Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

490 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Schrittweise mutzten die Bulgaren den sich verzwei 
felt wehrenden Serben das hügelige Waldgelände ent 
reißen, drei Tage lang ununterbrochen um die Forts von 
Risch kämpfen. Im Tale der Rischava, 8 Kilometer vor 
deren Einmündung in die Morava gelegen, bildet Risch 
den Vereinigungspunkt dreier großer Talbogen. Die Ebene 
ist von großer Fruchtbarkeit, eine wahre Kornkammer des 
Landes. Die tiefeingeschnittenen Täler der Rischava und 
Morava waren seit alters die natürlichen Verbindung- 
straßen mit Bulgarien, Mazedonien und Ungarn, an deren 
Stelle heute die Eisenbahnen getreten sind, die, nach Belgrad, 
Sofia und Saloniki führend, sich in Risch kreuzen. Mit der 
Einnahme dieses Hauptknotenpunkts öffnete sich für die Ver 
bündeten der unmittelbare Schienenweg von Wien nach 
Konstantinopel. Infolge dieser strategisch wie wirtschaftlich 
so bedeutenden Lage war Risch, das erst seit 1878 zu Serbien 
gehört, mit 25 000 Einwohnern nach Belgrad die zweit 
größte und belebteste Stadt Serbiens und gleichzeitig eine 
der stärksten Festungen des Landes. Im August 1914 war 
die Regierung von Belgrad nach Risch verlegt worden; 
hier hielt König Peter in dem alten Konak der türkischen 
Paschas mit den Vertretern des Vierverbandes Kriegsrat, 
und hinter den Forts, die sich im Kreise um die Stadt 
lagern, hielt mau das Staatsarchiv und die Eeheimakten vor 
den Feinden verwahrt. 
Während auf den Höhen, in den Wäldern und in den 
Tälern ein außerordentlich erbitterter Nahkampf tobte, 
räumten die serbischen Truppen in wilder Flucht die Stadt, 
die von Komitatschi ausgeplündert wurde. Durch geschickte 
Umgehungsmanöver der Bulgaren waren die Serben indes 
überrascht worden, so daß sie nicht mehr Zeit fanden, die 
Lagerhäuser und Arsenale vor ihrem Abzug zu vernichten, 
noch auch die Belgrader National- und Universitätsbibliothek, 
sowie die Gemäldegalerien und Kunstgegenstände des Bel 
grader Museums, die man, in Kisten verpackt, nach Risch 
geschafft hatte, zu entfernen. Die besseren Kreise der Be 
völkerung hatten die Stadt schon vor Beginn des Kampfes 
verlassen, nur die zahlreichen bulgarischen und türkischen 
Einwohner waren zurückgeblieben und erwarteten frohen 
Mutes den Einzug der Sieger. Am Nachmittag des 5. No 
vembers, gegen 3 Uhr, zeigte sich zuerst eine bulgarische 
Patrouille von vier Mann in Risch, denen sich dreizehn ihnen 
entgegeneilende serbische Infanteristen ergaben. Die ser 
bische Regierung hatte angeordnet, daß zwanzig serbische 
Banden in Risch bleiben und aus den Häusern auf die 
bulgarischen Truppen schießen sollten, indes gelang es dem 
Bischof Dositej, die Ausführung dieses niederträchtigen 
Planes, dem die ganze Stadt zum Opfer gefallen wäre, 
zu verhindern. Als die bulgarischen Truppen singend und 
unter klingendem Spiel über die alte Nischavabrücke durch 
das malerische Türkenviertel zogen, eilten die Bewohner 
aus ihren Häusern und liefen jubelnd den Siegern entgegen. 
Auch mehrere hundert österreichisch-ungarische Gefangene, 
die sich teilweise in den von den Ärzten und Wärtern ver 
lassenen Lazaretten befanden, wurden von den Bulgaren 
aus harter Gefangenschaft erlöst und stürzten sich weinend 
vor Freude ihren Befreiern entgegen. 
Ungeheure Vorräte, große Mengen Kriegsmaterial, das 
größte serbische Eisenbahnarsenal sowie wertvolle Dokumente 
fielen in die Hände der Bulgaren, die sofort Ordnung schafften 
und dem Rauben und Plündern der serbischen Komitatschi 
Einhalt geboten. Die Nachricht von der Einnahme Nischs 
rief in ganz Bulgarien jubelnde Begeisterung hervor. Mit 
Musik und wehenden Fahnen zog die Bevölkerung Sofias 
vor die Gesandtschaften der verbündeten Staaten und vor 
das Schloß des Zaren Ferdinand. Dieser wie der Mi 
nisterpräsident Radoslawow dankten bewegt für die Huldi 
gungen und erklärten, die bulgarische Nation habe endlich 
ihre geschichtlichen Wünsche verwirklicht und jene Städte in 
ihren Schoß zurückkehren lassen, die ihr vor vierzig Jahren 
entrissen wurden. Und der Ministerpräsident schloß mit den 
Worten: „Die Eroberung der Festung Risch, von deren 
Wällen die bulgarische Flagge für immer zu Ehren des 
Königs und der Dynastie und zum Ruhme der tapferen 
Soldaten wehen wird, ist ein historisches Ereignis". 
Erfolgloser Angriff der Engländer auf 
Loheia in Arabien. 
(Hierzu die Kunstbeilage.) 
Nach der siegreichen Erstürmung der Stadt Lahadsch in 
dem an das britische Gebiet von Aden angrenzenden 
Gebiet Südarabiens und der erfolgreichen Beschießung der 
englischen Kasernen und Magazine auf der Insel Perim 
durch die Türken versuchten die Engländer, die türkischen 
Hafenstädte am Roten Meere von der See her anzugreifen
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.