Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
vorgetreten- so daß die serbische Heeresleitung alle Hoff 
nung aufgeben mußte, von der griechischen Grenze aus die 
Befreiung herannahen zu sehen. 
Bis zum 4. November hatte die Front der verbündeten 
Armeen wiederum große Fortschritte gemacht. Cie erstreckte 
sich von der montenegrinischen Grenze über Uzice und Cacak, 
die beide schon genommen waren, nördlich an Kraljevo 
vorbei, überschritt die Morava nördlich Jagodina und schloß 
dann an die bulgarische Front an, die sich westlich von 
Zajecar dicht vor und um Nis herumzog. Die übrige bul 
garische Front war dieselbe geblieben, wie sie Ende Ok 
tober war. Auch bei Kraljevo haben die Serben den Ver 
bündeten den Übergang über die westliche (serbische oder 
Golijska-)Morava nicht ernstlich verwehrt. Diese konnten 
den hochgehenden, von Regengüssen angeschwellten Strom 
nach zahlreichen Nachhutkämpfen überschreiten, so daß sich 
am 7. November ihre Linie von der montenegrinischen 
Grenze an südlich der Morava bis Jvanjica erstreckte, dann 
den Jbarfluß überschritt 
und an den Höhen südlich 
Krusevac stand. Hier 
nahm sie Anschluß an die 
bulgarische Ostarmee, 
welche am 5. November 
die zweite Hauptstadt 
Nis erobert hatte, sich 
nunmehr auf das west 
liche Ufer der östlichen 
Morava erstreckte und die 
Städte Aleksinac und Les- 
kovac besetzte. Die ser 
bische Hauptarmee hatte 
um diese Zeit nur noch 
eine Möglichkeit, sich vor 
der Vernichtung zu ret 
ten , den Rückzug auf 
montenegrinisches und 
albanisches Gebiet, etwa 
über die Linie Novi- 
pazar—Mitrovica. Die 
nordalbanische Grenze 
schien damals durch al 
banische Banden ver 
sperrt zu sein. 
Der Donauüber 
gang der Armee 
Gallwitz. 
Von Wilhelm Hegeler. 
(Hierzu das Bild Seite 412(413.) 
„Es ist sechs Uhr mor 
gens", schreibt der im 
Hauptquartier der Ar 
mee Gallwitz weilende 
Kriegsberichterstatter der 
Münchner NeuestenNach- 
richten, „der sonntägliche 
Wochenmarkt hat schon 
seit einer Stunde begon 
nen. Auf dem großen, steingepflasterten Platz vor meinem 
Hotel sind ungefähr sämtliche Nationen, die die ungarische 
Tiefebene bewohnen, vereinigt: Schwaben, Magyaren, Ru 
mänen, Serben, Bosniaken, Zigeuner und was weiß ich. Die 
bunten Farben schreien lustig in die graue Regendämmerung 
hinein. Jetzt kommt Bewegung in die Menge, als unser 
Auto heransaust. Die Weiber stieben auseinander, die 
Pferde, prächtige Ungarn zum Teil, steigen und geben ihrer 
Aufregung durch wütendes Ausfeusrn kräftigen Ausdruck. 
Vorwärts! An endlosen Kukuruzfeldern vorbei, durch 
saubere, langgestreckte Dörfer, deren Häuser alle mit der 
Eiebelseite nach der Straße stehen. Im Hintergrund liegt 
unser Ziel, die Donau, wo vor zehn Tagen auf der Strecke 
von Kovevara—Dunap, der Insel Semendria gegenüber 
bis Bazias, der große Übergang der Armee Gallwitz auf 
das serbische Ufer stattfand. 
Endlich taucht der große Strom auf, umrandet von jäh 
ansteigenden Hügeln. Wie ein gutmütiger, alter schlafender 
Riese liegt er da. Aber vorgestern hättet ihr ihn sehen sollen. 
Da bäumte er sich wie ein an seinen Ketten reißender Titan. 
