Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Achter Band. (Achter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
Phot. Berl. Jllustrat.-Gef. m. b. H. 
Alexander Marghiloman, 
wurde als Nachfolger Averescus zum 
rumänischen Ministerpräsidenten er 
nannt mit der Aufgabe, die Friedens 
verhandlungen zum Abschluß zu 
bringen. 
im Interesse der Allgemein 
heit unbedingt nötig ist. Der 
Franzose hat es sich in den 
Kopf gesetzt, uns diese Stel 
lung zu entreißen. Auf die 
geringe Breite von noch nicht 
zwei Kilometern hat er schät 
zungsweise hundertBatterien 
zusammengezogen. Der Feind 
ist stark. Aber wir sind noch 
stärker. Schon allein deshalb, 
weil jeder von euch seine 
Soldatenpflicht in einer Weise 
erfüllen wird, wie es unsere 
Gegner trotz ihrer achtens 
werten Tapferkeit gar nicht 
kennen." 
Eine feuchtkalte, trübe 
Nacht. Ein unaufhörlicher, 
mit Schnee untermischter 
Regen hat in den letzten 
Tagen die Wege grundlos ge 
macht. Schwer stoßen und 
schwanken die Wagen durch 
das Dunkel. An den gespen 
stischen Ruinen zerschossener Dörfer vorbei. Lange dauert 
die Fahrt. Die Kälte kriecht tiefer und tiefer in ihre Glieder, 
schauert über den Körper hin, macht die Hände steif und die 
Füße gefühllos. Ihre Stahlhelme und Waffen klirren und 
stoßen gegeneinander. Der heftige Wind bläst Funken von 
den roten Elimmpunkten ihrer Zigaretten. Selten fällt ein 
Wort. Nur bei allzu kräftigen Stößen des Wagens ein 
Hoho, ein Lachen oder eine Mißfallensäußerung. Schwei 
gend und ruhig liegt vor ihnen die Front. Vereinzelte 
schwere Granaten rauschen über ihren Köpfen hin. Seltene 
Leuchtkugeln spähen blinzelnd über die Höhen in die Täler 
und Schluchten der Champagne. 
Es sind Männer unter ihnen, die seit Beginn des Krieges 
an der Front stehen. Gewohnt ist ihnen dies alles wie der 
Alltag. Friede und Hsimatseligkeit liegen fern gleich halb- 
verschollenen Erinnerungen. Aber es hat sie nicht stumpf 
gemacht. Nur zähe und furchtlos. Ob diesmal eine Granate, 
eine Maschinengewehrkugel auf sie wartet? Sie wissen es 
nicht und wollen es nicht wissen. Sie wissen nur, daß die 
Wetterecke wiedergewonnen 
werden muß. Mutz! Sonst 
wird ein weiterer Angriff nö 
tig und noch mehr Blut muß 
fließen. Darum handelt es 
sich. Nicht darum, wie es 
ihnen ergehen wird. 
Zwei Stunden später sind 
sie, durch knietiefen Cham 
pagneschlamm watend» im 
Graben. Dort finden sie alle 
Unterstände überfüllt. Auf 
den Stollenstufen liegen Ka 
meraden, hocken und lehnen 
im Graben — schlafend. Un 
geheures an Arbeit in zähem 
Erdulden aller erdenklichen 
Unbilden der Witterung ha 
ben sie bei steterÄlarmbereit- 
schaft in den letzten Tagen 
geieistet. Sie haben die zer- 
trommelten Gräben wieder 
ausgebessert, neue Drahthin 
dernisse gezogen, halbver 
schüttete Unterstände wieder 
ausgegraben, Tote beerdigt 
und alle Vorbereitungen für 
den neuen Angriff getroffen. 
Immer von plötzlichen Feuer- 
überfällen des Feindes be 
droht, der in jedem Schuß 
den Beginn des deutschen 
Angriffes vermutete. 
