Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/16 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Krieg in den Wolken. Die Italiener erschienen über dem Flugfeld bei 
Görz und nahmen überall Bahnhöfe und andere Anlagen unter 
Bombenfeuer. Auch die offene Stadt Triest und das Kaiserschlotz 
Miramar verschonten sie nicht. Die Flugzeuge unserer Verbündeten 
wählten sich die militärischen Anlagen Venedigs zum Ziel und bedachten 
wiederum die Munitionsfabrik in Brescia mit ihren Geschossen. Ein 
österreichisch-ungarisches militärisches Blatt erkannte die Energie der 
Italiener an, den Sieg zu erringen. Allmählich hat sich eine Wandlung 
in'der angreifenden Armee vollzogen, die zuletzt mit grösster Erbitte 
rung kämpfte. Doch der heldenhafte Widerstand der österreichisch 
ungarischen Truppen bewirkte, daß, wie alle _ früheren italienischen 
Offensiven, auch die dritte erfolglos geblieben ist. 
Unsere Sanitäter im Felde. 
Dem Bericht eines Sanitätsunteroffiziers entnehmen wir die fol 
gende Schilderung der Tätigkeit unseres Sanitätspersonals im Felde: 
Wir hatten auf einem französischen Eutshofe unseren Hauptver 
bandplatz errichtet, in einem schönen Obstgarten war unser Wagenpark 
an Kranken-, Medizin-, Pack- und Aushilfswagen für Leichtverwundete 
aufgestellt. Das Eutshaus selbst war in ein Lazarett mit Operations 
raum und Verbandzimmer umgewandelt. In einer Entfernung von 
etwa einer Stunde tobte den ganzen Tag über ein heftiger Artillerie 
kampf. Plötzlich schlugen die feindlichen Granaten auch unmittelbar in 
unserer Nähe ein, und in aller Hast mutzte unser so schön eingerichteter 
Verbandplatz wieder abgebrochen werden. Unter der Wucht der ein 
schlagenden und explodierenden Granaten erbebte die Erde, und unsere 
Pferde waren kaum noch zu halten. Haushoch wurden die Erdmassen 
von den Granaten in die Höhe geschleudert. Bis gegen Abend dauerte 
das heftige Artilleriefeuer des Feindes, dann verstummte es plötzlich, 
wie in der Regel um diese Zeit. 
Jetzt erhielten wir den Befehl, mit vier Krankenwagen und sechzehn 
Trägern bis dicht an die Schützenlinie vorzugehen, um Verwundete zu 
bergen. Auf unserer Fahrt dahin kamen wir durch einen Wald, in 
dem das Artilleriefeuer verheerend gewirkt hatte. In wirrem Durch 
einander lagen die zersplitterten Baumstämme, als hätte ein rasender 
Windbruch hier gehaust. Beim Austritt aus dem Walde lag das Schlacht 
feld vor uns. Der Mond schien hell, doch heller noch leuchtete die Feuer- 
glut auf, die in riesigen Garben aus mehreren in Brand geschossenen 
Ortschaften emporloderte. Bei aller Schauerlichkeit boten die ent 
fesselten Elemente in ihrer gewaltigen Grütze doch ein erhabenes Bild. 
Schrecklich war die Verwüstung in dem Orte M., der von dem Feinde 
besetzt gewesen war und unter deutschem Artilleriefeuer gestanden hatte. 
Es war nicht leicht, durch diese Trümmerstätte hindurchzukommen, und 
alle Augenblicke saßen unsere Wagen in einem Eranatloche fest. Unser 
Weg führte jetzt über eine Anhöhe, die noch vor wenigen Stunden 
der Zielpunkt des feindlichen Artilleriefeuers gewesen war. Rechts 
und links vor uns hinter den etwa acht bis zehn Kilometer entfernt 
gelegenen Anhöhen war die Stellung der französischen Artillerie, und 
wir mutzten befürchten, unter Feuer genommen zu werden. War doch 
erst am Abend zuvor an dieser Stelle eine Abteilung der Feldküche 
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Karte vom Gardasee und Umgegend. 
