Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
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und hatten bis auf weiteres Ruhe, 
indes außen die Menge johlte 
und tobte. 
Ja, es waren auch zwei Offi 
ziere unter unseren: Häuflein im 
Feindesland; auch abgefangen und 
doch den Kopf nicht verloren. Sie 
hatten einen größeren Erkundi 
gungsflug unternommen, der zu 
weit ausgedehnt worden war, 
es trat Betriebstoffmangel ein, 
sie mußten auf feindliches Gebiet 
niedergehen und wurden gefangen 
genommen. Natürlich wurden auch 
sie einem großen Verhör unter 
zogen, das ergebnislos verlief, 
und gaben auf die an sie gerichtete 
Frage: was sie nun erwarteten, 
wo, wie sie sähen, der Feinde 
Deutschlands immer mehr wür 
den, die Antwort: Je mehr Feinde, 
desto mehr Ehr* für uns — eine 
Antwort, die bei den Umstehenden 
Lächeln hervorrief und weiteres 
Ausfragen abschnitt. Die beiden 
Offiziere waren auf unserer Fahrt 
auch die Führer, die für uns 
sprachen und dafür sorgten, daß 
wir uns nicht zu Unbesonnenheiten 
hinreißen ließen. 
Endlich kam eine größere Sta 
tion und es hieß: Aussteigen! 
Der Zug war in die kleine Festung 
Blaye eingelaufen; Blaye ist etwa 
500 Kilometer von Paris ent 
fernt und liegt an der Gironde 
rechts unterhalb von Bordeaur. 
Auf Ziemlicher Anhöhe sind die 
Festungswerke erbaut, mit breitem 
Graben und einigen Außenwerken 
umgeben; also ein fester, sicherer 
Platz (gegenüber an der Gironde 
lregt noch das Fort Modoc) für 
die werten Gefangenen aus dein 
verhaßten Deutschland. Wir mar 
schierten hinauf in die Feste und 
machten in dem breiten, tiefen 
Graben vor ein paar runden Zelten 
halt. Die Besatzung von Blaye 
war nicht allzu groß, wie wir 
später erfuhren; dies war wohl 
zu begreifen: alle waffenfähigen 
Kämpfer waren ja nach der Ost- 
grenze abgerückt und die Hilfs 
truppen aus Algier, Tunis und 
Indien noch nicht im Land. Eine 
halbe kriegstarke Kompanie von 
etwa 150 Mann und deren Offiziere, mit einem Obersten 
an der Spitze, genügte für die untergebrachten 1000 Mann 
Feldgefangene, worunter sich etwa 400 Verwundete mit 
deutschen Ärzten befanden. Doch durften diese bei der Be 
handlung nicht mehr Hand anlegen; das sollten andere be 
sorgen, aber bis andere Hilfe in Tätigkeit trat, hatten die 
armen Verwundeten 4—5 Tage in ihren Feldverbänden 
dagelegen auf dem Stroh in den Zelten. Den Franzosen 
fehlte es fast ganz an Verbandmaterial und Hilfsmann 
schaften. Nach etwa 8 Tagen hatten wir schon 36 Tote, die 
von ihren Schinerzen erlöst waren. Sie wurden hinaus 
gefahren nach einem Kloster und begraben unter dem Ge 
leite von 10 Mann der Unsrigen, die hierzu abkommandiert 
wurden. Später allerdings, nachdem ein höherer Arzt 
Einmal eine Inspektion vorgenommen hatte, wurden unsere 
Verwuudeten von uns ausquartiert und wenigstens auf Stroh 
matratzen gebettet. Die Gefangenen in Deutschland haben 
es zweifellos besser, als wir es hatten an der gesegneten 
Gironde. Das Stroh in unseren Zelten auf den Wallgräben 
war spärlich auf den steinigen Boden hingestreut und, als wir 
hinkamen, schon wochenlang von anderen benutzt gewesen. 
Schinutz und modriger Geruch trat uns überall entgegen. 
Von den Abortverhültnisfen sei höflicherweise geschwiegen. 
Von unseren „wasserdichten" Zelten in den Wallgräben 
wurden immer mehrere zusammen von je zwei Mann Terri 
torialtruppen bewacht; in jedem Zelt waren etwa 20 Ge 
fangene untergebracht, so daß man auf ein größeres Zelt 
lager von den Festungswällen blickte. Um halb sieben 
Uhr morgens gab es für den Mann eine kleine Tasse 
schlechten Kaffee; um zehn Uhr das Frühstück, bestehend 
aus Suppe und Weißbrot, und abends um sechs Uhr das 
selbe. Wir mußten unser Essen selbst bereiten, in großen 
Blechkesseln, biwakmäßig, abseits von unseren Zelten. Das 
Wasser dazu wurde von einigen Mann aus einem großen 
Ziehbrunnen aus der Feste geholt. Dies war unsere einzige 
Beschäftigung. — Je 100 Mann empfingen des Morgens 
die Verproviantierung für den Tag: weißes Brot, einige 
Kartoffeln, Gemüse und Zutaten, etwa 10 Pfund Fleisch, 
und es blieb ihnen überlassen, was sie damit anfingen. 
Natürlich hatten wir große Langeweile; das stete Einerlei 
im Essen, Tun und Denken wurde nur unterbrochen durch 
die Veränderungen in der Witterung. 
Von der Welt um uns und ihren Taten erfuhren wir 
nichts; ab und zu wurden uns von der Wachmannschaft 
die großen Siegesnachrichten der Franzosen und ihrer 
Freunde, der Engländer, mitgeteilt und die daraus sich 
Deutsche Tor doboote ver 
senken am 1/August 1915 
an der dänistn Westküste 
einen engsten Kreuzer 
(Arethusa-Tst und einen 
englischenierstörer. 
