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Nach dem Taufnamen einer wichtigen Persönlichkeit, etwa des Grundherrn oder des Leiters
der Rodungsarbeit erhielt das neue Dorf den Namen, zum Beispiel Dietrichschlag,
Bemhardsschlag, Daffetschlag (David) usw. Sogar das scheinbar selbstverständliche Wort
Waldschlag geht auf einen Taufnamen Walich zurück; es heißt nämlich im 15. Jahrhundert
Walichslag. Kammerschlag südlich Kirchschlag besagt vielleicht in seinem Namen, dass die
Einkünfte von dorther der Kämmerei, wahrscheinlich des Stiftes Wilhering, abgeliefert
werden mussten 2 .
Nach 1200 sind solche Rodungen auch urkundlich nachweisbar. 1206 erscheint der Name
Mitterschlag und Wilhering erhält durch Bischof Manegold von Passau gelegentlich eines
Zehenttausches in der Pfarre Gramastetten auch den Zehent jener Neubrüche, die es selbst
anlegt. Ebenso verleiht derselbe Bischof 1212 dem Gundakar von Stehr die Zehente der
Rodungen um Wildberg, wahrscheinlich in der Richtung nach Kirchschlag und Hellmonsödt.
1264 war Ulrich von Lobenstein fertig mit der Anlage so vieler Dörfer, dass er für sie Zwettl
als Filialpfarre gründen konnte. Ein Menschenalter früher hatte sein Vater weiter südlich,
vielleicht um Lobenstein und Innemschlag, Platz für Siedlungen geschaffen. Wilhering
scheint den Siedlungsraum in Kammerschlag, Grebling, nördlich davon in Neustift, in den
zwei Gengen längs der mittleren Rodl, in Schefeck und Saumstraße erweitert zu haben. Die
bedeutende Meereshöhe des Klosterwaldes bei Eidenberg (700 bis 900 Meter) verhinderte
ausgiebigere Besiedlung, da man im vorhinein einen schlechten Ertrag vom Ackerlande
erwarten musste. Die Frage, woher die neuen Ansiedler berufen wurden, führt zur
Besprechung einer merkwürdigen Erscheinung in der Umgangssprache. Der neue
Rodungsbezirk im nördlichen Mühlviertel unterscheidet sich im Dialekt auffällig vom
südlicheren Gebiete der Einzelsiedlungen. In der jetzigen Pfarre Gramastetten sagt man
durchwegs keon, reot, verleosn für Korn, rot verlieren. Im nördlichen Gebiet der Reihendörfer
lauten diese Worte Koin, roit, verloisn. Die Einheimischen achten recht gut auf diese
sprachlichen Verschiedenheiten; ein Gramastettner erkennt einen Leonfeldner sofort an der
Sprache und sagt, „der ist von drinnen“. Diese verschiedene Aussprache dient oft als Mittel,
einander in harmloser Weise zu necken. Es gibt gewisse Übergangsgebiete mit gemischter
Sprache, z.B. südlich der Orte Obemeukirchen und Traberg; aber manchesmal ist die Grenze
ziemlich scharf. In Mitterfeld westlich Neukirchen spricht man Koin usw., in der Reindlsedt,
eine Viertelstunde weiter südlich, dagegen schon Keon.
Der Unterschied stammt wahrscheinlich aus der Rodungszeit. Es wurden damals fremde
Leute ins Land berufen, die zwar Deutsche waren, aber nicht genau dieselbe Ausdrucksweise
hatten wie die altbayerischen südlicheren Bewohner; trotz jahrhundertlanger Nachbarschaft
trat keine vollständige Angleichung ein. Die Einwanderer könnten Franken oder deutsche
Steirer gewesen sein.
Die neuen Ankömmlinge standen von Anfang an in einem Untertänigkeitsverhältnis zu den
Grundherren, von denen sie eingeladen waren. Die Grundherrschaft übte über sie die
Gerichtsbarkeit in kleineren Vergehen aus, war für sie Polizei, Steueramt, Vormundschaft,
Verlassenschaftsgericht. Die Bewohner der Südhälfte von Gramastetten kamen erst
allmählich in diese Abhängigkeit. Hier gab es bis etwa in das 15. Jahrhundert noch vereinzelt
freie Leute, die nur den Landesfürsten als Herrn über sich anerkannten. Solche Freie waren
die Herren von Dobl (Doppler auf der Dopplstraß), die Halser, Allersdorfer, Geitzesstetter,
Asenbaum, Hametner, Mühlberger, Vorholzer zu Edt bei Eidenberg, die Lichtenberger zu
Lichtenberg, zwei noch nicht bestimmbare Familien von Rotenfels und Rotenheim, ferner die
Biber, nach denen Biberau und Biberstein benannt ist, die Kämmerer und die Bemdorfer.
2 K. Schiffmann. Das Land ob der Enns, S. 108