Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/16. 
Handlung. Die drei k. u. k. Zerstörer fuhren ganz dicht 
an den Italiener heran, machten die Rettungsboote „klar 
zum Streichen" und fischten die bereits über Bord ge 
sprungenen Italiener auf, die durch verzweifelte Hilferufe 
die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken suchten. Mit größter 
Anstrengung entrissen die österreichisch-ungarischen Matrosen 
dreiunddrerßig Mann und zwei Offiziere, darunter auch 
den Kommandanten des feindlichen Fahrzeuges, dem Grab 
in den Wellen. Während dieser mutigen Hilfeleistung hatten 
die nahenden feindlichen Kriegschiffe die Fahrt verlang 
samt und die Genfer Flagge aufgezogen, als Zeichen dafür, 
daß sie die Gegner bei ihrem Rettungswerk nicht stören 
wollten. Immerhin aber verkürzten sie die Entfernung bis 
auf Schußweite. Es war ganz selbstverständlich, daß nun die 
Rettungsmannschaft schleunigst ihre mühevolle Arbeit ein 
stellte,- denn niemand in der ganzen Welt wird sich Italie 
nern auf Treu und Glauben ausliefern. So überließ man 
denn das sinkende Schiff, dessen ganze Besatzung man 
hätte bergen können, seinem Schicksal; in diesem Augen 
blick funkten die Italiener auch schon aus einem 20-em-Ge- 
schütz mit größter Genauigkeit hinüber und verwundeten 
einen Mann des Zerstörers „Lsepel" schwer, zwei andere 
leicht. Das österreichisch-ungarische Kommandoschiff „Helgo 
land" gab eine Antwort, die sehr treffend gewesen sein 
muß, denn der italienische Signore ließ sich auf die Fort 
setzung des Gefechtes nicht mehr ein, sondern verschwand in 
einem großen Bogen nach Osten. 
Dieser kühne Streich der österreichisch-ungarischen Flotte, 
die der italienischen an Zahl und Bestückung ähnlich unter 
legen ist wie der englischen die deutsche, mußte auf der 
ganzen Welt und besonders in Italien selbst einen großen 
moralischen Eindruck machen. Selbstverständlich suchte die 
amtliche Nachrichtenausgabe „Agenzia Stefani" jede Wirkung 
des österreichisch-ungarischen Vorstoßes aus der Welt zu 
lügen. Ja, die italienische Regierung leistete sich den Scherz, 
den österreichisch-ungarischen Bericht mit den Worten: „Der 
österreichische Bericht ist falsch" schon am Vormittag des 
24. Mai zu widerlegen, obwohl der so pünktlich zurück 
gewiesene Bericht erst am Nachmittag erschien, die italie 
nische Regierung von dem Inhalt also noch nicht die ge 
ringste Ahnung haben konnte. 
Sie vermochte denn auch nicht den Eindruck abzu 
schwächen: die kleine österreichisch-ungarische Flotte fürchtet 
den Feind nicht. Sie sucht ihn und trifft ihn. Sie will 
den Kampf und versteht zu kämpfen. In ihr lebt der sol 
datische und seemännische Heldengeist genau so wie in der 
deutschen Flotte. Auch zur See sind die von der ganzen Welt 
bestürmten treuen Verbündeten ein Herz und ein Geist. 
Nachdem so die Italiener zur See in die Verteidigung 
gedrängt worden waren, richteten sich aller Augen auf ihre 
Tätigkeit zu Lande, besonders weil amtlich entschuldigend dar 
auf hingewiesen wurde, daß man zur See nichts Besonderes 
unternehmen könne und dauernd auf österreichisch-ungarische 
Angriffe gerechnet habe wegen des überlegenen Ausgangs 
feldes der österreichisch-ungarischen Flotte. Die Italiener 
gingen denn auch auf der ganzen Landgrenze zum Angriff 
vor. Aber sie bereiteten ihren neuen Freunden die ent 
schiedenste Enttäuschung, es kam nicht zur schneidvollen 
Ausführung eines wohldurchdachten Angriffsplanes, son 
dern trotz der zehnmonatigen Vorbereitung brachten es die 
Italiener nur zu planlosen Angriffen schwacher Abteilungen, 
die zudem überall, wo es ernsthaft wurde, ihr Heil in der 
Flucht suchten. Wohl warteten die amtlichen italienischen 
Berichte mit den Namen „eroberter" Ortschaften aus den 
„unerlösten Gebieten" auf, aber diese offenen Plätze waren 
meist kampflos, freiwillig geräumt worden, weil die schwache 
österreichisch-ungarische Grenzverteidigung lieber in der 
Hauptstellung den Angriff erwartete, um nicht durch Ver 
teidigung von strategisch unwichtigen und schwer haltbaren 
Punkten das Leben der tapferen Vaterlandsverteidiger un 
nütz aufzuopfern. Denn sparsam mußten unsere Bundes 
brüder auf dem italienischen Nebenkriegschauplatz mit Ma 
terial und Leuten umgehen, weil gerade in der letzten 
| Maiwoche viel wichtige Arbeit in Galizien zu leisten war. 
Photogiod, Zürich. 
Der Eingang zum Arsenal in Venedig, das neben Spezia der Haupthafen der italienischen Kriegsmarine ist und daher große Arsenal- und Dock 
anlagen besitzt.
	        
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