Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
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Verlusten auf italienischer Seite. 
Immer mehr stellte es sich heraus, 
daß sich Österreich-Ungarn auf den 
italienischen Krieg wohl vorbe 
reitet hatte, indem es an der 
Grenze feste Stützpunkte schuf, die 
für die Italiener uneinnehmbar 
waren. Am 23. August konnte der 
österreichisch - ungarische General- 
stab in seinem Tagesberichte mel 
den: „Heute ist ein Vierteljahr seit 
der Kriegserklärung unseres eim 
fügen Verbündeten verflossen. Did 
ungezählten Angriffe des italie 
nischen Heeres haben nirgends ihr 
Ziel erreicht, wohlnber kosten sie 
dem Feinde ungeheure Opfer. Un 
sere Truppen halten nach wie vor 
ihre Stellungen an oder nahe der 
Grenze." 
Man kann sich denken, daß 
unter solchen Verhältnissen die 
Italiener mit immer größerer Be 
sorgnis nach Osten blickten, wo 
der Siegeslauf der verbündeten 
deutschen und österreichisch-unga 
rischen Heere deren endgültigen 
Sieg in immer größere Nähe rückte. 
War schon jetzt im Kampfe mit 
einer bloßen Grenzverteidigung 
nichts zu erreichen, wie sollte es 
werden, wenn im Osten Mann 
schaften frei wurden, diedenÖster- 
reichern und Ungarn gestatteten, 
zum Angriff gegen die Italiener 
511 schreiten. Erhöht winde die all 
gemeine Sorge noch durch die 
trüben inneren Zustände, in die 
Italien durch den Krieg gestürzt 
worden war. Durch eine wenig 
günstige Ernte winde das Land 
gezwiingen, 10 bis 12 Millionen 
Doppelzentner Getreide im Aus 
land zu kaufen. Statt der früheren 
Einnahme aus dem Eetreidezoll 
niiißte also allein für Getreide 
einfuhr ein Opfer von mehr als 
40 Millionen Lire gebracht wer 
den. Die größte Sorge bereiteten 
den Italienern aber die Finanzen. 
Nachdem aus einer Kriegsanleihe 
im Januar rund 2000 Millionen 
Lire verfügbar geworden waren, 
die durch eine Bankengarantie ge 
deckt wurden, brachte es eine 
zweite Anleihe noch nicht gauz 
auf 1200 Millionen Lire ein 
schließlich der Übernahme von 
200 Millionen Lire durch eine 
Bankengruppe. Dieser Betrag 
wurde aber nicht ganz eingezahlt. 
Dabei ist zu beachten, daß diese 
Summe im August längst ver 
ausgabt war und daß der Notenumlauf Italiens Anfang 
August bereits die Höhe von 3 Milliarden Lire erreicht 
hatte. England aber hielt Italien in der Schlinge fest. 
Auf einer Finanzkonferenz in Nizza wurden die Förm 
lichkeiten der englischen Geldunterstützung, die bis dahin 
nur Kreditunterstützung im eigensten Interesse Englands 
war, „späterer Vereinbarung" vorbehalten, was zur Folge 
hatte, daß England seine fernere Hilfe von der Bereit 
willigkeit Italiens zur Unterstützung des Dardanellenunter 
nehmens abhängig machte. 
Zu den Eeldsorgen gesellte sich noch eine schon nach 
zweimonatiger Kriegführung sehr drückende Munitionsnot. 
Alle maßgebenden italienischen Blätter, wie „Corriere della 
Sera", „Stampa", „Tribuna", „Jdea Nazionale", „Eiornale 
d'Jtalia", brachten schon in der zweiten Hälfte des Juli 
täglich Artikel über den Mangel an Munition. Wenn 
ähnliche Sorgen nach einem vollen Kriegsjahre Engländer 
und Franzosen drückten, so war dies immerhin erklärlich, 
daß aber Italien trotz der langen Frist zur Rüstung so 
wenig vorbereitet in den Krieg zog, daß es schon nach 
zwei Monaten an schwerem Munitionsmangel litt, stellte 
dem Verantwortlichkeitsgefühl der maßgebenden Behörden 
ein sehr schlechtes Zeugnis aus. Immer lauter erhob sich 
der Ruf, Cadorna müsse Munitionsarbeiter von der Front 
nach Hause schicken, weil es sonst nicht möglich sei, den Be 
dürfnissen des Heeres Rechnung zu tragen. 
; War also trotz der bisher nur defensiven Haltung Öster 
reich-Ungarns der Landkrieg nichts weniger als ein Triumph 
für Italien und brachte er ihm weit mehr Sorgen, als die 
Kriegshetzer gedacht haben mochten, so hatten die Ereignisse 
zur See ein noch weit ungünstigeres Ergebnis für Italien, 
denn hier war es die österreichisch-ungarische Marine, die vom 
ersten Kriegstage, ja von der ersten Kriegstunde an die 
Offensive ergriff und behielt. Gegen Ende Juli trafen k. u. k. 
Zum DuFwuch am 
Wieprz: Erstirnrung des 
Dorfes Aslawice. 
