Volltext: Der Feldzug in Polen (6 / 1915)

„Bleibt nur hier und schießt immer drauf los, wir gehen 
nur auf einen Augenblick zurück, um Verstärkungen zu ho¬ 
len", haben sich aber dann nicht wieder blicken lasten. Die 
Tendenz, sich gefangen zu geben, war außerordentlich groß, 
obwohl die Rüsten große Angst vor uns hatten. Sie freu¬ 
ten sich unsäglich, daß ihnen nicht die Hälse abgeschnitten 
wurden: Typische Bewegung mit der Hand um den Hals 
und flehentliche Abwehrbewegung; die Offiziere hatten 
ihnen tatsächlich gesagt, die Deutschen schnitten allen Gefan¬ 
genen den Hals ab. Einer sagte: „Wenn die anderen wü߬ 
ten, wie gut eö uns hier bei euch geht, würden sie alle her¬ 
überkommen." Ein Gefreiter wurde von 22 Rüsten gefangen 
und von einem, der Deutsch verstand, ausgefragt. Er nahm 
den Mund mächtig voll, wir hätten eine ungeheure Ueber- 
macht hinter uns, und in wenig Tagen würden die Rüsten 
gänzlich besiegt sein. Da hielten die 22 einen Kriegsrat ab 
und ergaben sich alle an den einen Gefreiten, der sie im Tri¬ 
umph mit sich führte. 
Ich glaube, daß die Russen in einem Begegnungsgefecht, 
wo sie unverfchanzt sind und die Entfernungen nicht ausge¬ 
messen haben, noch viel schwächlichere Gegner sein müssen. 
Die Kunst, sich zu verschanzen, ist eben doch im Grunde eine 
nichtige Kunst, und der Drang nach vorwärts, von dem, wie 
wir bewiesen haben, selbst unsere Landwehrleute beseelt sind, 
und dessen Art und Bedeutung ich jetzt erst begriffen habe, 
überwindet jeden Widerstand. Aber der liegt im Blut und 
ist nicht erlernbar. Alle Fürchterlichkeiten und Anstrengungen 
der Schlacht sind vergessen, es bleibt nur das Gefühl, etwas 
ganz Großes, Unerhörtes erlebt zu haben: Im Anfang war 
die Kraft. 
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