Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

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Longwp nach öer Uebergabe. 
2. September 1914. 
^^ndlich hatte ich Zeit und Fahrgelegenheit, um Longwy zu besuchen. Mit 
^ dem Auto sausen wir durch Difserdingen, auf dessen Höhen die Tod und 
Verderben speienden Belagerungsgeschütze ihre Aufstellung gefunden hatten, an 
Rodingen vorbei über Mont-Saint-Martin, und endlich liegt vor uns Longwy. 
Sobald wir Mont-Saint-Martin in Sicht bekamen, konnten wir schon 
aus der Ferne an einzelnen Häusern die Spuren der Granaten bemerken, die 
dort ihren unheimlichen Besuch abgestattet hatten. Von einem hohen Schlot 
gähnt uns eine Oessnnng entgegen, durch welche ein solch unliebsamer Gast 
seinen Weg genommen. Sonst hat Mont-Saint-Martin, wo sich die ersten 
großen französischen Hüttenwerke befinden, wenig gelitten. 
Kaum haben wir Mont-Saint-Martin hinter uns, verkünden uns von 
Longwy-Bas, noch mehr aber von Longwy-Hant zersplitterte Baumreste, die 
trostlos über Häuserruinen emporragen, daß die Granaten, die dort einge- 
schlagen haben, ihr Werk der Zerstörung gründlich durchgeführt haben. An 
der Kirche ist die Turmspitze zertrümmert. Die Wohn- und Wirtshäuser find 
geschlossen. Vor denselben sieht man Frauen, Kinder und meist nur alte 
Männer, die wie geistesabwesend und stumm vor sich Hinblicken. Solange die 
Beschießung von Longwy-Haut dauerte, d. h. etwa sechs Tage und sechs Nächte 
lang, saßen die Aermsten in den Kellern. Gelingt es, sie in ein Gespräch zu 
ziehen, läuft die Klage mit unter, daß die Franktireurs an so viel Leid die 
Schuld trügen und daß so viele Unschuldige für diese büßen müßten. 
Nachdem wir uns beim Generalkommando die Erlaubnis zur Besichtigung 
der Festung eingeholt hatten, ging's bergan nach Longwy-Hant. Tiefe Löcher 
in den Gärten und Straßen bezeichnen den Platz, wo die Granaten einge- 
schlagen haben. 
Nun sind wir oben an der Porte de France. Ein Haufen Steine liegt 
vor uns, der vor einigen Tagen noch das Städtchen mit der ganzen Eigenart 
der alten französischen Festung war. Links der Kirchturm von Longwy-Haut. 
Er ragt noch in seiner ganzen Höhe, wenn auch nicht mehr in seiner ganzen 
Breite über die Rasenböschung der Wälle herüber. Ein dicker Alleebaum ist 
durch eine Granate mitten entzwei geschnitten, der Stamm ist an der Bruch- 
stelle gerissen und gesplittert, daß er aussieht wie ein Riesenpinsel. Die 
Mauerwälle stehen noch, nur da und dort haben sie in der grauen Patina 
einen frischen gelben Schmiß. 
Das erste Tor der Porte de France ist ziemlich unversehrt, nur der obere 
Bogeusims hat eine Schramme weg. Die Oktroibude ist vollkommen nnver- 
sehrt und dient einem Dutzend Soldaten als Wachstube. Das runde Türmchen 
rechts hat einen Durchzieher quer über seine ganze Rundung herunter. Auf
	        
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