Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
etwas Wahres ist. Der jämmerliche Zustand der Gefangenen 
bestätigte dies. 
Vor dem in einer Ausdehnung von knapp 300 Metern 
noch im feindlichen Besitz befindlichen vorderen Erabenteil 
kam der deutsche Angriff am 25. Juni zum Stehen. 
Am 26. gingen die Deutschen östlich von der Stätte der 
soeben geschilderten hartnäckigen Kämpfe zu einem An 
griff in Richtung Les Eparges vor, über den wir schon auf 
Seite 115 ausführlich berichtet haben. 
Neben den Kämpfen um die Maashöhen spielten in 
diesem Teile des westlichen Kriegschauplatzes auch die 
Kämpfe um den Priesterwald eine Rolle. „Wald des 
Todes", „Wald der Tränen", „Wald der Witwen", so haben 
Freund und Feind diesen zwischen Pont-ä-Mousson und Metz 
gelegenen großen Forst genannt (siehe Skizze Seite 141). 
Und wahrlich mit vollem Recht. Monatelang ist er der 
Schauplatz blutiger und erbitterter Kämpfe gewesen, Tau 
sende deutscher und französischer Herzen haben hier zu 
schlagen aufgehört, und ihr Blut trank das Moos der Erde. 
In einer Ausdehnung von etwa 5 Kilometern erstreckt 
sich der Priesterwald auf einem Höhenrücken am Tale der 
Mosel von Pont-ä-Mousson in nordwestlicher Richtung 
besetzten. Dieser mit ungeheuren Opfern bezahlte Teilerfolg 
war recht bescheiden und belanglos, aber trotzdem wurde 
er in der französischen Presse als endgültige Eroberung des 
Priesterwaldes verherrlicht. Diese billigen Vorschußlorbeeren 
sollten freilich gar bald welken, denn auf deutscher Seite 
blieb man nicht müßig, sondern bereitete sich sogleich vor, 
um dem Feind im gegebenen Augenblick die verlorene 
Stellung zu entreißen und gleichzeitig ein erhebliches Stück 
vorwärts zu kommen. Der Befehlshaber der deutschen 
Truppen beschloß einen allgemeinen Angriff und traf seine 
Vorbereitungen dazu schon in der zweiten Juniwoche. 
Wie in den Argonnen, so erschwert auch hier das Gelände 
und der Wald militärische Maßnahmen bedeutend, indes haben 
die Granaten in dem mit dichtem Unterholz durchzogenen 
Priesterwald allmählich Luft und Licht geschaffen. Zunächst 
wurden die deutschen Stellungen befestigt, um sie im Falle 
eines neuen französischen Angriffs nicht nur halten zu 
können, sondern um von hier aus selbst zum Sturm auf 
die französischen Gräben vorzugehen. Die Franzosen dagegen 
machten fast gar keine Anstalten, die eroberten Höhenstel 
lungen an der Croir des Carmes zu befestigen, und hatten 
offenbar gar keine Ahnung, daß man sich auf unserer Seite 
zu einem starken Sturm 
angriff rüstete. Den Feind 
um jeden Preis wieder 
von der Höhe zu werfen, 
das war das Ziel dieses 
Angriffs, den die deut 
schen Truppen am 4. Juli 
unternahmen. Alles war 
für diesen Tag vorberei 
tet,' Kanonen, Maschinen 
gewehre, Bombenwerfer 
und Minen waren auf 
gestellt und überschüt 
teten den Feind mit einer 
Unmasse von Geschossen. 
Das war das furchtbare 
Vorspiel zu dem allge 
meinen Sturmangriff, 
der planmäßig um vier 
Uhr nachmittags einsetzte. 
