Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
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Im feindlichen GranaLfeuer verschüttet. 
Vor Ppern, ... 
Wie alltäglich hatten die Engländer um drei Uhr fünf 
undvierzig Minuten ihr Artilleriefeuer gegen die deutschen 
Stellungen wieder aufgenommen. Den Verlust des Ortes S. 
und des Stützpunktes, den wir ihnen abgenommen hatten, 
konnten sie augenscheinlich noch nicht verschmerzen. Aber 
heute sollte das Feuer länger als sonst andauern. — Es 
ist zwei Uhr nachmittags geworden. Seit drei Tagen 
hatten unsere Leute kaum geschlafen, seit 24 Stunden nur 
wenig zu sich genommen. Granaten, Schrapnelle und 
Minen schicken uns die Engländer in bunter Folge herüber. 
Unsere Kompanie hatte unter diesem Feuer schon gelitten, 
hielt sich aber sehr wacker. Auch war Verstärkung ange 
kommen. Besser als je saßen heute die englischen Granaten 
in den deutschen Gräben und Unterständen. „Die Hälfte 
der Gruppe steht, die andere Hälfte legt sich mit auf- 
uns herübergeschleudert worden. „Wu—i—i—t—i—krach— 
bumm" die zweite Granate. Sie war schon bedenklich näher 
eingeschlagen. Jetzt funken auch unsere Artilleristen über 
uns hinweg den Engländern entgegen. „Der erste Schutz 
satz gut, der zweite könnte etwas kürzer sein," meldet Leut 
nant K. vom Beobachtungsposten seiner Batterie. „Wu— 
i—i—i—i—krach—bumm" saust die dritte englische Granate 
gegen uns heran. Sie sitzt wieder ein Stück näher; die Eng 
länder schießen heute gut! Stumm und ernst legen sich 
unsere Leute auf die Erde nieder, keiner verläßt den Posten» 
auf den er gestellt ist. „Tuuuut, tuut tut tut" summt es 
vom Telephon her. „Hier B.-Stelle 5. Leitung geprüft — 
Schluß!" „Wu—i—i—i—i—krach—bumm", wieder sitzt 
eine Granate in unmittelbarer Nähe, und eine Garbe von 
Erde und Sprengstücken spritzt in die Höhe. Die Sache 
wird immer ungemütlicher. Jetzt legt sogar Leutnant L. 
seine Zeitschrift „Wild und Hund", in der er bisher eifrig 
gelesen hat, aus der Hand und meint gelassen: „Die war 
Abendmusik im Soldatenheim in Mezieres. 
Phot. Hohlwein & Gircke, Berlin. 
gepflanztem Bajonett daneben," ordne ich an und setze mich 
in den letzten Unterstand, der noch zu finden ist. Es ist der 
Beobachtungstand einer Batterie mit zwei Offizieren, 
einem Unteroffizier und einem Telephonisten. Zu ihnen 
setze ich mich auf die Erde nieder und harre der kommenden 
Dinge. In dem gegenüberliegenden Rest eines Unter- 
standes suchen ein Fähnrich mit seinem Putzer, mein Melder 
und mein Bursche Deckung. Kaum sind wir untergeschlüpft, 
da kommt auch schon die erste Granate angesaust. Mit 
einem „Wu—i—i—i—i—krach—bumm" schlägt sie in unserer 
Nähe ein. Erde, Eisenstücke, Steine und allerhand Brocken 
fliegen um uns herum, auch eine gefüllte englische Fleisch- 
konservenbüchse ist dabei. „Will'm, willste friesticken!" 
hören wir noch einen Gefreiten rufen, der einem Kameraden 
die herangeangelte Fleischbüchse anbietete Kräftig lachen 
wir über diesen Humor in der ernsten Lage. Ein Blick über 
zeugt mich davon, daß die Granate in den uns zunächst 
gelegenen englischen Schützengraben eingeschlagen hat, den 
die Engländer während ihres Artilleriefeuers als gefährdet 
geräumt hatten. Bei der Erplofion war die Büchse mit zu 
aber verteufelt nahe." Das Telephon meldet sich wieder: 
„Batterie fragt an, wie die letzten Schüsse saßen." — „Der 
erste Schuß saß, die —" Jäh verstummt die Antwort, 
denn in diesem Augenblick setzt ein betäubender Krach ein, 
dann die Stille des Todes. Ein Augenblick der Bewußt 
losigkeit folgt bef uns, kein Hören und Sehen mehr. Dunkel 
der Nacht um uns, wir sind verschüttet! „Herr Gott, sei 
uns gnädig!" „Hilfe, Hilfe!" gellen dann die Ver 
zweiflungsrufe durcheinander. Eine Granate war gerade 
auf unseren Unterstand niedergefallen und hatte ihn zer 
stört! Ich stecke bis über den Kopf im Sand und vermag 
kaum die Augen zu öffnen, auch nichts zu rufen. Mühselig 
recke ich den Hals etwas hoch, da sehe ich dicht über mir 
einen ganz schwachen Lichtschimmer. Trümmer von Balken 
und eisernen Schienen liegen auf meinem Leib. Ich ver 
suche, mich etwas höher zu recken, aber schon rieselt von 
neuem Sand auf mich herab. Endlich gelingt es mir, den 
Kopf frei zu bekommen. Ein Bild des Schreckens bietet 
sich mir: Verwundete mitten unter Sand und Trümmern. 
Schon erblickt mich mein braver Bursche, der von dem
	        
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