Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Achter Band. (Achter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
geheure Sprengwirkung haben. Sie werden auch längst nicht 
mehr mit der Hand abgeworfen, sondern hängen in Abwurf 
vorrichtungen unter dem Flugzeugrumpf unter den Trag 
flächen, von wo sie durch einen Hebelzug vom Beobachtersitz 
aus ausgelöst werden können (siehe die Bilder Sette 346 
unten und 347 Mitte). Sie werden auch genau gezielt, das 
heißt das Ziel wird durch ein Visier und ein Zielfernrohr 
„angerichtet", wobei Einflüsse wie Windrichtung, Höhe und 
Geschwindigkeit des Flugzeuges wohl berechnet werden. Bei 
den deutschen Bombenflugzeugen, die zum Angriff auf die 
wichtigen Rüstungstätten des Feindes eingesetzt werden, hat 
der Beobachter ein großes Zielfernrohr vor sich, mit dem 
er durch den Boden des Flugzeuges hindurch bis zum 
Horizont sehen und sein Ziel aufsuchen kann. Dieses Fern 
rohr ermöglicht den deut 
schen Fliegern das Tref 
fen kleinster Ziele, selbst 
aus größter Höhe und bei 
größter Schnelligkeit. 
Neben den „Spreng 
bomben", mit denen, wie 
gesagt, durch Spreng 
wirkung Zerstörungen 
schwerster Art angerichtet 
werden sollen, werden 
auch „Brandbomben" 
verwendet, die das ge 
troffene Ziel in Brand 
setzen. Diese Brandbom 
ben, die neuerdings auch 
die torpedoähnliche, ge 
ringen Luftwiderstand 
bietende Gestalt haben, 
sind mit einem Kohlen 
wasserstoff gefüllt, der 
durch eine besondere che 
mische Substanz vorge 
heizt wird. Sie werden 
meist zusammen mit 
Sprengbomben abge 
worfen und erzeugen so 
fort auflodernde, schwer 
zu löschende Brände. 
Die besondere Auf 
gabe derJnfanterieflieger 
und Schlachtflieger, die 
der stürmenden Infan 
terie tatkräftig eingrei 
fend helfen sollen, hat 
dazu geführt, diesenFlug- 
zeugen besondere Bom 
ben mitzugeben, die mit 
der Hand abgeworfen 
werden und, da sich die 
Infanterieflieger in ganz 
geringer Höhe aufhalten, 
recht genau gezielt wer 
den können und in feind 
lichen Gräben und Unter 
ständen großen Schaden 
anrichten. Außerdem hat 
man den Schlachtfliegern 
schwere Wurfminen, wie 
sie sonst von Minenwerfern benutzt werden, mitgegeben, um 
durch die große Sprengladung Zerstörungen fest gebauter 
Unterstände zu erreichen. 
Es ist heute noch nicht abzusehen, wie weit die Anwen 
dung des Flugzeuges als Waffe führen wird. Der Krieg 
hat bewiesen, daß sie zu Lande und zu Wasser fast unbegrenzt 
ist, und daß das deutsche Flugwesen gegen einen zahlen 
mäßigüberlegenen Gegner mit hohen Ehren besteht. Und man 
kann sicher sein, daß mit der weiteren Entwicklung des Flug 
wesens die deutschen Fliegerwaffen Schritt halten werden. 
Ein Kaiserschütze stößt einen Italiener im 
Kampse in eine Randspalte (Tonalegebiet). 
(Hierzu das obenstehende Bild.) 
Wenn der Abend über die Berge kommt, naht er wie ein 
Märchen. Wie lodernde Flammenzungen in unaufhör 
lichem Wechsel, bald aufleuchtend, dann wieder halb er 
löschend, langsam ersterbend in rosigen und violetten Tönen» 
wandert es über die firngekrönten Zacken, die Großartigkeit 
und Erhabenheit der kommenden halbhellen Bergnacht 
kündend. — Schweigend saß Patrouillenführer G. neben mir 
am Rande einer zerklüfteten, smaragdgrünen Gletscherspalte 
beim Corno scuro. „Gehn mer!" (Gehen wir) sagte er 
plötzlich, und fast erschrak ich über den tiefgründigen Blick, 
mit dem er mich ansah. Dann erzählte er mir, was noch 
niemand wußte. Vor fünf Tagen hatte er wieder einmal 
einen seiner einsamen „Spaziergänge" gemacht, um nach 
den Welschen zu schauen. Hier oben, etwas über der 
Spalte, im Schatten eines vorspringenden Felsens stand 
er verschnaufend, einen „Tschick" (Kautabak) nehmend, und 
seine Gedanken eilten mit 
den kleinen Silberwolken 
nordwärts ins Klostertal 
zu den Seinen. Da — 
hatte er wirklich jetzt ein 
knirschendes Geräusch ge 
hört, oder war's nur das 
„Ahnen" einer drohenden 
Gefahr? Halb unbewußt 
machte er eine rasche 
Drehung gegen den Fels 
vorsprung, und auf drei 
Schritte sah er sich einem 
Alpino gegenüber. 
Nur einen Augenblick 
starrten sie sich an —dann 
ging's ums Leben. Ein 
Satz des Patrouillenfüh 
rers, ein Schrei des Ita 
lieners, und ein unheim 
lich lautloses Ringen be 
gann. Ein jeder versuchte» 
den anderen am Gebrauch 
des Gewehrs zu hindern. 
Katzengeschmeidig wand 
sich der Welsche, um sich 
aus dem eisernen Griff 
des Älplers zu befreien. 
Keuchendes Atmen — 
leises Klirren und Klap 
pern gegeneinander 
stoßender Metallteile, der 
Schnee ächzte knirschend 
unter dem wilden Ge 
stampf der beiden Män 
ner. Plötzlich sah G., am 
Kopfe des Gegners vor 
überblickend , die grüne 
Spalte schimmere. Auf 
Manneslänge waren sie 
ihr im Geraufe nahe ge 
kommen. Sollten sie alle 
beide dahinunter in das 
kalte Grab? Nein! — 
nur - das nicht! Er hatte 
ja eine Frau zu Hause, 
die sich sorgte, und vier 
Kinder,die auf den Vater 
warteten. Ein gewaltiger 
Ruck und ein blitzschneller Stoß mit dem freibekommenen 
Gewehr gegen die Brust des Feindes. Der Alpino tau 
melte und griff nochmals mit beiden Händen nach ihm —• 
er griff in die Luft. Rücklings mit ausgebreiteten Armen 
verschwand er in die gähnende Tiefe. 
Den Todesschrei des Besiegten hörte Patrouillenführer 
G. nicht mehr. Klappernder Steinschlag vom Corno scuro 
weckten ihn aus der Betäubung. Drei Brocken Schnee 
warf er noch in die Tiefe und betete dabei um die 
„ewige Ruh" für den Toten und dann — wollte er nicht 
mehr daran denken. Heute aber, sagte er, habe ihm 
der goldene Abend weich ums Herz gemacht, und er habe 
plötzlich daran denken müssen, ob der „Andere" nicht 
auch vielleicht Frau und Kinder daheim habe, und da 
hab' er's nicht mehr ausgehalten bei dem „grüseliga Loch" 
(grauenhaften Loch) und hab' mir's erzählen müssen, um 
wieder ruhiger zu werden. 
Ein Kaiserschütze stößt einen italienischen Alpino im Kampf ln eine Randspalte 
am Corno Scuro im Tonalegebiet. 
Nach einem Originalgemälde des Krtegsmalers und Standschutzenlentnants Hans Bertle.
	        
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