Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

27 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Minen- und Handgranatenvorstötzen südlich Neuville. In 
jener Nacht nahmen wir die schwache Besatzung aus dem 
Ostteil des Ortes Ablain zurück, ohne daß es der gegen 
überliegende Gegner merkte — kein gutes Zeichen für 
dessen Wachsamkeit und Aufklärung. Die Folge war eine 
zwecklose Munitionsvergeudung, als man das geräumte 
Dorf von dort aus stundenlang unter schwerstes Artillerie 
feuer nahm. Der 30. Mai war verhältnismäßig ruhig. 
Er sollte zu einem letzten Atemholen dienen, denn der 
Gegner hatte sich — von uns nicht unbemerkt — bei 
Neuville und weiter südlich bis Roclincourt durch Sappen 
arbeiten unseren Schützengräben genähert. Der Gedanke lag 
also nahe, daß jetzt, nachdem die Angriffe zwischen Souchez 
und Neuville im Sande verlaufen waren, -der neue Angriffs 
versuch mit einigen rasch verschobenen Reserven an jener 
Stelle erfolgen würde. Man kannte die launische französische 
Kriegführung schon zur Genüge, die jede harte Nutz nach 
den ersten mitzlungenen Versuchen liegen läßt und sich nach 
etwas anderem in der Nähe um 
sieht. So erfolgte am 31. Mai nach 
stundenlanger Artillerievorberei 
tung, die die Zähigkeit und den 
Mut unserer rheinischen und baye 
rischen Truppen auf eine hartd 
Probe stellte, der Vorstotz, der sich 
wiederum in eine französische Nie 
derlage verwandelte. Tags darauf 
wurden die deutschen Stellungen 
zwischen der großen schönen Stratze 
Souchez—Bethune und dem La- 
rencybach angegriffen. Die Front 
ausdehnung scheint 2Vs Kilometer 
betragen zu haben. In der Zucker 
fabrik dicht westlich Souchez wurde 
hart gekämpft und diese Örtlichkeit 
von den Angreifern für den Rest 
des Tages besetzt gehalten. Am 
2. Juni warfen wir sie wieder 
hinaus (siehe Bild Seite 24/25). 
Auch gelang es uns, einen Angriff 
in der Abenddämmerung gegen 
Neuville zurückzuwerfen. Doch 
konnte der Gegner sich weiter süd 
lich in den Besitz eines kleinen 
Grabenstückes setzen, das etwas 
über die Stratze Ecurie—Neuville 
vorsprang. Die Tage vom 3. bis 
10. Juni bedeuteten einen gewal 
tigen Ansturm gegen die Linie 
Souchez—Neuville. Die Zucker 
fabrik ist täglich in beiden Be 
richten erwähnt. Der Kampf an 
jener Fabrik wogt hin und her mit 
unglaublicher Erbitterung. Immer 
neue Reserven stützen die deutsche 
Front. Abbildung Seite 26 oben 
zeigt uns eine derartige Kolonne 
auf dem Marsch zur Feuerlinie. 
Am 12. Juni taucht zum ersten Male im Bericht der 
Obersten Heeresleitung ein Name auf, der in den nächsten 
Wochen fast täglich wiederkehrt: das Labyrinth. Es liegt 
nördlich Ecurie und wurde der Kampfplatz für beinahe 
tägliches Handgemenge. 
Auch in der Zeit vom 13. bis 24. Juni flammten die 
feindlichen Angriffe auf der Linie Souchez—Neuville sowie 
bei Ecurie ohne Ende von neuem auf. Menschenverluste 
schienen von den Franzosen überhaupt nicht mehr im 
Verhältnis zum möglichen Erfolge abgewogen zu werden. 
So kam über Haag die Nachricht, datz englische Zeitungen 
vom 12. Juni die Verluste der Franzosen bei den besprochenen 
Kämpfen auf mindestens 18 000 Mann schätzen. 
Allmählich gewannen wir an immer mehr Punkten 
die Oberhand und rückten so auch bei Serre, südöstlich von 
Hebuterne, wieder weiter vor. Nach starken Verlusten am 
13. Juni holten sich die Franzosen bei einem straffen Durch 
bruchversuch auf der Front Liovin—Arras wieder eine 
besonders schwere Niederlage. Die mit mächtigem Muni 
tionsaufwand vorbereiteten, in dichten Wellen vorgetragenen 
französischen Angriffe brachen hier ausnahmslos völlig zu 
sammen. 
