Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

334 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
tapferen deutschen Truppen „Hunnen uni) Barbaren" 
nennen oder wenn die Franzosen uns bis zum Überdruß 
mit dem Schimpfwort „doebes" belegen. Derartige 
kindische Unpöbelungen treffen uns weder, noch können sie 
uns beleidigen. Im Bewußtsein unseres guten Rechts und 
unserer menschlichen Kampfesweise lächeln wir höchstens 
über derartige Ausbrüche einer beinahe sinnlosen Wut. Wir 
können dies um so mehr tun, als sich allmählich auch in 
Frankreich selbst unter verständigen Leuten schon ein Wider 
stand gegen diesen Schimpffeldzug zu regen beginnt. Die 
Zeitschrift „Bataille syrulicaliste“ brachte sogar kürzlich 
einen geharnischten Artikel gegen diese „Bochophobie". 
In jedem Falle sind wir „Hunnen und Barbaren" die 
besseren Menschen, da wir für die lange Reihe unserer 
Feinde noch keinen Spottnamen zur Anwendung gebracht 
haben. Gewiß, wir sprechen manchmal von „Rothosen", 
von „Moskowitern", von den „Japs", aber dies sind all 
gemein übliche, sozusagen allgemeingültige Bezeichnungen, 
die überall gang und gäbe sind und auch nichts Verletzendes 
beinahe so aus. Die Franktireure, die 1870/71 unseren Sol 
daten so viel zu schaffen machten, aber beinahe noch eine 
größere Plage für die einheimische Bevölkerung bildeten, 
da sie wie die Raben stahlen, wurden von den französischen 
Bauern, den „Pisangs", vielfach „Branovolours" (Frei 
diebe) genannt. Ob dieses Wort auch jetzt zur Anwendung 
gekommen ist, konnte nicht festgestellt werden. 
Während 1870/71 eine ganze Reihe unserer Feldherren 
sich eines ehrenden Beinamens erfreute — man denke nur 
an „Unseren Fritz", den preußischen Kronprinzen, an Moltke, 
den „Großen Schweiger", den „Schlachtendenker", an den 
alten Steinmetz, den „Löwen von Rachod", an Prinz Fried 
rich Karl, den „Roten Prinzen" — hat von den Feldherren, 
die im Weltkrieg unsere Heere von Sieg zu Sieg geführt 
haben, bisher noch keiner diesen Gipfel der Volkstümlich 
keit erreicht. Hier und da nennt man wohl unseren unver 
gleichlichen Hindenburg den „Russenschreck", doch ist diese 
Bezeichnung nicht allgemein üblich geworden. Nur an dem 
„Alten Gottlieb", dem „Tiger von Metz", halten unsere 
Beobachtung der Wirkung des englischen Artilteriefeuers an einem weit vorgeschobenen Posten nahe den deutschen Linien. 
Nach einer englischen Darste-llung. 
an sich haben. Übrigens ist das Wort „Rothosen" wohl 
kaum mehr zeitgemäß, da die Franzosen, dank der Fürsorge 
des vielangefeindeten Millerand, in neuester Zeit bekanntlich 
gleich uns feldgraue Uniformen tragen. Vielleicht könnten 
wir deshalb hier eine kleine Anleihe bei den Russen machen, 
die ihre französischen Mitstreiter „Metericki-Kameraden", 
„Meter-Kameraden" nennen, weil fast in jedem der Be 
richte der französischen Heeresleitung der Satz vorkommt: 
„Wir eroberten soundsoviel Meter Schützengräben." 
Die Russen haben sich überhaupt sehr erfindungsreich in 
der Schaffung neuer Spitznamen erwiesen. So nannten sie 
die ungarischen Honvedhusaren, von denen sie so fürchterliche 
Hiebe bekamen, die „Roten Teufel", während sie die nicht 
minder schlagfertigen Tiroler Kaiserjäger, deren Kopf 
bedeckung stets mit Blumen geschmückt ist, die „Blumen 
teufel" nannten. Für das russische Hauptquartier erfanden 
sie sogar das Wort: „Departement der Niederlagen". Kein 
Mensch wird wohl zu bestreiten wagen, daß diese Bezeich 
nung ihre volle Berechtigung hat. 
Unseren Feldgrauen wird man es wohl nicht verdenken, 
wenn sie die schottischen Hochländer in ihrer seltsamen 
Tracht „Balettratten" nennen. Die Kerls sehen ja auch 
Soldaten unverbrüchlich fest. Unter diesem Namen kennt 
jeder unserer Krieger den alten Emeralfeldmarschall 
Grafen Haeseler, der zwar seines hohen Alters wegen kein 
selbständiges Kommando übernommen hat, aber doch den 
Feldzug inmitten seiner Soldaten mitmacht. Einen „Tiger" 
haben freilich auch die Franzosen. So nennen sie den alten 
Polterer und Ministerstürzer Clemenceau, der auch in der 
Zeit des Weltkrieges so oft seine warnende und anklagende 
Stimme erhoben hat. Als der französischen Regierung 
seine Kritik unbequem ward und die Zensur seiner Zeit 
schrift „l./homme libre“ („Der freie Mann") zu große 
Schwierigkeiten in den Weg legte, taufte er sie in 
„L'homme enchaine“ („Der gefesselte Mann") um, ohne 
daß ihm dies freilich viel genützt hätte. Indessen hat dieser 
Tiger die Kraft seiner Pranken bisher noch nicht in männer 
mordender Feldschlacht, sondern nur im Federkrieg, in den 
parlamentarischen Kämpfen, beim Ansturm auf ihm ver 
haßte Minister gezeigt. 
Dem früheren englischen Kriegsminister und Schöpfer 
der sagenhaften englischen Millionenheere, Lord Kitchener, 
klebt noch von früher her der vernichtende Beiname 
„Henker von Omdurman" an, zur Erinnerung an das
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.