Deutsche Munitionskolonne auf dem Vormarsch zur Marne in schwierigem Gelände.
Die Geschichte des Weltkrieges 1914/18.
«Fortsetzung.)
An der Westfront verlängerten die Deutschen ihre an
die Marne (siehe untenstehendes Bild) angelehnten Linien
auf 25 Kilometer und überschritten dann auch den Fluß,
um die Franzosen zur weiteren Zersplitterung ihrer Be
reitschaften zu zwingen. Zweiundzwanzig Leiterbrücken
legten sie trotz feindlicher Gegenwirkung über den Fluß;
nur vier davon konnten die Franzosen durch Eranatseuer
zerstören. Ein preußisches Bataillon überschritt die Marne,
besetzte den Damm der strategischen Bahn im Marnetale
und nistete sich an geeigneten Punkten mit Maschinen
gewehren zur Verteidigung ein. Auf Kraftwagen eiligst
herbeigeführte Jägerabteilungen, abgesessene französische
Dragoner und amerikanische Reiterei warfen sich auf das
kleine Häuflein der Deutschen, das den Fluß überschritten
hatte, und drängten es unter schweren eigenen Verlusten
wieder auf das Norduser der Marne zurück.
Am 2. Juni verloren die Feinde nördlich von der Aisne
in harten: Grabenkampf ihre Ausnahmestellungen und
wurden auf Moulin sous Touvent—St. Christophe—Mngre
zurückgeschlagen. Südwestlich von Soissons fiel Chaudun,
gleichzeitig überschritten die Deutschen den Caviöresgrund
und stießen bis an den Ostrand der großen Wälder von
Villers-Cotterets vor. Südlich vom Ourcq scheiterten
französische Angriffe im Feuer der Deutschen, die auch die
Höhen westlich von Chateau-Thierry gewannen. Ihre
Front bildete nun eine Zange, die Soissons im Norden
und Süden gefahrdrohend umfaßte. Die Franzosen boten
am nächsten Tage alles auf, um sich aus dieser mißlichen
Lage zu befreien; namentlich zu beiden Seiten des Ourcq-
flusses gingen sie unter Aufbietung zahlreicher Panzerwagen
und Kampfgeschwader immer wieder zum Sturm vor.
Es gelang ihnen jedoch nicht, ihre Gegner zu verdrängen,
sondern sie mußten selbst noch weiter zurückweichen. Die
Deutschen stürmten die Höhen von Vaurbuin und jene west
lich von Chaudun (siehe Bild Seite 356/357), nahmen das
Städtchen Pernant und warfen den Feind in die Linie Le
Soulier—Dommiers zurück. Außer Gelände büßten die
Franzosen dabei auch einige Tausend Gefangene (siehe die
Bilder Seite 355) und zahlreiche Batterien ein. Der Bahn
knotenpunkt Villers-Cotterets, der dem General Foch günstige
Gelegenheit zur Herbeiführung neuer Divisionen geboten
hatte, die dann unter dem Schutz der großen Wälder auch
leicht an die Kampffront geschafft werden konnten, lag
nun unter schwerem deutschem Feuer. Auch auf dem Süd
ufer der Aisne wurden die Franzosen aus dem Abschnitt
von Soissons noch weiter südwestlich abgedrängt; sie mußten
auf Ambleny—Cutry zurückgehen und verloren ihre Stel
lungen nördlich von Dommiers.
Die Deutschen verzichteten nun zunächst auf weiteren
Eeländegewinn und beschränkten sich am 5. Juni auf
Stellungsverbesserungen, die sie westlich von Pontoise,
nördlich von der Aisne und am Savisresgrunde durch Weg
nahme feindlicher Erdwerke erzielten. Tags darauf wurden
südöstlich von Sarcy nach ausgiebiger Artillerievorbereitung
noch die französischen Linien beiderseits der Ardre genom
men, wobei über dreihundert Gefangene den Deutschen in
die Hände fielen. Mittels heftiger Gegenangriffe versuchten
die Feinde am folgenden Tage, das verlorene Gelände
zurückzugewinnen, was ihnen aber nur zu einem geringen
Teil gelang; die Vorstöße englischer, französischer und
amerikanischer Regimenter wurden im übrigen von den
Deutschen kräftig abgeschlagen.
Ihr dritter großer Hauptschlag an der Westfront hatte
den Deutschen wieder ganz bedeutende Fortschritte bei
durchaus mäßigen Mannschaftseinbußen gebracht. Um so
größer waren letztere bei den Feinden. Seit dem 27. Mai
hatte die Heeresgruppe des Deutschen Kronprinzen über
55 000 Gefangene gemacht, worunter sich über 1500 Offi
ziere befanden. Dazu wurden mehr als 650 Geschütze und
weit über 2000 Maschinengewehre erbeutet. Die Eesamt-
beute der Deutschen in den drei großen Unternehmungen
seit dem 21. März belief sich damit auf 185000 Gefangene,
über 2250 Geschütze, darunter sehr viel schwere, und
viele Tausende von Maschinengewehren. Der Gewinn an
anderem Kriegsgerät war noch gar nicht zu überblicken
und abzuschätzen. Mit englischen Sturmwagen, die zahlreich
erbeutet wurden, konnten die Deutschen zeigen, was die
Tankswaffe (stehe Bild Seite 358) bei geschickter Einsetzung
und rücksichtsloser Führung zu leisten imstande ist. Berge
von Munition, Kleidungstücken und Nahrungsmitteln,
sowie sehr viele Fahrzeuge, ganze Proviantzüge (siehe Bild
Seite 355 oben) im Gesamtwerte von vielen Millionen
VIII. Band.