Volltext: Der Feldzug in Polen (6 / 1915)

das hilft nichts. Wie Hasen werden sie abgeschossen. Neben 
unS liegen die . . . und . . ., die in der Nacht eintrafen. 
Laute Bravos folgten jedem Meisterschuß der . . . Unser 
Major schießt auf 600 Meter Entfernung mit 5 Schuß 4 
Russen nieder. Die ganze Linie ruft Hurra. Ich liege mit 2 
Mann als rechte Seitendeckung auf dem Flügel, habe 17 
Patronen verschossen, sie haben ihre Schuldigkeit getan. Der 
Mensch wird zum Tier. Wieder beginnt's bereits gegen 4 
Uhr zu dunkeln, da endlich kommt Ablösung. Seit 52 
Stunden im Regen, nichts gegessen, als einige den toten 
Russen abgenommene steinharte Stücke Brot. Mit Behagen 
habe ich eine kleine Pfeife mit ebenfalls aus einem russischen 
Tornister genommenen Tabak geraucht, alles andere Rauch- 
werk ist feit Wochen alle. Immer wieder versuchen die Russen 
durchzudringen, immer wieder werden sie zurückgeschlagen. 
Seit gestern haben wir teilweise Ruhe, sind aber immer 
sturmbereit. Die Brigade, einst 9000 Gewehre stark, 
zählt heute nur 4000 Mann. Der General muß der Divi¬ 
sion melden, daß seine Truppen völlig erschöpft sind. — Un¬ 
ser Hauptmann, zwei Leutnants und ein blutjunger Offizier¬ 
aspirant sind gefallen. Manch lieben Kameraden und guten 
Freund betrauern wir. Auch ich habe heute verschiedene An¬ 
gehörige benachrichtigt, und es sind dies wohl die traurigsten 
Briefe gewesen, die ich jemals schrieb. Dies unsere letzten 
Erlebnisse. Wir wissen, was der Krieg ist, und wohl niemals 
hat Berta von Suttners Ruf: „Die Waffen nieder" Men¬ 
schen eindringlicher vor Augen gestanden, als nach diesen Ta¬ 
gen. 
Was nun kommt, wissen wir noch nicht. Morgen soll der 
Sturm auf die Festung beginnen, und wieder wird viel Blut 
fließen. Keiner weiß, ob er am nächsten Tage die Sonne noch 
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