Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Achter Band. (Achter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
175 
phalen Zusammenbruch am Jsonzo jegliche Herrschaft ver 
loren hatte, war es unmöglich, die großen Arsenale und 
Magazine in Udine noch rechtzeitig vor dem Eintreffen des 
Feindes zu räumen. Längs den Straßen lagen zahllose, 
schwer beladene Wagen» Lastauto, ganze Berge von Waffen 
und neuen Ausrüstungstücken. In den Vororten Udines 
dasselbe Bild des Zusammenbruches und der Auflösung. 
Dichte Rauchwolken lagerten über der Stadt; die ab 
ziehenden Italiener hatten noch einige Magazine und 
Munitionsniederlagen in Brand gesteckt und in die Luft 
gesprengt, um den wertvollen Inhalt nicht in die Hände 
des Feindes fallen zu lassen. Aber dieser war dem Gegner 
so hart auf den Fersen» daß das Zerstörungswerk nur zum 
kleinsten Teil durchgeführt werden konnte. Noch wälzten 
sich fliehende Haufen durch die Straßen der von der Zivil 
bevölkerung aus unangebrachter Furcht vor den deutschen 
„Barbaren" Hals über Kopf geräumten Stadt Udine, als 
schon vor den alten Mauern der ehemaligen Befestigungs 
werke die ersten Feldgrauen erschienen. Nur wenige Nach 
alle deutschen Lande bis zum Rhein wurden erobert, erstere 
durch den Frieden von Campo Formio 1797 Frankreich 
einverleibt. Napoleon Bonaparte, damals Erster Konsul, 
gewann im Frieden von Lunöville 1801 die deutsche Rhein 
grenze für Frankreich. 
Dann endlich nach langen Jahren des Kriegselends 
ein anderes Bild. Napoleon bei Leipzig geschlagen; 
Blücher ist in der Neujahrsnacht 1813/14 bei Laub über den 
Rhein gegangen, mit dem alten Marschall Vorwärts fliegen die 
Herzen der deutschen Vaterlandsfreunde, eines E M. Arndt, 
eines Görres und anderer: „Der Rhein wieder deutsch und 
soll deutsch bleiben!" Selbstverständlich war es für alle 
wahrhaft deutschen Männer, ihnen voran für Blücher, 
daß Frankreich nun auch das geraubte Elsaß und Straß 
burg wieder herausgeben müsse. Aber die Erbärmlichkeit 
der deutschen Vielstaaterei und die undeutsche Politik 
Metternichs verdarben alles. Nachdem die Verbündeten 
! am 31. März 1814 in Paris eingezogen waren, kam am 
! 30. Mai der Friede zu Paris zustande. Der großen Ge- 
■■R 
Auf eitler italienischen Rückzugstraße bei St. Daniele am Tagliamento. 
Nach einer Originalzeichnung des Kriegsmalers Albert Reich, München. 
zügler blieben zurück und feuerten, sich hinter den allent 
halben am Wegrand liegenden umgestürzten Wagen deckend, 
auf den näher und näher kommenden Feind. Die all 
gemeine Flucht ritz schließlich auch sie mit fort, und wenn 
sie von den Kugeln verschont blieben, fielen sie auf dem 
Rückzug als Gefangene in die Hände der Sieger. Der Tag 
von Udine, wo Italiens Waffenehre verloren ging, war 
der Tag der Rache für den schnöden Verrat, den Viktor 
Emanuel an seinen alten Bundesgenossen begangen hatte. 
Die französischen Kriegsziele in geschicht 
licher Beleuchtung. 
Von R. v. Crueger, Generalmajor z. D. 
«Schluss,, 
Nach Ausbruch der französischen Revolution ging Frank 
reich, um auch andere Völker niit seinen neuen Ideen be 
glücken zu können, schon im Jahre 1792 zur Eroberungs 
politik über und nahm damit die Pläne Ludwigs XIV. 
wieder auf. Die österreichischen Niederlande (Belgien) und 
wandtheit Talleyrands gelang es gegenüber der unbegreif 
lichen Nachgiebigkeit des Kaisers Alexander von Rußland 
und der Eifersucht Österreichs auf Preußen, daß Frankreich 
gegen die Grenzen von 1792 um hundert Eeviertmeilen 
größer und eine Million Einwohner stärker aus den Kriegen 
hervorging. Die preußischen Bevollmächtigten, die einzigen, 
die große deutsche Ideen vertraten» hatten es bei der all 
gemeinen Rücksichtnahme auf Frankreichs Interessen gar 
nicht einmal gewagt, die Rückgabe von Elsaß-Lothringen 
an Deutschland zu beantragen. Und so mußte denn Frank 
reich noch nicht einmal alle im Frieden von Lunöville er 
beuteten deutschen Landstriche zurückgeben. 
Auch der nach Napoleons Herrschaft der hundert Tage 
und seinem Zusammenbruch in der Schlacht von Belle- 
Alliance am 20. November 1815 zu Paris geschlossene 
zweite Friede änderte kaum etwas an den: traurigen Er 
gebnis. Die von Preußen nunmehr dringend geforderte 
Rückgabe von Elsaß-Lothringen scheiterte am Widerstände 
Metternichs. Ja, selbst die ins französische Elsaß ein 
gesprengten, 1790 noch deutsch gewesenen Gebiete (ein 
Fünftel des Landes) blieben bei Frankreich. Der preußische
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.