Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
hatte, ihr näherzutreten, in vollem 
Besitz überlegender Ruhe, die sich 
in klarer Beurteilung der Lage 
ausdrückte. Überall war zu erken 
nen, daß die Rückzüge den An 
griffsgeist nicht ertötet hatten. Es 
war, wie ich es vorher vermutet 
hatte und wie sich beim Durchbruch 
im Mai in Westgalizien zeigte, die 
Lust zum Angriff lebendig geblie 
ben. Die Persönlichkeit des Gene 
ralstabschefs, des jetzigen General 
obersten Conrad v. Hötzendorf, 
machte den Eindruck vollkommener 
Beherrschung des Willens und der 
Nerven. Ich gewann die Über 
zeugung, daß sein Kopf die un 
geheure Zahl des russischen Heeres 
zu Osterreich-UngarnsGunsten aus 
gleiche. Dem Erzherzog Friedrich, 
dem Oberstkommandierenden auf 
der langen Kampffront von der 
Pilica in Polen bis zur bessara- 
bischen Grenze, kann man nach 
sagen, daß er eines der seelischen 
Elemente des Krieges in der um 
fassendsten Fürsorge für seine 
Truppe erkannt hat. 
Co war für den Feind und 
selbst für den deutschen Verbün 
deten die unerhoffte Stärke des 
österreichisch-ungarischen Heeres 
eine der größten Überraschungen 
dieses an unerwarteten Dingen so 
reichen Krieges. In der harten 
Schule des Kampfes ums Dasein 
hat das Heer überraschend schnell 
gelernt, und der eiserne Kern der 
Völker der Doppelmonarchie ist 
aus seiner Hülle hervorgetreten. 
Niederlage der 
Russen am Karadagh 
im Kaukasus. 
(Hierzu das nebenstehende Bild.) 
Ebensowenig Erfolg wie den 
verbündeten Franzosen und Eng 
ländern vor den Dardanellen 
wurde den Russen auf dem kau 
kasischen Kriegschauplatz zuteil. Seit 
ihr erster, Anfang November 1914 
unternommener Vorstoß auf die 
türkische Festung Erzerum, den 
Schlüssel zu Armenien, fehlschlug, 
und sie bei Köpriköj eine schwere 
Niederlage erlitten (vgl. Band II 
Seite 110), beschränkten sich die 
Russen darauf, ihre Stellungen 
längs der türkischen Grenze zu 
befestigen und sich in der Verteidi 
gung zu halten, während die tür 
kischen Truppen überall erfolgreich 
vordrangen und ihrerseits Arme 
nien vor einem feindlichen Einfall 
schützten. Die russischen Truppen, 
deren Verpflegung in dem rauhen, 
unwegsamen Gebirgslande viel zu 
wünschen übrigließ, und die keine 
Verstärkungen mehr erhalten hat 
ten, seit die russische Heeresleitung alle verfügbaren Streit- 
kräfte in den Karpathen und später in Westgalizien brauchte, 
befanden sich in ziemlich entmutigter und schlechter Ver 
fassung, als sie im Laufe des Juni von den Türken im Grenz 
gebiet von Olty, nördlich von Erzerum, angegriffen wurden. 
Die Russen hatten hier die Höhenzüge des Karadagh besetzt, 
um die von Türkisch-Armenien nach Tiflis und Batum führen 
den Karawanenstraßen zu beherrschen und sich die Verbindung 
mit der Festung Kars und den übrigen Festungen und 
Städten hinter der Front zu sichern. An den kahlen, baum 
und pflanzenlosen Abhängen des steilen Gebirges hatten die 
Russen ihre Geschütze und Maschinengewehre in Ausstellung 
gebracht. Kosakenpatrouillen waren von hier aus ins Tal 
vorgedrungen und hatten die umliegenden Dörfer ge- 
brandschatzt und geplündert. Auf türkischer Seite hielt 
man sich zunächst zurück und beschränkte sich darauf, den 
Plünderern Kavallerie nachzuschicken und ihnen das ge 
stohlene Gut wieder abzujagen. Erst als die russische Jn- 
Rückzug der Rujsü nach Er 
oberung ihrer Stellungen 
auf dem Karadah bei Olty 
im Kaukasus buch die tür 
kische Armee (A.)uni 1915). 