Schluderbach. Die Hauptoffensive der Italiener lag jedoch 
an der gesamten Jsonzofront. Die ältesten Kampfziele in 
diesem blutigen österreichisch-italienischen Kriege, der Tol- 
meiner Brückenkopf und die Hochebene von Doberdo, schienen 
der italienischen Heeresleitung noch immer die aussichts 
vollsten' zu sein, obgleich dort schon viele Tausende von 
Opfern vergeblich ihr Blut hergaben. Auch der Görzer 
Brückenkopf erlebte nach ungeheurer feindlicher Artillerie 
vorbereitung die stärksten infanteristischen Vorstötze. Der 
Feind suchte den österreichisch-ungarischen Linien bei Plava 
und auf der Podgora beizukommen, und noch am 3. No 
vember waren die Angriffe an dieser Stelle nicht in dem 
gleichen Matze abgeflaut, wie an anderen Orten. Trotzdem 
konnte aus jenem Kampfgebiet der österreichisch-ungarische 
Generalstab melden: „Die Angriffe wurden überall ab 
gewiesen." 
Anfang November ließ sich schon übersehen, datz die 
Einbutze der Italiener an Toten, Verwundeten und Ge 
fangenen 150 000 Mann überschritt. Augenzeugen be 
zifferten die Zahl der toten Italiener auf 30 000 Mann. 
Was die Feinde für solche Opfer erreicht hatten, war bitter 
wenig: Es war nichts als der Zugang zum Ladrotal und die 
Vorstellungen vor der österreichischen Front am Eol di Lana. 
Sechsmal bemächtigten sich die Italiener der ersten Ver 
teidigungslinie an der Hochebene von Doberdo, dreimal am 
Görzer Brückenkopf und bei Santa Lucia, dreimal in 
Kärnten, immer wurden sie im Gegenangriff von dem blut 
getränkten Boden wieder vertrieben. Am Eol di Lana 
datz wir uns fassungslos fragen müssen, wie es möglich sei, 
datz Menschen in einem Teufelskessel, voll Gebrüll und 
Feuerzungen, voll Springbrunnen spritzender Eisenstücke, in 
zerkrachenden Deckungen, umgeben von zerrissenen Menschen 
leibern und stöhnenden Kameraden, atmen und standhalten 
können! Die italienische Artillerie verschätz Munition, offen 
bar amerikanischer Herkunft, die beim Explodieren giftige 
Gase entwickelte. Halbbetäubt fanden die Verteidiger doch 
Kraft, mit Handgranaten und Bajonett sich zu wehren. Wo 
die Übermacht zu grotz war, wichen sie Schritt für Schritt, 
lietzen sich von den Reserven aufnehmen und stürmten am 
nächsten Tage aufs neue vor, um die alten Stellungen wieder 
zugewinnen. 
Am 19. und 20. Oktober nahm die italienische Artillerie 
gleichmätzig alle Abschnitte unter ihr Feuer. Dann steigerte 
sie es zu größter Heftigkeit im Küstenland. Cadorna nahm 
an, datz nach solchen Vorbereitungen die Verteidigungs 
truppen ohne große Mühe zu bewältigen sein würden, und 
es scheint so, als wenn er der österreichisch-ungarischen Füh 
rung keine Zeit lassen wollte, Kräfteverschiebungen vor 
zunehmen, bevor der Durchbruchsversuch der Italiener 
gemacht sei. So rannte denn die italienische Armee in 
dichten Massen zum Hauptsturm an. Er umfaßte das Ge- 
bret vom Gardasee bis südlich Monfalcone. Die Stärke 
des Angriffs war nicht überall gleichmätzig. Vor allen 
Dmgen richteten sich die Anstrengungen der Italiener auf 
die Hochfläche von Lafraun und Vielgereuth. Zähe drangen 
ste vor gegen den Raum nördlich der Marmolata und bei 
(siehe Bild Seite 391 
oben) waren es die Ti 
roler Kaiserjäger, am 
Tolmeiner Brückenkopf 
die Kroaten aus Agram 
und aus Maria-There- 
fiopel, am Görzer Brük- 
kenkopf die Dalmatiner 
und die Lemberger und 
an der Hochebene von 
Doberdo Steirer Land 
wehr und Ungarn aus 
Weitzhirchen, Debreczen 
und Budapest, die als 
Helden ein würdiges 
Gegenstück zu der deut 
schen unerschütterlichen 
Mauer des Widerstandes 
bildeten, die nun schon 
über ein Jahr lang im 
Westen den Ansturm der 
Engländer und Franzosen 
aufhielt. 
Während auf dem 
Lande um die Entschei 
dung gerungen wurde, 
führten die feindlichen 
Luftgeschwader ihren 
Phot. Az Est, Budapest. 
Österreichisch-ungarische Soldaten, die im Gardasee Minen ausgelegt haben, auf der Rückfahrt.
	        
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