Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

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nicht selten sieht man Proben von künstlerischem Schmiß darunter — hier 
an Hinrichtungen gewisser europäischer Potentaten vornimmt, setzt unwillkürlich 
die Lachmuskeln in Bewegung. Der Unterton ist bei allem die Komik, bei 
der selbst Galgen und Strang den gemütlichen Beigeschmack nicht verlieren, 
der sich auch z. B. in dem Vers zu erkennen gibt: „Nikolaus, dir geht die 
Puste aus." Es ist übrigens psychologisch überaus bezeichnend, daß der sog. 
Selbstherrscher aller Reußen sich im Unterbewußtsein unserer Soldaten im 
Handumdrehen als komische Figur festgesetzt hat. Daneben zeigen die Wagen 
massenhaft andere Proben gereimter und ungereimter Komik, wie: „Jeder Schuß 
ein Ruß, Jeder Stoß ein Franzos, Jeder Tritt ein Britt." Ein Blick auf die 
schweren, laugschäftigeu Reiterstiefel läßt die Ankündigung an die englische 
Kehrseite beinahe als das am wenigsten Verlockende erscheinen. Und wer 
kann noch ernst bleiben bei der trockenen „Bekanntmachung: Es werden noch 
Kriegserklärungen angenommen." 
Langsam setzt sich der Zug wieder in Bewegung. Mit strahlendem Dank 
in den Augen sür die treubesorgten Geberinnen, die schnell noch etwas Rauch- 
bares loszuwerden suchen, und einem scherzhaften Abschiedswort auf den 
jugendfrischen Lippen geht's von dannen. Aus jedem Wagen steigt ein anderes 
Soldatenlied in den glänzenden Sommertag. Lustig flattern die Tücher und 
Mützen Abschied winkend in der Luft, bis der Zug um die nächste Ecke 
verschwunden ist. Gott mit euch, ihr braven Jungens! Und daß er euch 
gesund zurückkehren lasse! Entschlossen schlucken wir das wehe Gefühl herunter, 
das sich da aus der Brust in die Kehle schleichen will. Die Arbeit drängt, 
denn bald wird ein neuer Zug da sein. So geht's bis tief in den dunkelnden 
Abend hinein. 
Im heiligen Köln. 
alte Stadt am Rhein, die Hüterin des Reiches gen Westen, hat ihre 
grauen Schleier abgelegt und steht eisern im blinkenden Panzerkleid. 
Noch geht wie immer zuvor die Hochflut wogenden Verkehrs durch ihre Straßen, 
noch zieht ruhig und breit der grüne Strom ihr zu Füßen mit rauchenden 
Schleppdampfern. Aber wie Trompetenstöße gellen die Fanfarenhupen der 
Militärautomobile, dumpf widerhallend stampft der Marschschritt kriegerischer 
Bataillone in den Straßen. Und wenn die Nacht sinkt, wenn man vom 
Warten auf die Kriegsnachrichten müde geworden ist und Mann und Pferd 
im Schlafe liegen, dann blitzen riesengroß die Scheinwerfer wie kreuzende, 
funkelnde Schwerter hoch am Himmel über der ruhenden Stadt. 
Das alte „hillige Eöln", in dessen grauer Erinnerung Römerschilde und 
Germanenklingen klirren, das den Kamps der Franken und Alemannen ansah, 
und an dessen Mauern kurfürstlicher Zwist und napoleonische Stürme bran- 
deten, ist heute wieder ein Stützpunkt im Kriege geworden. 
Als in der Dämmerung des ersten Augusttages der Krieg seine flammende 
Fackel über Deutschland hob, fühlte man das Wehen großer Ereignisse durch 
Thiffen, Mit Herz und Hand fürs Vaterland. 2
	        
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