Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
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von dem Artillerie 
duell. Ich habe den 
Befehl zu über 
bringen, daß die 
Ctellungenbiszum 
letzten Mann ge 
halten werden sol 
len und habe zu 
melden, daß Jä 
ger als Reserve hin 
ter Höhe 138 ste 
hen, wohin ich auch 
reiten muß. Ich 
komme so einen 
Kilometer vor der 
Stellung der In 
fanterie an, da höre 
ich schon im Dun 
keln das Rufen und 
Kommandieren, 
heftiges Schießen, 
sehe das Aufleuch 
tender Scheinwer 
fer und Leuchtku 
geln, die den ganzen Platz taghell erleuchten. Immer weiter 
im Galopp, schon bin ich dreihundert Meter von der Stellung 
weg, da muß ich doch absitzen, mein Pferd in ein verlassenes, 
zusammengeschossenes Haus führen und dort stehen lassen, 
denn die Kugeln pfeifen einem nur so um die Ohren herum. 
Ein Heranreiten ist unmöglich, auch erzählen mir die vielen 
Verwundeten, die zurückkommen, daß es für uns schlecht stehe, 
da die Russen in Massen heranstürmen. So muß ich also 
doch meinen braven Gaul herausführen und trotz alledem 
schnell heranreiten, um meine Befehle zu überbringen. Ich 
bin an der Stellung dran, da wird schon gehörig mit dem 
Bajonett gekämpft und mit dem Kolben dreingehauen. 
Eine Unmasse von Russen hängen in den Drahtverhauen. 
Dieses Kämpfen kann ich gar nicht beschreiben. Es ist ein 
Schreien, teilweise auch Totenstille, nur das Prusten der 
Mannschaften beim Bajonettieren ist zu hören. Ich schreie 
immer „Stab", werde weiter seitwärts gewiesen. Schon 
pfeifen die Kugeln in bedenklichen Massen, denn die Russen 
wissen genau, daß ich mit Befehlen komme, oder denken, 
ich bin ein hoher Vorgesetzter, der die Stellung abreitet und 
die Leute anfeuert. Endlich sehe ich einige Offiziere heran 
kommen und rufe ihnen zu: „Stab, Meldung!" Schon 
schreien sie mir entgegen: „Hier!" Herunter vom Pferde und 
gebe die Meldung. Lasse sie mir bestätigen und reite gleich 
zu den Jägern, die sofort herankommen sollen. Der Weg 
dorthin war schreck 
lich. Überall schlep 
pen sich Verwun 
dete heran, bitten 
um Unterstützung. 
Da führen sich ein 
Deutscher und ein 
Russe friedlich Arm 
in Arm zum Ver 
bandplatz. Schließ 
lich reite ich in der 
Dunkelheit noch 
einen armen Ver 
wundeten um. Er 
entschuldigt sich 
noch, er könnte mit 
seinem zerschosse 
nen Bein nicht 
schnell genug zur 
Seite. Mir rollen 
die Tränen her 
unter, doch helfen 
kann ich nicht, denn 
ich muß weiter; das 
sehen auch die armen Kerls ein und muntern mich noch auf, ja 
schnell zu reiten und Hilfe zu holen. Oh, wie schrecklich ist der 
Krieg, doch auch wie tapfer und entsagend unsere Truppen! — 
Ich erreiche die Jäger und führe sie den Weg zurück. 
Ehe sie zum Abmarsch fertig waren, reite ich schnell zum 
Sanitätswagen eines anderen in der Nähe haltenden Re 
serveregiments und hole Arzt und Mannschaften herbei, die 
gleich mitkommen sollen, um den Verwundeten unterwegs 
zu helfen. Alles setzt sich in Bewegung. Kurz vor der 
Stellung treffe ich schon einen Adjutanten, der den Jägern 
die Lage und den Verteilungsplan mitteilt. Schon sind die 
Russen in einem Schützengraben. Auch in einen anderen 
Schützengraben kommen sie, für sie selber ganz über 
raschend, hinein, werden aber gleich gefangen genommen. 
Es waren hundert Russen. So wogte es eine Weile hin 
und her. Als jedoch die Jäger eintrafen, ging es mit Hurra 
vorwärts, bald wurden fünfhundert Gefangene zurück 
geführt. Das Gefecht war gewonnen, ich konnte mit guter 
Meldung zurückreiten. 
Wie ich beim Stabe war, war es schon fünf Uhr mor 
gens, ich bekam für die Nachricht eine halbe Flasche Rhein 
wein. Ich legte mich sofort hin, nachdem ich mein Pferd 
versorgt hatte, und schlief gleich ein, denn meine Nerven 
waren ganz herunter; ich schwitzte im Liegen und soll in 
einem fort gezuckt haben. «Schluß soint.« 
r Phot. Berl. Jllustrat.-Ges. m. b. H. 
Abgesandte der schwedischen Militärbehörden und der deutsche Konsul Eckmann in Wisby (rechts 
mit dem Hut in der Hand) am Grabe der Gefallenen vom deutschen Minenleger „Albatros". Auf 
dem Grabe ein von der Königin von Schweden gespendeter Kranz. 
Phot. Berl. Jllustrat.-Ges. m. b. H. 
Der deutsche Minenleger „Albatros": Bergen der Ladung am Strande von Gotland. 
Während einer Erkundungsfahrt in der Ostsee wurde am 2. Juli 1915 ein Geschwader deutscher kleiner Kreuzer infolge dichten Nebels von vier großen russischen 
Kreuzern überrascht und dabei das langsamer fahrende Minenlegschiff „Albatros" so schwer getroffen, daß der Führer es bei der schwedischen Insel Gotland 
auf Strand laufen ließ. Obwohl es nun in neutralem Gewässer lag, feuerten die Russen dennoch weiter und gefährdeten durch ihre zahlreichen Granaten 
schwedische Inselbewohner. Deren Regierung erhob daraufhin in St. Petersburg entschiedenen Einspruch gegen diese unentschuldbare Neutralitatsverletzung. 
Die Toten vom „Albatros", 27 an der Zahl, darunter der Schiffsarzt, wurden unter großer Beteiligung der Bevölkerung und schwedischer Offiziere auf dem 
Friedhof von Oestergarn begraben,' die Verwundeten und die übrigen Mannschaften fanden auf der Insel die liebevollste Ausnahme urrd Pflege.
	        
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