Vier Uhr! Überall stehen 
die Angriffstruppen in den 
Gräben bereit. Mächtige 
Spannung in ihren Bewe 
gungen! Sehen sie doch an 
allem, was um sie vorgeht, 
die Bedeutung dieses Angrif 
fes. Da ist nichts vergessen, 
an die geringfügigsten Klei 
nigkeiten ist gedacht worden. 
Ein Kunstwerk ist dieser An 
griff, in das sie sich mit allen 
ihren Fähigkeiten einzuglie 
dern haben. 
Noch immer ist es ruhig. 
Nur ganz vereinzelte Schüsse 
fallen. Da und dort kleckern 
ein paar Maschinengewehre 
und brechen schon nach ein 
paar Schuß wie erschrocken ab. 
Dann beginnt es in ihrem 
Rücken zu wetterleuchten. 
Das Mündungsfeuer der 
deutschen Geschütze, die die 
feindliche Artillerie zu be 
kämpfen haben. Langsam 
und zähe fallen die Schüsse. 
Mer ununterbrochen. Noch 
schweigt der Feind. Dann aber steigen kurz nacheinander an 
verschiedenen Stellen die bekannten Sperrfeuerzeichen auf. 
Unmittelbar danach kommt es angeheult und angebraust. 
Ringsum reißt sich das grelle Aufzucken der Granateinschläge 
aus. der Nacht. Mehr und mehr steigert sich das Feuer. 
Ein betäubender Lärm erhebt sich. Da! Ein Treffer in 
die Nachbarkompanie! Und jetzt auch bei ihnen ein paar 
Tote! Dann hagelt es hernieder: Sprengstücke, Steine, 
Schlamm, Erdbrocken — sie sind mitten in einer Hölle von 
zerberstendem Stahl. Deckung nehmen, so gut es geht! 
Mer die zerschossenen Gräben gewähren nicht viel Schutz. 
Auch sind sie bis über die Knie voll Schlamm. Aber 
keiner denkt daran, sich von seinem Platze zu entfernen. 
Nur den Augenblick sehnen sie herbei, wo sie vorwärts 
stürmen dürfen. Hinaus aus dieser Qual des wehrlosen 
Stillhaltens in dem immer dichteren Feuer des Feindes. 
Eine Leuchtkugel nach der anderen steigt auf. Von 
Zahllosen, hell flimmernden Sonnen gießen sich Fluten 
General Averescu, 
der in der Übergangsregierung als 
rumänischer Ministerpräsident die 
Vorfriedensverhandlungen geführt 
hat. 
fahlen Lichtes über sie aus. 
MW 
Phot. Bild- und Film-Amt. 
Offiziere der 1. ukrainischen Division. 
Fast taghell ist es geworden. 
Ein großartiges Bild! Wo 
hin sie sehen, überall stehen 
in den Gräben dichtgedrängt 
die Angriffskompanien. Ihre 
Stahlhelme spiegeln das Licht 
der Leuchtkugeln wider. Und 
dieses Bild umzuckt hier, 
dort, überall von den auf 
spritzenden Feuergarben der 
Granateinschläge. An ver 
schiedenen StellenBewegung. 
Da hat es Verwundete ge 
geben, die zurückgebracht wer 
den. Gott sei Dank! dort 
drüben scheinen die Kompa 
nien vom Sperrfeuer nicht er 
faßt! Es liegt hinter ihnen 
und trommelt heftig immer 
auf dieselbe Stelle. 
Endlich! Kompanie, 
Marsch! Wie mit abströmen 
der Flut entleeren sich die am 
Hange gelegenen Gräben. 
Wohin man sieht, wogt der 
Menschenstrom in die Mulde 
hinab. Auf einen riesigen 
Feuerwall zu» in den jetzt 
durch ein gewaltiges deut 
sches Feuer die ersten fran 
zösischen Gräben verwandelt 
sind. Erdbrocken und Splitter 
der eigenen Geschosse trom 
meln auf ihre Stahlhelme 
nieder. Das weite Tal hallt 
von dem Rattern und Tacken 
zahlloser Maschinengewehre»
	        
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