Das kam, weil er von der Kossowa gepeitscht wurde. Die 
Kossowa ist ein Bergkind wie der Föhn und die Geißel des 
Landes. Wenig fehlte, so hätte sie das mit so großartigen 
Vorbereitungen eingeleitete Unternehmen des Donauüber 
ganges zunichte gemacht, ehe es noch Tat geworden. 
Ein Strom, dessen Breite zwischen 800 bis 1200 Metern 
schwankt, der unter dem Feuer der hinter den jenseitigen 
Hügeln verborgenen Artillerie des Feindes steht, sollte über 
schritten werden, auf breiter Front von einer großen Armee 
mit Artillerie und einem riesigen Wagenpark voll Munition 
und Lebensmitteln. 
Aber je schwieriger die Aufgabe war, mit desto heißerer 
Freude gingen die Pioniere an sie heran. In wenigen 
Wochen mußte das ungeheure Material herbeigeschafft wer 
den. Auf langen Eisenbahnzügen rollte es herzu und wurde 
in der Nähe des Ufers verborgen. Die Inseln, die sich auf 
dieser Donaustrecke befinden, wie die Semendria, Temes- 
fpiegel, die Cibublia, bo 
ten mit ihren Weiden- 
und Pappelgebüschen 
dazu die beste Gelegen 
heit. 
Wir begeben uns auf 
eine kleine Anhöhe in der 
Nähe von Palane. Ge 
rade vor uns liegt hinter 
der Donau jäh ansteigend 
die Eoriza, ein Kalkstein 
hügel, mit verbranntem 
Gras bewachsen, an der 
Spitze von kurzem Wald 
bestanden. Weit erstreckt 
sich der Blick über die 
Donau mit ihren grünen 
Polsterkissen gleichenden 
Inseln. Jenseits des 
Flusses liegt das serbische 
Ram mit seinein Kastell 
aus der Türkenzeit. 
Auf der Anhöhe, auf 
der wir stehen, befanden 
sich am 7. Oktober der 
Eeneralfeldmarschall v. 
Mackensen und der Ge 
neral v. Gallwitz in Ge 
sellschaft von drei deut 
schen Herzögen, um dem 
denkwürdigen Schauspiel 
beizuwohnen. 
Bis zum letzten Tag 
war man zweifelhaft ge 
wesen, ob man den Über 
gang wagen könnte. Die 
Kossowa trieb ihr Un 
wesen. • Aber General 
v. Gallwitz hielt am 7. 
fest. Und wirklich herrschte 
nachwochenlangemStür- 
men anr 7. das schönste 
Wetter. Da der Über 
gang als ein gewaltsamer gedacht war, ging ihm früh 
morgens Artilleriefeuer voraus. 
Aber wußten die Serben überhaupt etwas von dem 
ganzen Plan? Das war die Frage. Man hatte den Auf 
marsch des Heeres nach Möglichkeit verheiinlicht. Da und 
dort, in Ost und West von den geplanten Stellen, hatte man 
Scheinlandungsmanöver versucht, es war deshalb nicht sehr 
wahrscheinlich, daß der Feind allzu heftigen Widerstand 
leisten würde. Ursprünglich war geplant worden, daß die 
Artillerie zwei Stunden vorarbeiten sollte, ehe man zur 
Landung schritt. Nun gab General v. Gallwitz kurz ent 
schlossen den Befehl, die Brückenkähne gleich ins Wasser zu 
setzen. Um 6 Uhr 40 Minuten war der denkwürdige Augen 
blick, wo dies geschah. 
Die Brückenkähne schaukeln auf der Flut und harren 
der Insassen. Freude und Begeisterung beseelte die Krie 
ger, daß sie die schwarzen Eisenküsten, denen sie sich anver 
trauten, mit dem Grün der Pappeln und Uferweiden um 
kränzten und die letzten Herbstblumen in ihre Gewehr- 
Französische Infanteristen, Musketier und Grenadier, in ihrer neuen Ausrüstung. 
Nach französischer Darstellung.
	        
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