Am 15. Juni hatten die Engländer, die-rmsere Stellungen 
zwischen der Stratze Estaires—La Bassee und dem Kanal 
von La Bassee vier Divisionen stark angriffen, denselben 
Mißerfolg. Westfalen und Teile der Garde warfen sie in 
heftigem Nahkampf zurück. 
Die Schlacht von Arras und La Bassee, die unserem 
Aufenthalt in Frankreich das Ende bereiten sollte, hat die 
Franzosen nur auf ganz vereinzelten Stellen der Front 
zu gewissen Teilerfolgen geführt. Abgesehen davon, datz 
sie die gewonnenen kleinen Geländeteile nach und nach 
wieder verloren, zersplitterte die kerndeutsche Zähigkeit 
des schwachen Haufens unserer Verteidiger die groß gedachte 
Schlachthandlung in eine Fülle zwar erbitterter, aber 
fruchtloser Kämpfe um Häusergruppen und Grabenstücke. 
Auch an diesem schwächsten Punkte der deutschen Front 
im Westen ist es den vereinigten Gegnern trotz aller Opfer 
und aller Tapferkeit nicht gelungen, uns irgend einen 
wesentlichen Schaden beizufügen. Deutsche Ausdauer, 
deutsche entsagende Treue lietzen 
sich durch keine Übermacht aus 
dem Felde schlagen. 
Die Kämpfe zwischen Maas 
und Mosel im südlichen Teile 
der Westfront verliefen für uns im 
Mai und im Juni wieder im besten 
Sinne erfolgreich. Am 4. Mai 
stießen die Franzosen nach heftiger 
Artillerievorbereitung. mit starken 
Kräften gegen unsere Stellung im 
Priesterwalde nördlich Pont-ä- 
Mousson vor. Unter starken Ver 
lusten eilten sie wieder in ihre 
Stellungen zurück. An diesem 
Tage griffen wir selbst im Walde 
von Äilly und östlich davon an 
und nahmen 10 Offiziere und 
750 Mann gefangen. Der nächste 
Tag brachte die Fortsetzung dieser 
Kämpfe. Die Franzosen wurden 
aus ihren Stellungen vollständig 
hinausgeworfen. Dabei hatten sie 
schwere blutige Verluste und büß 
ten auch viele Gefangene sowie 
wertvolles Kriegsmaterial ein. 
Mehr als 2000 Franzosen, darunter 
21 Offiziere, wurden hier gefangen 
genommen und zwei Geschütze so 
wie mehrere. Maschinengewehre 
und Minenwerfer erbeutet. Die 
Siegesbeute dieses Tages wurde 
noch erhöht durch Kämpfe im 
Waldgelände westlich Combres, wo 
4 französische Offiziere, 135 Mann 
als Gefangene, 4 Maschinen 
gewehre und ein Minenwerfer 
in unserer Hand blieben. Fran 
zösische Angriffe in den nächsten 
Tagen gegen die von uns er 
oberten Stellungen blieben fruchtlos. 
Am 12. Mai griffen die Franzosen bei Croir des Carmes 
an und gelangten in einer Breite von 160 bis 200 Meter 
in unsere vordersten Gräben. In erbitterten Nahkämpfen 
wurden unsere Stellungen jedoch bald wieder völlig von 
den Franzosen gesäubert. 
Nach Abwehr kleinerer Angriffe gewannen wir am 
14. Mai südlich von Ailly wieder einige Gräben und nahmen 
62 verwundete und 166 unverwundete Franzosen gefangen, 
darunter einen Bataillonskommandeur. 
Versuche der Franzosen, an der Stratze Essey—Flirey 
gegen uns vorzustoßen, wurden dreimal niedergehalten. 
Erst am 19. Mai griffen die Franzosen östlich Ailly in breiter 
Front an. Es kam zu erbittertem Handgemenge, bei dem 
wir Sieger blieben. Die Tage bis Ende Mai waren durch 
Artilleriekämpfe ausgefüllt, dann aber schienen die Fran 
zosen im Priesterwalde nordwestlich von Pont-ä-Mousson 
wieder großzügige Angriffe vorbereitet zu haben. Aber 
nichts von allem, das sie wagten, konnte in unserem Feuer 
aufkommen. Am 30. Mai drangen sie wohl in einige vor 
geschobene, schwachbesetzte Gräben ein; diese waren aber 
sehr bald wieder fast vollzählig in unseren Händen. 
Phot. Elvira, München. 
General Graf Felix v. BoLhmer, 
unter dessen Führung preußische Garde, Ostpreußen und 
Pommern die Stadt Stryj in Galizien eroberten.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.