Volltext: Der Feldzug in Polen (6 / 1915)

Abwechselnd ging es dann bis an die Brust durchs Wasser, 
oder knietief im morastigen Sumpf, aber wir kamen durch. 
Der Tag verging, wir wurden von den Russen stark be¬ 
drängt, hielten uns aber in einer Stellung bis zum Abend, 
dann machten wir, um einen russischen Sturmangriff abzu¬ 
wehren, einen Gegensturm in einem mit dichtem Unterholz 
bestandenen Sumpf, wo wir bis an die Knie im Wasser 
und Morast wateten. Etwas Fürchterlicheres, als dieses 
Handgemenge in dem dunklen Busch kann man sich gar nicht 
denken. Ich hätte nicht geglaubt, daß IO Mann heil heraus¬ 
gekommen wären. Ein Russe hält mir sein Gewehr auf die 
Brust, ich brülle den Burschen an, daß er sein Gewehr fallen 
läßt. Zum Schießen war's für mich zu spät, also Hirschfän¬ 
ger durch. Ein anderer schlägt auf drei Schritt auf mich an. 
Ich war rascher. Lautlos versinkt der Gegner im Sumpf. 
Wer weiß, vielleicht betrauert auch ihn eine Mutter oder 
eine Frau. Die ganze Nacht lagen wir nun im Anschlag. 
Zu sehen war niemand mehr. Dabei regnel's Strippen. 
Ab und zu ein Rascheln im Busch, ein Schuß, dem meistens 
ein Aufschrei des Getroffenen folgt. Der Morgen bricht an, 
der Mittag kommt, immer noch regnet es, nnd wir liegen drek- 
kig, durchnäßt und vor Frost schauernd im Sumpf. Ein 
Kamerad muß fortgebracht werden, das Fieber läßt ihn irre 
reden. Dutzende von uns sind gefallen. Ein uns allen lieber 
Kerl kommt mit zerschossenem Arm angekrochen. Er hat, nach¬ 
dem ihm die Russen alles, Uhr und Geld, abgenommen ha¬ 
ben, 12 Stunden im Wasser gelegen, er steht nicht mehr wie 
ein Mensch aus. Alle erfaßt unsäglicher Grimm, und wo ein 
Russe in seinem graugrünen Kittel kaum erkennbar sich zeigt, 
macht eine Kugel ihm den Garaus. Die Kerle hatten sich 
teilweise die Tschakos unserer Gefallenen aufgesetzt. Auch 
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