Nach einer Origiualnchuung von 
Max Ti!i. 
dauernd unter Feuer, das dem 
Feind schwere Verluste zufügte, 
ohne daß er es bei seinem Mangel 
an Munition erfolgreich hätte er 
widern können. So verloren die 
vorgeschobenen russischen Stellun 
gen, die dem türkischen Artillerie 
feuer am stärksten ausgesetzt waren, 
die Verbindung mit dem Gros 
des russischen Heeres und waren 
somit von jeder Zufuhr abgeschnit 
ten. In der glühenden Sonnen 
hitze, vor der auf den nackten Ber 
gen Armeniens keine Wälder kühlen 
Schatten'gewähren, litten Mensch 
und Tier furchtbaren Durst, zu dem 
sich bald der Hunger gesellte, da 
die ohnedies schlecht ausgerüsteten 
russischen Feldküchen keine Lebens 
mittel mehr hatten und die Sol 
daten sich mit hartem Zwieback 
und schlechtem Brot begnügen 
mußten, während sich für diePferde 
der Artillerie kein Futter mehr fand 
außer harten, stachligen Disteln, die 
kümmerlich andensonnenverbrann- 
ten Felsen wachsen. Es gelang den 
Russen nicht, ihre Geschütze auf 
die rückwärts gelegenen höheren 
Punkte zu bringen, da die abge 
magerten Pferde aufdenschlechten, 
steilen Wegen nicht mehr vorwärts 
kamen und in Masse verendeten. 
Überläufer, die der Hunger ins 
türkische Lager trieb, bestätigten 
diese trostlose Lage der russischen 
Truppen. Nun gingen die Türken 
auf der ganzen Linie zum Angriff 
vor und bemächtigten sich nach hef 
tigem Bajonettkampf der russischen 
Stellungen auf den Höhen des Ka 
radagh, die sie sogleich gn Stütz 
punkten ihrer Artillerie ausbau 
ten. Die Russen traten, da ihr 
Widerstand gebrochen war, den 
Rückzug an, der ihnen Verderben 
brachte: von allen Seiten unter das 
Kreuz- und Flankenfeuer der tür 
kischen Artillerie geratend, deren 
Schrapnelle verheerend in die flie 
henden Reihen einschlugen, ver 
mochten sie ihre Geschütze, da deren 
Bedienungsmannschaft und Be 
spannungschon gefallen war, nicht 
mehr zu retten, so daß sie von den 
ungestüm nachdrängenden Türken 
erobert wurden. Die Verluste der 
Russen waren außerordentlich 
schwer und standen in gar keinem 
Verhältnis zu den türkischen. Außer 
ihrer gesamten Gebirgsartillerie 
und zahlreichen Waffen und Aus 
rüstungsgegenständen verloren sie 
allein 3000 Mann an Toten, dar 
unter viele Offiziere, während die 
Türken außerdem noch zahlreiche 
Gefangene machten und mehrere 
hundert Verwundete, die der 
Feind nicht mehr mitführen konnte, 
in ihre Lazarette aufnahmen. 
fanterie sich in die Ebene hinabwagte und Schützengräben 
auszuheben und Drahtverhaue anzulegen begann, hielten 
die Türken den Augenblick für gekommen, die feindlichen 
Stellungen auf dem Sattel des Karadagh unter wirksames 
Feuer zu nehmen und sich in ihren Besitz zu setzen. Die 
türkische Artillerie, deren Batterien geschickt auf den gegen 
überliegenden Höhen eingegraben waren, hielt nun den 
Karadagh und seine Zugangstraßen, auf denen die Russen 
Verstärkungen und Proviant herbeischaffen konnten, an- 
Bei der Erstürmung der Schanzen von 
Roshan. 
(Aus einem Feldpostbrief.) 
(GK6) , 26. Juli 1915. 
... Wie Ihr jetzt wohl schon wißt, hat es mich nun leider 
auch schon gepackt, und zwar haben mir die Russen bei der 
Erstürmung der Schanzen von Roshan am 20. meine linke 
Hüfte kaputgeschossen. Nun will ich Euch den Hergang
	        
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