Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
lichen Vollendung der Leitung bis Tagesanbruchs— Gegen 
zwei Uhr mochte es sein. Drüben beim Feind steigt 
plötzlich eine Leuchtrakete auf. Schießt hinein in die end 
lose Finsternis der Nacht, bleibt dann wie festgenagelt 
hängen im dunklen Gewölk und überflutet das Gelände mit 
blendender, unheimlicher Helligkeit. Lange, bange Sekunden, 
fast Minuten lang. Wir liegen platt auf der Erde. Unwill 
kürlich ließen wir uns fallen. Die zweite, dritte, vierte 
Rakete folgen in gleichmäßigen Abständen. Wir liegen 
reglos, erstarrt. Das unheimliche Feuerwerk drüben wird 
fortgesetzt. Rakete um Rakete schraubt sich empor ins end 
lose Schwarz der Nacht, klemmt sich oben fest und sendet 
ihr tückisches, blendendes Flammen auf uns nieder. Mit 
verhaltener Wut sehen wir dem einförmigen, gleißenden 
Schlachtenfeuerwerk zu. Wir bangen um die rechtzeitige 
Fertigstellung unserer Leitung. Da flammt plötzlich drüben 
ein anderes star 
kes Leuchten auf. 
Ganz dicht über 
demEeländemuß 
diese künstliche 
Sonne stehen. 
Scharf umrissen, 
ohne Übergang, 
bohrt sich ihr 
Strahlenkegel 
durchs nächtliche 
Dunkel. Irrend, 
unstet, grausam 
kalt suchend zün 
gelt das glei 
ßende Blenden 
über unsere Stel 
lungen. Haftet 
hier einen Augen 
blick, dort einige 
Sekunden. 
Scheint das Rich 
tige nicht zu fin 
den. Zuckt mit 
Blitzesschnelle 
wieder zurück 
zum Ausgangs- / 
Punkt. Beginnt ^ 
aufs neue zu " 
suchen. Sucht mit 
kaltem, grau 
samem, unver 
schämten: Glei 
ßen. Jetzt gleitet 
sie zuuns heran. 
Verweilt. Se 
kunden lang, lan 
ge, lange Sekun 
den, Minuten 
lang. Fest pressen 
wir uns an die 
Erde, liegen reg 
los, erstarrt. Wie 
lange? 
Donnernd löst 
sich drüben ein Schuß. In demselbem Augenblick schleudert^ 
auch schon heran mit heulendem, pfeifendem Winseln und 
sirenenhaftem Gesumme. Krachend vernichtet sich der sen 
gende Teufelsbraten selbst in der Luft. Wie Eishagel pras 
seln die Bleikugeln zur Erde. Ein Schrapnell. Etwa 50 Meter 
zu kurz. „In den Graben, Deckung!" geht^s durch unsere 
Reihe. Mit einem Sprung sind wir drinnen. Drüben setzt 
ein Höllenkonzert ein. Es hagelt förmlich Granaten und 
Schrapnelle. Ein Blick nach oben belehrt uns, daß des 
Feindes Flammenauge noch immer auf uns ruht. Näher 
und näher rücken die Geschosse des Feindes. Die frisch aus 
geworfene Erde scheint ihm Zielpunkt zu sein. Nützt alles 
nichts, wir müssen zur Maulwurfstattik greifen. Gefahr und 
Todesnot führen den Spaten. Wie die Besessenen schaufeln 
wir uns in die eine Wand hinein, graben unverdrossen, 
bis eine starke Erdschicht über uns gegen Schrapnellkugeln 
schützt. Drüben aber funken die Batterien ohne Unterlaß. 
Oft ist es nur ein einziger, millionenfach verstärkter Trom 
melwirbel. 
So ging es eine reichliche halbe Stunde lang. Dann 
wurde es wieder still drüben, ganz still. Das Flammenauge 
wurde ebenfalls müde und klappte die Lider zusammen. 
Außer einigem zerschossenen Gerät hatten wir keine Verluste 
zu beklagen. Unsere Leitung aber war bei Tagesanbruch 
fertiggestellt. Das verhaßte Wort: „Leitung zerstört!" ist 
seitdem nicht wieder gehört worden. 
Deutsche Flieger. 
(Hierzu das untenstehende und die nebenstehenden Bilder.) 
Ebenso wagemutig wie sich deutsche Seeleute kunst- 
vollen Maschinen anvertrauen, um tief in das Meer ein 
zutauchen und dann plötzlich mit sicherem Schutz ihr nichts 
ahnendes Ziel zu treffen, ebenso verwegen 
steigen andere Tapfere hoch wie die Adler 
in die Luft und 
packen ihre Beute. 
Während unsere 
kt-Boote von 
vornherein die 
Überhand überdie 
Tauchboote der 
Feinde hatten, 
haben sich auch 
unsere Flieger die 
Überlegenheit 
über ihre Gegner 
im Laufe des 
Krieges in so ho 
hem Grade er 
rungen, datz die 
Engländer es zäh 
neknirschend an 
erkennen mutzten. 
Jetzt sind unsere 
Flugzeuge und 
Luftschiffe in 
Wahrheit die Be 
herrscher der 
Lüfte, und wenn 
auch manche kühne 
Flieger im Kampf 
in der Luft den 
Heldentodsanden, 
so sind ihnen doch 
mutige Rächer er 
standen. 4000 
Meter hoch stieg 
der Fliegeroffizier 
Jmmelmann und 
stürzte aus dieser 
gewaltigen Höhe 
einen englischen 
Doppeldecker her 
ab. Es war das 
vierte Flugzeug, 
das er bezwungen 
hatte, und er 
wurde für seine 
Tapferkeit ehren 
voll in dem Eeneralstabsberichte erwähnt. Am 26. Ok 
tober schotz er dann weiter einen französischen Doppeldecker 
herab und am 7. November ein sechstes feindliches Flug 
zeug, einen Engländer. Ein Augenzeuge gab von diesem 
Vorgang in der „Frankfurter Zeitung" folgende anschau 
liche Schilderung: 
Es war ein schöner Sonntag, der 7. November. Die 
wenigen Einwohner, die noch im Dorfe sind, haupt 
sächlich Frauen und Kinder, spazierten durch die Dorf- 
stratzen. 
Gegen vier Uhr nachmittags. Mein Bursche hat mir 
gerade einen guten Kaffee in mein gar nicht übles Quartier 
gebracht, und ich will mich eben anschicken, mein vom ersten 
Mobilmachungstage an geführtes Kriegstagebuch nachzu 
tragen _■—• da höre ich drautzen Maschinengewehrgeknatter. 
Ich messe dem alltäglichen Geräusch zunächst keine besondere 
Bedeutung bei, ebensowenig wie dem fast den ganzen Tag 
über währenden Surren der Flieger. Auf den Ruf meines 
Burschen aber eile ich doch hinaus in den Garten und sehe 
Die Luftkämpfer. Deutscher Fliegeroffizier mit feinem Beobachter.
	        
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