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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15.
Hinderung und Berührung mit dem Feinde. Nicht an hohen
Beutezahlen läßt sich die erfolgreiche Tätigkeit der Deutschen
in der Champagne im August und September ermessen,
sondern ihre unermüdliche Arbeit tritt besonders in den in
diesem Gebiete überaus zahlreichen Sprengungen deutlich
zutage, die ihnen wertvolle Eeländegewinne gewährten.
In den Argonnen (siehe Bilder Seite 268 und 269
unten) kam es dagegen zu Kampfhandlungen größeren und
größten Stiles, deren schöne Erfolge sehr bald wirksam
werden mußten. Schon am 1. August sehten sich die Deut
schen nach heftigen Artilleriekämpfen am Vortage, die von
guter Wirkung waren, durch einen Bajonettangriff in den
Besitz mehrerer feindlicher Gräben im Westteil der Ar
gonnen, nahmen dabei 4 Offiziere und 163 Mann ge
fangen und erbeuteten 2 Maschinengewehre. Nordwestlich
von Four de Paris machten sie am 2. August nach Weg
nahme einiger feindlicher Gräben abermals 60 Gefangene.
Gegenangriffe der Fran
zosen am 7. August wur
den abgeschlagen. Auch
am nächsten Tage schei
terten französische Vor
stöße gegen die deutschen
Stellungen. Nördlich von
Vienne le Chateau er
oberten die Deutschen,
nachdem sie den Franzo
sen überaus blutige Ver
luste zugefügt hatten, das
„Martinswerk" und be
hielten 2 Offiziere, 2 Ma
schinengewehre, 1 Minen
werfer und 74 unverwun
dete Gefangene in Hän
den. Auch nordöstlich von
La Harazeb fiel ein feind
licher Graben in ihre
Hand, in dem die Fran
zosen 40 Tote zurück
ließen, während der Rest
der Besatzung, von der
einige Mann gefangen ge
nommen wurden, eiligst
entfloh.
Tags darauf versuch
ten die Franzosen unter
verlustreichen Angriffs
stößen die Rückeroberung
des „Martinswerkes",
ohne auch nur einen
Schritt voranzukommen.
Dagegen dehnten die
Deutschen am 13. August
bei dem hartumkämpften
Werk ihre Stellung aus
und brachten die Zahl
der Gefangenen auf
4Offiziere und 240 Mann.
Am 14. bauten sie das
Werk aus und bestatteten
darin 350 gefallene Feinde. Einneuer Graben'fiel ihnen bei
dem heißumstrittenen Werke La Fille Morte am 16. August in
die Hände. Zu dem Hauptereignis der Monate August und
September kam es dann am 8. September nordöstlich
Vienne le Chateau. In die Stellung von Four de Paris,
Hubertushöhe, Charmesbach, Eselsnase, Houyettemulde
und die Barre aus Stacheldraht, Maschinengewehren und
Minenstollen, deren die Deutschen im Juni und Juli
unter dem Namen Cimetiöre Bagatelle, Grüner Graben,
Herr geworden waren, ragte bogenförmig ein neues fran
zösisches Werk, eine Festung aus Stollen, spanischen Reitern,
Drahtbarren, Minengängen, Schluchten, Blockhäusern,
unterirdischen Forts und allen anderen Mitteln neuzeit
licher Befestigungskunst hinein: das Werk Marie-Therese.
