Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
worfen. Westlich von Jllurt, in demselben Raume, wurde 
nördlich der Bahn Dünaburg—Poniewicz wieder ein Ein 
bruch in die russische Stellung auf einer Breite von 8 Kilo 
metern ausgeführt. Dabei behielten die Deutschen 6 russische 
Offiziere, 750 Mann und 5 Maschinengewehre. Überhaupt 
spielten hier die Deutschen noch weniger als die Truppen 
teile der Verbündeten in Ostgalizien und Wolhynien nur 
die Rolle der Verteidiger. Wo sich die Gelegenheit bot, sah 
man sie im Angriff. Dabei waren sie mit solchem Erfolg 
tätig, daß neben ihrer Hauptarbeit, der Verhinderung der 
Russen an den immer wieder versuchten Durchbrüchen, ein 
langsames, aber deutlich sichtbares Vorgehen zutage trat. 
Immer näher rückten die Deutschen auf Riga und Düna 
burg, wie gewaltig auck die Russen ihre Gegenstöße anlegten. 
Am 10. Oktober hatte der nördliche Hecresteil nur mit 
russischen Angriffen vor Dünaburg und ncrdöstlich von Wilna 
zu rechnen, deren er leicht Herr blieb. Der russische Gene 
ral Iwanow machte der Heeresgruppe Linsingen auch an 
diesem Tage große Schwierigkeiten mit ununterbrochener 
Beschießung und häufigen Sturmläufen; dennoch war 
eine Abnahme der 
russischen Angriffs 
kraft wohl zu mer 
ken. Besonders die 
Armee des Gra 
fen Bothmer hatte 
starke feindliche 
Angriffe abzuwei 
sen. DeutscheTrup- 
pen dieser Armee 
schlugen den Feind 
nicht nur sicher zu 
rück, sondern nah 
men ihm auch die 
15 Kilometer nord 
westlich von Tar- 
nopol südlich des 
Ortes Hadlik lie 
gende beherrschen 
de Anhöhe weg. 
Nördlich von Biels 
kaja Wola mußte 
der Feind das Feld 
sogar recht eilig 
räumen. Bei Jec- 
ziercy wogten die 
Kämpfe unentschie 
den hin und her, 
und in der Gegend 
von Kuchockawola 
stießen Kavallerie- 
massen aus beiden 
Seiten heftig zu 
sammen. Die ver 
bündeten Truppen 
blieben dabei sieg 
reich und warfen 
den Gegner hinter den Abschnitt der Flüsse Beziminnaja 
und Wiesiolucha zurück. 
Die Fortschritte der Deutschen und der Österreicher und 
Ungarn dauerten in den nächsten Tagen an. Die ganze 
Lage dcr Dinge an dieser Front, besonders die gewaltigen 
Kavalleriemassen, die dcr Feind nach und nach ins Feuer 
trieb, ließen immer klarer erkennen, daß er hier ein wirklich 
großes Unternehmen einzuleiten gedacht hatte. Die Ka 
vallerie in solcher Zahl konnte nur den Zweck haben, im 
Falle eines Durchbruchs gleich äußerst ergiebig nachdrücken 
zu können, um eine Bresche zur vollständigen Niederlage 
für die verbündeten Truppen werden zu lassen. Wiewohl 
die Russen bisher mit ihren Angriffen nichts erreicht hatten, 
setzten sie dieselben in steter Beharrlichkeit sowohl an der 
bessarabischen als auch an der Serethgrenze fort. Eine 
äußerste Steigerung erfuhren die Kampfhandlungen noch 
einmal im Raume von Zaleszczyki und Onuth. Hier stürmten 
die Russen in der Nacht vom 14. zum 15. Oktober zu einem 
gewaltigen Vorstoß heran. Gegen die schwere Artillerie 
der Deutschen und der Österreicher und Ungarn vermochten 
aber selbst so ungeheure Massen nicht aufzukommen. Der 
Angriff verblutete in einem Höllenfeuer. 300 Tote zählte 
man unmittelbar vor den Drahthindernissen der Vorstel 
lungen nordöstlich von Czernowitz. Darunter erkannte man 
auch wieder wie schon früher zahlreiche Kosaken, die hier 
unter dem Befehl des von Deutschen abstammenden Gene 
rals Keller kämpften. 