Obwohl die Stürmenden 
auf dem äußersten rech 
ten Flügel über freies 
Feld' mußten, das nir 
gends Deckung bot, und 
von den Franzosen unter 
mörderisches Feuer ge 
nommen wurden, zöger 
ten die tapferen West 
falen und Bayern kei 
nen Augenblick, sondern 
stürmten mutig und un 
erschrocken vorwärts. Die 
durch unser Artilleriefeuer erschütterte französische Infanterie 
konnte dem ungestümen Ansturm nicht lange standhalten, 
und bald begannen die beiden Flügel, die zuerst von den 
deutschen Truppen erreicht wurden, zu wanken. Dadurch 
wurde die mittlere Stellung des Feindes von vorn und von 
den beiden Flanken gefaßt. Die Franzosen hatten zwar ihre 
Gräben durch Blockhäuser, die sie aus den gefällten Baum 
stämmen aufgeführt und mit Bombenwerfern, Mörsern und 
Maschinengewehren ausgerüstet hatten, befestigt, allein unsere 
Pioniere eroberten diese Hindernisse und sprengten sie in die 
Luft, während die dazwischen liegenden Gräben von unserer 
Infanterie mit aufgepflanztem Bajonett genommen wurden 
(siehe die Kunstbeilage). Dem deutschen Ansturm war der 
Feind nicht gewachsen; hundert Hände flogen in die Höhe, und 
in gebrochenem Deutsch baten die Franzosen um Gnade. 
Zehn Minuten nach Beginn des Sturmangriffs wurden 
bereits die ersten Gefangenen abgeführt, deren Zahl am 
Abend schon über 1000 Mann, darunter 12 Offiziere, be 
trug. Am Abend des 4. Juli, also in wenigen Stunden, 
waren alle französischen Stellungen in einer Breite von 
1500 Metern genommen. Den siegreichen Truppen fiel eine 
große Beute in die Hände: 3 Geschütze, 7 Minenwerfer, 
7 Maschinengewehre und ein ganzer Pionierpark, den der 
Feind nicht mehr in Sicherheit bringen konnte, bildeten die 
Siegeszeichen dieses ruhmreichen Tages. Dabei waren die 
Phot. Menzendorf, Berlin. 
Verhör eines französischen Gefangenen durch Offiziere des Generalkommandos. 
auf Metz zu. Die höchste Erhebung erreicht das von ver 
schiedenen Straßen und Verbindungswegen durchzogene 
Waldgelände in einem Höhenkamm, der sich vom Eintritt 
der Straße Rorroy—Fey-en-Haye in den Wald nach 
Osten zieht. Den höchsten Punkt krönt die vielumstrittene 
Croir des Carmes, von wo aus man eine herrliche Aussicht 
auf das von der Eisenbahn Pont-ä-Mousson—Metz und dem 
Rhein-Marne-Kanal durchzogene malerische Moseltal wie auf 
die saubere Stadt Pont-ä-Mousson, das alte „Musselbrück", 
genießt. Dieses Gelände um die Croir des Carmes, das 
natürlich auch strategisch die Ebene mit ihren Straßen und 
Eisenbahnen beherrscht, ist die sogenannte Höhenstellung im 
Priesterwalde, vor der sich nach Westen zu ein freies Wiesen 
stück ausdehnt. Es bildete gleichzeitig die Scheidewand zwischen 
den deutschen und französischen Schützengräben, die hier 
einander nur in ganz kurzer Entfernung gegenüberlagen. 
Während des Winters kam es hier zu heftigen Kämpfen, 
in deren Verlauf es den Franzosen unter großer Artillerie 
verschwendung gelang, allmählich schrittweise vorzurücken. 
Sie wurden zwar oft unter schweren Verlusten zurück 
geschlagen, allein während des großen Frühjahrsvorstoßes 
zwischen Mac^ und Mosel erreichten die Franzosen zu 
Ostern doch dre Höhenstellung, von wo aus sie am 7. und 
8. Juni die westlich von der Croir des Carmes gelegenen 
deutschen Schützengräben angriffen und stellenweise auch
	        
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