Nach einer OrisUzeichnung von 
Professor lch Stöwer. 
ergebenden Niederlagen der Deutschen uns vorgehalten; 
die Leute wußten es selbst nicht besser und glaubten aufs 
Wort, was sie in der Zeitung gelesen hatten. Die Täuschungen 
der Regierung fanden dort im Süden bei dem Volke, weit 
weg von der Schlachtlinie im Osten, erwünschten Glauben 
und Erfolg. 
Eines Tages, Ende September, kam Bewegung in 
unsere Reihen und Gedanken. Die nahe Regierung in 
Bordeaux hatte der Kommandantur mitgeteilt, daß die sich 
bei uns aufhaltenden Sanitätspersonen, Arzte und Rote 
Kreuzler, die aus einem erbeuteten oder gefangen ge 
nommenen Feldlazarett der Deutschen stammten, aus 
gewechselt werden sollten gegen die gleiche Anzahl und Art 
der in deutscher Gefangenschaft befindlichen Franzosen. 
Es waren 35 Mann, an die die Aufforderung erging, 
sich zum Marschieren und zur Abreise bereit zu halten. 
Zunächst mit der Eisenbahn nach der Grenzstation 
Bohovie und nach Jrun in Spanien; dort eine Nacht Auf 
enthalt, dann nach dem bekannten Hafenplatz San Sebastian 
und der spanischen Festung Bilbao. Nach vierzehntägigem 
Aufenthalt mußten wir wieder zurück nach San Sebastian 
und wurden dann mit der Bahn nach Barcelona befördert, 
wo die deutschen Konsularbehörden sich unserer annahmen. 
Acht Tage später, an einem Sonn 
tag, mittags zwölf Uhr traten wir 
bei schönem Wetter endlich die Ab 
reise aus dem großen Hafenplatz 
Barcelona auf einem italienischen 
Schiff an, mit dem Ziel Genua, 
Italien. — Diese Seereise mit 
ihren immerwährenden Anrufen 
und Verfolgungen von kreuzenden 
Kriegschiffen bot nichts Angeneh 
mes; die Franzosen brachten es 
fertig, daß wir nach ihrem Mar 
seille komplimentiert und hier ge 
nauest durchsucht und ausgefragt 
wurden. Eine südamerikanische 
Rohgummiladung, die wir mitge 
nommenhatten, wurde als Kriegs 
konterbande für unzulässig erklärt 
und mußte ausgeladen werden; 
dann durften wir weiter dampfen 
gen Genua zu. Scheinwerferblitze 
von spürenden Kriegsfahrzeugen 
gaben uns allenthalben das Ge 
leite. — Von Genua reisten wir 
über Mailand, Ala, Kufstein, 
München und dann vollends in 
die Heimat. 
Siegreiches Gefecht 
deutscher Torpedoboote 
mit englischen Schiffen 
an der dänischen Küste. 
sHierzu das nebenstehende Bild.) 
Eine der deutschen Torpedo 
bootshalbflottillen, die sich anr 
17. August 1915 auf einem Streif- 
zug in der Nordsee befand, sich 
tete abends gegen zehn Uhr an 
der langgestreckten Westküste Däne 
marks ein Kriegschiff, das, wie 
sich herausstellte, von acht Tor 
pedobootzerstörern umgeben war. 
Man mutzte von vornherein an 
nehmen, datz man Engländer vor 
sich habe, und trotz der bereits 
hereinbrechenden Nacht konnten 
die Deutschen deutlich den Typ 
des Kreuzers, der der Arethusa- 
klasse angehörte, erkennen. Ob 
gleich nun einer Torpedoboots 
flottille ein solcher Gegner bedeu 
tend überlegen ist und sie bei 
entsprechendem Vorgehen leicht 
vernichten kann, ging es sofort 
mit abgeblendeten Lichtern „ran 
an den Feind". Jetzt — das scharfe Auge des Schein 
werfers, der wie ein Blitzstrahl durch die dunkle Nacht zuckt 
und grelles Tageslicht ausstrahlt, sieht den Gegner in 
nächster Nähe vor sich. Aber auch dieser erkennt die Gefahr, 
von seinen Masten flammen ebenfalls die Scheinwerfer gleich 
Kometenschweifen auf. Doch die tapferen Torpedoboote 
lassen sich dadurch nicht abschrecken. Da schwirrt ein Tor 
pedo los — das war ein Meisterschutz, der den Engländer 
ins Herz traf. Haushoch schietzt ein mächtiger Wasserstrahl 
empor, und man hört es ganz deutlich, wie das Geschotz 
die Bordwände des Kreuzers zerreitzt und in sein Inneres 
eindringt. Donnernd braust das „Hurra!" der deutschen 
Matrosen, den Kameraden den Sieg verkündend. Fast zur 
selben Zeit schossen andere Torpedoboote einen englischen 
Zerstörer in den Grund. Während dieser sofort sank, 
suchte sich der Kreuzer mit Aufbietung aller Kräfte über 
Wasser zu halten. Da trifft ihn abermals ein Torpedo in 
die Breitseite, einen Augenblick erzittert der eiserne Kolotz, 
dann neigt er sich plötzlich zur Seite und verschwindet 
langsam in einem gurgelnden Strudel. Stolz ob ihres 
Sieges aber kehrten die deutschen Torpedoboote in die 
heimischen Häfen zurück, ohne selbst irgendwelche Verluste 
erlitten zu haben.
	        
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