierundzwanzig, und führe 
sie zum Oberstleutnant, der sie gleich weiterführen läßt 
und nun einen Sturm befiehlt, da die Jäger nicht zu halten 
sind. Ich schließe mich ihnen an und schreie den Russen 
auf Polnisch zu, sie sollen sich ergeben. Da hättet ihr 
aber sehen sollen, wie sie angelaufen kamen, auch ein 
paar russische Offiziere. Wo die anderen Offiziere geblieben 
sind, wußte kein Mensch. 
So nehmen wir den russischen Schützengraben. Es wird 
auch schon etwas hell, der Graben ist voll von toten 
Russen, und fast jeder Nüsse hat einen Schuß mitten durch 
die Stirn; so gut schossen die Jäger am Tage, daß sie jeden 
mit einem Kopfschuß herunterholten. Jetzt wurde gesam 
melt, und da hatten die Jäger doch fünfundneunzig Mann 
verloren. Ich reite sofort zur Division zurück und melde 
den erfolgreichen Ausgang. Der Kommandeur drückte mir 
die Hand, da er inzwischen vom Oberstleutnant alles er 
fahren hatte, und wollte mich unserem Regimentskomman 
deur zur Beförderung vorschlagen. Gleichzeitig entließ er 
mich mit dem Bedauern, daß ich abgelöst werde; doch 
mir und meinem Pferde war die Ruhe zu gönnen! 
Ich reite sofort die fünfzehn Kilometer zu meinem Re 
giment, melde mich dort und dann bei meiner Schwadron. 
Ich schlief den ganzen Tag, mein Pferd auch. Am nächsten 
Tage muß ich schon wieder heraus und hinter unseren drer 
Leutnanten und einem Wachtmeister herreiten. Der Wacht- 
Jllustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Der Brief über den Zusammen 
stoß vom 4. Juni erzählt, daß 
Tausende von unbestatteten 
toten Engländern aller Far 
ben, Franzosen und Australiern 
vor den englisch-französischen 
Schützengräben lagen, und sagt 
wörtlich: „Die Tausende von 
Toten, die auf wenige Meter 
Entfernung von unseren Stel 
lungen verwesen, werden noch 
eine Choleraepidemie herbei 
führen. Es ist unmöglich, die 
Toten zu begraben, denn die 
Türken schießen mit unbarm 
herziger Sicherheit all die nie 
der, die sichtbar werden. Das 
ist kein Krieg mehr, das ist eine 
Metzelei..." 
Wer will nach diesen Tat 
sachen noch daran Zweifeln, 
daß sich die Engländer an den 
Dardanellen ein neues Flan 
dern geschaffen haben. 
Als 
Meldereiter zwischen 
den Schlachten. 
Aus dem Briefe eines kriegsfrei- 
rvilligen Jnsterburger Ulanen aus 
Rußland. 
II. 
Um zwölf Uhr wurde ich wie 
der geweckt, versah mein Pferd 
und stärkte mich selber. An die 
sem Tage und in der Nacht war 
es ziemlich ruhig, was man vorn 
so Ruhe nennt. Geschossen 
wurde in einem fort, dann setzten 
wieder Maschinengewehre ein, 
doch kam es nirgends zum 
Sturm. Ich brauchte nur zu den 
Jägern zu reiten und zu melden, 
daß diese das zweite und dritte 
Bataillon des Infanterieregi 
ments diese Nacht ab lös en sollten. 
Diese Jäger sind Prachtleute, 
meistens Förster und Schützen. 
Sobald sich ein Russe zeigte, 
nahmen sie ihn aufs Korn, 
und er purzelte sofort hin. — 
Es geht gegen Abend, die 
russische Artillerie schießt S alven 
auf die Schützengräben. Man 
sieht auch Russen marschieren, in die unsere Kanonen hinein 
feuern: die Russen fallen reihenweise. Man ist bei derartigen 
Vorgängen für den Abend auf etwas gefaßt. Schlafen gehen 
konnte ich nicht, sondern mußte mit gesatteltem Pferde 
bereitstehen. Es wird neun Uhr, und die Gulaschkanonen 
sollen das Essen heranfahren; denn tagsüber war es unmög 
lich. Da hört man stärkeres Eewehrfeuer, und auch Ma 
schinengewehre sehen ein. Der Ordonnanzoffizier reitet zur 
Stellung, um zu erkunden, was dort los ist. Er kommt 
bald mit der Meldung zurück, daß die Russen angreifen und 
wohl auch stürmen wollen. Schon wieder setzt ein rasendes 
Feuer ein, Leuchtkugeln fliegen hoch, Scheinwerfer leuchten 
ab, Kanonen dröhnen, Geschosse aller Art schlagen wie 
rasend ein. Es dauert nicht lange, da kommt von den 
Jägern die Meldung, daß sie von zwölffacher Übermacht 
angegriffen werden. Also muß ich schleunigst zum Zweiten 
und dritten Bataillon reiten und Verstärkung holen. Ich 
soll mich dann bei den angreifenden Jägern aufhalten und 
im Notfall zur Division reiten und berichten, damit noch 
mehr Verstärkung komme. 