Wenn bisher die Russen an dieser Front einmal wieder 
ihre Unternehmungen mit verschwenderischem Munitions 
aufwand begleitet hatten, dank der ihnen so außerordent 
lich zustatten kommenden nordamerikanischen Geschäfts 
neutralität, so machte sich jetzt wieder Munitionsmangel, 
besonders an der bessarabischen Front, fühlbar. Die an 
dieser Front noch eingesetzten Truppen waren zudem 
auffallend schlecht ausgerüstet; die neueingestellten Fünf- 
undvierzigjährigen waren zum Teil überhaupt noch nicht 
eingekleidet, ganze Kompanien trugen noch ihre Zivil 
anzüge. Nach allem kam es nicht überraschend, daß die 
russische Angriffsbewegung nunmehr an dieser Front fast 
völlig abstarb. Teilweise war der anfängliche Angriff schon 
in Verteidigung übergegangen. Von den 5000 Quadrat 
kilometern ostgalizischen Bodens, die die Russen hier 
noch besetzt hielten, hatten sie in den letzten Tagen ein 
gutes Stück ver 
loren. Südlich von 
Burkanow waren 
sie zwar mit ihrem 
Angriff über die 
Strypavorgedrun- 
gen, sehr bald aber 
wieder weit zurück 
geworfen worden. 
Der nördliche Teil 
der Heeresgruppe 
Linsingen hatte sich 
mit seinem linken 
Flügel durch das 
unwegsame 
Sumpfgebiet im 
Süden von Pinsk 
bei seinem Gegen 
angriff über seine 
ursprünglichen 
Stellungen ein 
tüchtiges Stück vor- 
gekämpft.Zwischen 
seine nördlichsten 
Teile und den am 
Styr kämpfenden 
Truppen der Ar 
mee hatte sich rus 
sische Kavallerie 
durchgezwängt, 
doch hatte sie in 
den Kämpfen mit 
der Reiterei der 
Verbündeten die- 
serbald wieder wei 
ten Raum geben 
müssen. Am Siyr 
waren die Russen stellenweise 15—20 Kilometer auf dem 
Westufer des Flusses vorgedrungen gewesen, aber nach 
wenigen Tagen hatten sie doch das Ostufer wieder auf 
suchen müssen und vermochten nicht, das Westufer ein 
zweites Mal zu gewinnen. Ein ganz besonderer Mißerfolg 
der russischen Offensive dieser Tage war der Umstand, daß 
die Heeresteile der Armee Linsingen die Gelegenheit be 
nutzt hatten, die kleinen strategischen Nachteile der Front 
Pinsk—Styr—Dubno mit aller Kraft zu beseitigen und 
sich eine einheitliche Front zu schaffen, die einem etwa 
wiederholten Vorstoßversuch der Russen noch größere Schwie 
rigkeiten bereiten mußte als die alte Linie. 
Ebenso wie sich im Süden die Lage für die verbündeten 
Heereskörper nach wenigen kritischen Tagen sehr günstig 
gestaltete, gelang es auch der Heeresgruppe Hindenburg, 
alle russischen Angriffe überlegen abzuweisen, ja sogar 
langsam vorzudringen und die russische Front durch im 
mer wiederholte Einbrüche ständig locker zu halten. Vor 
Jllurt brachen die Deutschen westlich des Ortes am 11. Ok 
tober wieder in ein Frontstück der Russen von 2*/a Kilo 
meter Breite ein und erbeuteten 1 Offizier, 367 Mann und 
1 Maschinengewehr. Russische Gegenangriffe vermochten 
den Verlust an Raum nicht wieder einzubringen; die Deut- 
Phot. Welt-Preß-Photo, Wien. 
Kommandant Exzellenz v. Heidebreck, 
Führer deutscher Kavallerie, die im Verein mit österreichisch-ungarischen Reitertruppen bedeutende Er 
folge in Wolhynien erfocht, mit seinem Stabe. Der k. u. k. Offizier neben Exzellenz v. Heidebreck ist 
Fürst Karl Kinsky.
	        
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