Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
köpf, den die Russen auf dem westlichen Ufer des Styr 
gebildet hatten, zu durchbrechen, setzten die verbündeten 
Truppen zu einem Sturm an, der den Feind überrennen 
konnte. Durch brennende Dörfer wurden die Russen nach 
Osten getrieben und gerieten dabei in die schlammigen 
Sümpfe längs der Straßendämme, so daß der wochenlange 
Kampf um den Styrübergang mit einem Eesamtverlust 
von etwa 75 000 Mann auf russischer Seite an Toten, Ver 
wundeten, Gefangenen und Erkrankten abschloß. 
Richt lange Zeit vor der Entscheidung erschien an dem 
Bahnknotenpunkt Sarny der kaiserliche Hofzug des Zaren, 
der von hier aus an die Front fuhr, um seine tapferen 
Truppen zu begrüßen, die den „frechen und zähen Feind" 
bald vollständig zu Boden werfen würden. General Iwanow 
wurde gelobt und ausgezeichnet, aber das Lob ist zu früh 
erteilt worden. Man muß allerdings zugeben, daß die 
russischen Soldaten sich tapferer schlugen als früher in 
Galizien, und kann auch nicht umhin, die Führung des 
mein verstand und niemals den Angriffsgedanken durch 
den russischen Ansturm unterdrücken ließ. 
Der Kampf um Kragujevac. 
Von Roda Roda. 
(Hierzu die Bilder Seite 178—178.) 
Gestern abend (ich weiß es von Herren des Stabes» 
bei dem ich eben weile), gestern hatten, wie Roda Roda 
in der „Reuen Freien Presse" berichtet, unsere Truppen 
jene Höhenlinie nördlich von Kragujevac erreicht, die den 
Ort in einem Halbkreis von 15 bis 20 Kilometer Radius 
umgibt. 
Es sind das die östlichen Ausläufer der Rudnikkette, des 
wildesten Jnnerserbien. Rudnik bedeutet wörtlich „Erz 
gebirge". Ausgesprochener Mittellandcharakter. Die höchste 
Erhebung, der Weliki Sturatz, erreicht 1200 Meter. Dort 
gibt es nur Wald und Bleigruben. Auf den Ausläufern 
Vogelschaukarte zu den Kämpfen um Czartorysk. 
Generals Iwanow energisch zu nennen. Aber der Geist 
der Truppen und der verminderte Wert des Offizierkorps 
reichten denn doch nicht aus, den zähen Siegeswillen der 
verbündeten Heere zu brechen, wenn er auch eine Zeitlang 
aufgehalten werden konnte. Vor allem muß erwähnt 
werden, daß die Anlage der Angriffe auf russischer Seite 
Ähnlichkeit mit den Dispositionen hatte, die unserseits im 
Dunajecgebtet getroffen wurden, als wir im Mai die große 
Offensive begannen. Vielleicht waren die russischen Angriffs 
befehle auch nur eine Nachahmung der unsrigen. Der Er 
folg aber, den die Russen davontrugen, entsprach nicht an- 
näbernd dem deutschenund österreichisch-ungarischen. Ihr An 
griff verlief sich in den Wäldern und Sümpfen des Pripet- 
und des Strypagebietes. Unsere Offensive dagegen dauerte 
über vier Monate und säuberte das ganze Königreich Polen. 
Hatte auch General Iwanow hinter seiner vorderen Front, 
ähnlich wie wir westlich des Dunajec, feine Artillerie auf 
die Entfernungen eingeschossen, seine Reserven zum Durch 
stoß bereitgestellt und in aller Heimlichkeit zusammengezogen, 
hatte er auch alles Brückenmaterial, das erforderlich werden 
konnte, zur Stelle, so fand er doch im Angriffsraum einen 
Gegner» der sich nach kurzer Überraschung wieder zu sam- 
Heide, Feld, weit zerstreute arme Dörfer, erbärmliche Straßen 
— und nach dem vierzehntägigen Regen kein Fortkommen 
im Gelände, wenigstens nicht auf dem Schattenhang der 
Berge. 
Trotzdem schafften's unsere Truppen. Feindliche Ar 
tillerie hatte lange die Höhe Karaula („Wachturm", 600 
Meter) gehalten und mußte sie räumen. Die Eroberung 
des Wutschjak („Wolfsberges") nebenan, 570 Meter, kostete 
uns Blut. Gott sei Dank, nur ein paar Mann; wir konnten 
aus 150 Winkelgraden des Horizonts schwere Artillerie in 
Masse ansetzen, und Woiwode Sturm-Jurischitsch nahm 
seine Bataillone zurück. Die Eroberung des Wulschjak ge 
schah in zwei Etappen: es war zuerst der Vorgipfel Kote 
430 genommen worden; dadurch wurde auch die serbische 
Stellung auf dem Tschumitschsko Brdo unhaltbar — die 
feindliche Linie rollte sich auf. Unsere rechte Nachbargruppe 
marschierte in Gornji Milanovac ein. 
So war die Lage gestern abend: alle von West, Nord 
und Ost nach Kragujevac führenden Straßen in unserer 
Gewalt. Der Regen legte sich. Gegen zehn Uhr blinkten 
nach langer Zeit zum erstenmal die Sterne. 
Die Serben setzten die Nacht über ihren Rückzug fort.
	        
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