Nach einer Origi«lzeichnung von 
Professor WS Hoffmann. 
Kriegschiffe einigemal vor italienischen Häfen ein, die sie 
erfolgreich beschossen. So machte sich am 23. Juli früh 
ein Geschwader auf die Fahrt nach der Ostküste Italiens, 
um dort die Eisenbahn zu beschießen. Es hatte darin vollen 
Erfolg. Die Bahnstationen von Chienti, Campomarino, 
Fossacessio, Termoli und Ortona wurden stark beschädigt, 
diejenigen von San Benedetto und Grottamoro in Brand 
geschossen; viele Lokomotiven und Wagen wurden zerstört, 
einige verbrannten. In Ortona wurde der Wasserturm 
zerschossen, der Pontonkran beschädigt und ein Schlepptender 
versenkt. Zwei Fabriken in Ortona und eine in San Vito 
erlitten durch Umlegung aller Schornsteine schweren Scha 
den. Der Bahnviadukt bei Termoli wurde vernichtet, die 
Brücke bei Grottamoro stürzte ein, und außerdem wurde 
noch eine Kaserne in San Benedetto zerschossen. Das 
Semaphor auf Tremiti wurde in Schutt gelegt und das 
dortige Kabel zerstört. Ungehindert von der feindlichen 
Flotte konnten die österreichisch 
ungarischen Schiffe ihre Arbeit 
besorgen und dann unbeschädigt 
zurückkehren. Wie sich später aus 
italienischen Meldungen heraus 
stellte, waren die Schädigungen 
durch diesen Küstenangriff noch 
viel bedeutender als anfangs an 
genommen wurde. Das Haupt 
ergebnis war die Lahmlegung der 
von Unteritalien über Foggia längs 
der Küste führenden Bahn von 
Termoli bis Porto Civitanovo am 
Chienti. Dadurch wurde ein wich 
tiger Eisenbahnstrang aus dem 
italienischen Eisenbahnnetz ausge 
schaltet. Schon vier Tage nach 
diesem schönen Erfolg, am 27. Juli 
frühmorgens, unternahmen k. u. k. 
leichte Kreuzer und Torpedoein 
heiten einen Angriff auf die Eisen 
bahnstrecke von Ancona bis Pesaro 
und beschossen die Stationsan 
lagen, Bahnhofsmagazine, Wacht- 
häuser und Eisenbahnbrücken an 
dieser Küstenstrecke mit gutem Er 
folg. Mehrere Lokomotiven und 
zahlreiche Waggons wurden ver 
nichtet; ein Bahnhofsmagazin in 
Fano geriet in Brand, der eine 
starke Erplosion zur Folge hatte. 
Gleichzeitig belegten österreichisch 
ungarische Seeflugzeugeden Bahn 
hof, eine Batterie, Kasernen und 
sonstige militärische Einrichtungen 
Anconas erfolgreich mit Bomben, 
wobei der Rangierbahnhof sehr 
stark beschädigt und viel rollendes 
Material zerstört wurde. In einem 
Naphthatank entstand ein Brand, 
der noch auf 30 Seemeilen sicht 
bar war. 
Das Eiland Pelagosa war eben 
falls wieder einmal Gegenstand 
kriegerischer Vorgänge, und zwar 
waren es diesmal die Italiener, 
die sich hier Lorbeeren holten. 
Bekanntlich waren im Anfang des 
Krieges auch einmal die Franzosen 
vor Pelagosa, um mit ihrer Marine 
den Kampf gegen den Leuchtturm 
wächter aufzunehmen (siehe auch 
Band I Seite 389). Jetzt hatten 
sich an diesem einsamen Fleckchen 
Erde die Italiener festgesetzt und 
daselbst eine Funkenstation errich 
tet. Lange sollten sie sich aber 
ihres Besitzes nicht freuen. Am 
28. Juli wurde das Stationsge 
bäude von einer Gruppe öster 
reichisch-ungarischer Torpedofahr 
zeuge durch Eeschützfeuer zerstört 
und der Gittermast umgelegt. 
Hieran anschließend wurde zur Feststellung der Stärke der 
feindlichen Besatzung eine kleine Landungsabteilung zu 
einer scharfen Erkundung auf das Eiland gesandt. Sie 
drang ungeachtet heftigen Widerstandes über einen feind 
lichen Schützengraben bis zu den stark besetzten betonierten 
Verteidigungsanlagen der Italiener vor und brachte diesen, 
unterstützt durch Artilleriefeuer von der See aus, bedeu 
tende Verluste bei. So fiel unter anderem der Kommandant 
der italienischen Besatzung und ein zweiter Offizier. Nach 
gelungener Erkundung kehrte die österreichisch-ungarische 
Abteilung trotz der großen Übermacht des Gegners ohne 
erhebliche Verluste wieder auf die Fahrzeuge zurück. Feind 
liche Unterseeboote hatten währenddessen vergeblich mehrere 
Torpedos gegen die österreichisch-ungarischen Gefechtsein 
heiten gerichtet. 
Einen neuen Verlust an ihrer Kriegsflotte erlitten die 
Italiener am 29. Juli, Arn Abend dieses Tages geriet im
	        
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