Ich melde mich beim Führer der Jäger, der mein Pferd 
zu seinem Pferd führen läßt, ich muß ihn zu Fuß begleiten. 
Indessen kommen die Russen angestürmt, von Leucht 
kugeln und Scheinwerfern hell beleuchtet. Es konnte einem 
meister sagt, ich sollte mich nicht 
beeilen, da sie in Wiznyny be 
ziehungsweise Stankuny, wo 
unsere kleine Bagage liegt, 
über Nacht bleiben werden. Ich 
kam kurz vor Wiznyny an und 
verspürte großen Hunger. Mein 
Pferdchen dreht sich auch im 
mer um, ein Zeichen, daß es 
fressen will. Da kehre ich im 
nächsten Gehöft ein, hier ist 
die Munitionskolonne einer 
Maschinengewehrabteilung un 
tergebracht. Ich frage, ob 
sie etwas fürs Pferd haben. 
Sie geben sofort von ihrem 
Hafer ab und machen für mich 
Ninderbraten mit Kartoffeln. 
So ein Essen habe ich seit 
Szaky nicht mehr gesehen. Nach 
einer Stunde Ruhe reite ich 
weiter und bin bald an den 
Drahtverhauen und befestigten 
Stellungen von Wiznyny an 
gelangt, von der Höhe kann 
man Wiznyny überblicken. Die 
dort von den Armierungsarbei 
tern ausgehobenen Schützen 
gräben, Unterstände, Stachel 
drahtverhaue sind wahre Kunst 
werke, und sollten wir da drin 
festsitzen, so ist es unmöglich, 
daß der Russe durchbrechen 
könnte. Also nach Deutschland 
kann er nie mehr herein. 
In Wiznyny steckt unsere 
ganze Fuhrparkkolonne. Man 
sieht hierdeutscheOrganisation. 
Jede Straße hat einen Namen, 
überall Wegweiser und handel 
treibende Juden. Bei Wiznyny 
(in Stankuny) liegt unsere kleine 
Bagage von der Schwadron, 
dort sollte ich die Leutchen 
treffen, fand sie jedoch nicht 
und ritt gleich nach S. weiter. 
Unterwegs sah ich schon, daß 
ich sie nicht mehr einholen 
würde, mein Pferd wurde auch 
schon müde, so wollte ich mich 
irgendwo zur Nacht einquar 
tieren. Da sehe ich den großen 
Wizbyter See und muß also 
gleich in Deutschland sein. Ich 
reite Trab und berühre nach 
einer Viertelstunde deutschen 
Boden. Wie es mir zumute war, kann ich gar nicht be 
schreiben, am liebsten hätte ich den Boden geküßt. Jetzt 
war ich wieder in Deutschland, wie anders sind die Häuser, 
wie anders die Straßen, wie anders das Feld und wie 
anders die Menschen. Hier ist alles in schönster Ordnung 
und Reinheit — dort alles in größter Verwahrlosung 
und größtem Schmutz. 
Ich komme nach Sauslewoszen (sieben Kilometer vor S.), 
da werde ich von zwei Frauen hocherfreut als Bekannter 
begrüßt; denn in der Gegend wirtschafteten wir Ulanen 
im Herbst. Sie fragen: wohin des Weges? Ich erkläre 
ihnen alles, und da wollen sie mich nicht weiter lassen, ich 
soll bis morgen bei ihnen bleiben. Ich bin einverstanden. 
Ein prachtvoller Stall! Nachdem ich mein Pferd versorgt 
habe» gehe ich ins Zimmer. Endlich ein Zimmer, in dem 
man nicht an die Decke stößt, in dem der Boden mit Bret 
tern ausgeschlagen ist, in dem Teppiche liegen und die 
Fenster mit Gardinen bekleidet sind. Ich vermeinte im 
Himmel zu sein. Schon wurde ich zu Tisch gebeten. Es 
gab gebratene Fische, Rührei mit Schinken und Kaffee 
mit Milch. Nach einer Stunde hatte ich das Bedürfnis 
zum Schlafen. Sofort wurde mir ein frisch bezogenes 
Bett gegeben, in das ich mich wie im Traum hineinlegte. 
Am nächsten Morgen um sechs Uhr wache ich auf, mache
	        
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