Württembergische und Lothringer Regimenter nahmen es
am Vormittag des 8. September. Morgens um acht Uhr
setzte der Angriff mit dem Donnergrollen der Geschütze aller
Kaliber ein. Drei Stunden dauerte das Feuer, unter dem
die Argonnen bebten. Fontänen von Erde jagten an dem
beschossenen Werke bis zu mehreren hundert Metern in die
Höhe. Auch der Feind blieb nicht müßig. Aber er kam schwer
in Gang. Erst nach einer halben Stunde brachte er ein Feuer
zustande, das dem deutschen an Wucht einigermaßen die Wage
hielt. An Wucht, aber nicht an Treffsicherheit. Zu dem Urwelt-
brausen, Zischen, Rauschen, Heulen, Brüllen der Geschütze
und der Geschosse kam Punkt elf Uhr das höllische Krachen
der gesprengten Minen. Und dann stiegen die Württem-
berger und Lothringer auf einer Front von 2000 Metern
aus den Gräben. Sie kletterten die Ausfallswege, die sie
vorher gegraben hatten, empor, rannten durch die Sappen
und suchten den Feind. Kameraden stürzten getroffen im
Augenblick, als sie den Grabenrand erklommen, Kameraden
stürzten bei den ersten Schritten da draußen in der unge
wohnten Freiheit gegenüber dem Feind, die Unverletzten
aber stürmten und stürmten unerschrocken voran, mit Hurra
und Siegesjubel, hinein in den Rauch und den Staub.
Zwar hatte der Gegner unter dem wilden Artilleriefeuer
aufs schwerste gelitten,
aber geschlagen war er
noch nicht. Die Wogen der
deutschen Angreifer prall
ten an ein.en Wall hart
näckiger Verteidiger an.
Doch die Wogen der An
greifer waren stärker als
der Wall der Verteidiger.
Um ir/2 Uhr wußte der
Führer der Deutschen,
General v. Mudra (siehe
Bild Seite 269 oben),
bereits, daß der Sieg
ihm gehörte. Um 12 Uhr
bekam er schon die ersten
Gefangenen zu sehen.
Der Angriff war geglückt.
Wie auf der „Eselsnase",
so war der Feind auch
auf der „Hubertushöhe"
geworfen. Insgesamt
bestand die Beute aus
über 2000 Gefangenen,
worunter 30 Offiziere,
48 Maschinengewehren,
54 Minenwerfern, 1 Re
volverkanone, über 100
großen Flügelminen und
zahlreichem anderen
Kriegsgerät. Die Deut
schen waren in einer
Tiefe von 300—500 Me
tern vorgekommen, ohne
diesen Erfolg mit zu gro
ßen Opfern bezahlt zu
haben. Die Franzosen
jedoch chatten furchtbare
Verluste; von Schwei
zer Blättern wurden sie
auf 35 000 Mann ge
schätzt. Wie sehr die
Franzosen gerade hier die
volle Wahrheit fürchteten, geht daraus hervor, daß der fran
zösische Oberbefehlshaber in den Argonnen die Pressever
treter nach Hause schickte. Trotz alledem stellten die franzö
sischen Berichte die deutschen Fortschritte in den Argonnen
und den Umfang des deutschen Vorstoßes als außerordent
lich gering dar. Schon am 12. September wurde den
Franzosen durch neue Minensprengungen in den Argonnen
angekündigt, daß die Deutschen mit ihrem glänzenden Er
folge noch nicht zufrieden waren, vielmehr neue Angriffe
einleiteten. Am 18. störten sie hart westlich der Argonnen
schanzende feindliche Abteilungen bei ihrer Arbeit, zer
sprengten sie durch Artilleriefeuer und brachten ihnen
schwere Verluste bei. Auch der 20. September war wieder
ein Tag erfolgreicher Minensprengungen in den Argonnen.
In den Vogesen (siehe Bilder Seite 270 und 271)
machten die Franzosen unter fortwährenden Angriffen weiter
übermäßige Anstrengungen, Herren der Lage zu werden.
Am 31. Juli abends griff der Feind den Reichsacker
kopf an, wurde aber glatt zurückgeworfen. In der Nacht
vom 1. zum 2. August ward die schon früher viel genannte
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Französische Torpedominen. »°t. Gebr. Ha°-l°l, Berlin.
Auf dem westlichen Kriegschauplatz aufgefundene französische Ausbläser. Der größere
hat einen Durchmesser von 52 cm und eine Länge von 432 cm, der kleinere einen Durch
messer von 38 cm und eine Länge von 248 cm. Die zu beiden Seiten aufgestellten
französischen Granaten haben einen Durchmesser von 12 cm.