Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

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Kriegsweihnachten. 
fius öer Reichshauptstaöt, Dezember 1914. 
JHer Geist der Liebe hat für unsere Krieger im Felde draußen Weihnachts- 
freuden und Weihnachtspakete schier ohne Zahl geschenkt. War das ein 
Eifer der Nächstenliebe, als die oberste Heeresverwaltung die Zeit bekannt- 
gab, in der Weihnachtssendungen für die Truppen im Felde geschickt werden 
konnten! Die Kinder in den Schulen opferten ihre Sparpfennige zusammen, um 
wenigstens zu vier oder fünf vereint für einen Soldaten ein Weihnachtspäckchen 
schenken zu können. 
Draußen im Nordwesten Berlins kamen eines Abends müde und verfroren, 
aber doch strahlenden Gesichtes, ein paar Gassenjungen zur Polizei. Sie 
wollten ein paar Mark für die Soldaten im Felde abliefern. Als der Schutz- 
mann erstaunt nach dem Woher des „Vermögens" in den schmutzigen kalten 
.Händen der Jungen frng, erklärten sie stolz: „Wir haben auf den Höfen so 
lange gesungen, bis wir die paar Mark beisammen hatten. Bitte schenken 
Sie's den Soldaten im Felde." 
Vor den Kirchen und vor den öffentlichen Gebäuden hingen vielfach Be- 
hälter, in die jeder, der vorüberkam, sein Scherflein oder sein Geschenk zur 
Weihnachtsbescherung der Truppen werfen konnte. Die Skatbrüder am Stamm- 
tisch legten den Gewinn des Kartenspiels von manchem Abend zusammen, 
damit Weihnachtspakete für die Truppen davon gekauft werden konnten. In 
Vereinen verpflichtete sich jedes Mitglied, mindestens einem Soldaten, oft auch 
zwei und dreien ein Weihnachtspaket zu füllen und zu schenken. Besonders 
eifrig sammelten und packten und kauften die Frauen alles zusammen, und 
strickten und nähten und backten — alles, alles für die Truppen im Felde zu 
Weihnachten. Mit wahrem Scharfsinn wußten die Berliner Frauen den Liebes- 
eifer für unsere Truppen im Felde zu entfachen und zu organisieren. Die 
Beamteufrauen in den Aemtern trafen sich beim Minister oder beim Staats- 
sekretär, um dort wieder Weihnachtspakete zu füllen und zu schenken. Es wird 
wohl kein Haus in der ganzen Millionenstadt gewesen sein, aus dem nicht ein 
paar Weihnachtspakete und Weihnachtsgrüße auf die Schlachtfelder hinaus- 
gewandert sind. Und es ist nicht immer bloß der reale Wert, der mit einem Päck- 
chen ins Feld oder in den Schützengraben zieht. Wie manche Träne der Liebe 
rollte zwischen die sorglich ausgesuchten Gaben, wie mancher sorgenvolle Wunsch, 
wie manches stille Stoßgebet schlich sich zwischen die Zeilen des Weihnachtswunsches, 
den da eine liebende Hand auf die Gaben des Weihnachtspaketes steckte! 
Daneben bildeten sich eigens Organisationen, die den Kauf der Weihnachts- 
gaben und ihre Versendung an die Truppen gegen ein bestimmtes Entgelt 
(5 Mark) übernahmen. Bestehende Organisationen und große Unternehmungen, 
auch Zeitungen, stellten ihren großen Angestelltenapparat in den Dienst der 
Weihnachtsbescherung unserer Truppen. So häuften sich in den Postgebäuden 
in den Tagen des Weihnachtspaketversandes fürs Feld Berge von Paketen.
	        
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