Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

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hier ankamen, die bis dahin in den anderen Lazaretten gewirkt hatten. Der 
mit 30 Klemensschwestern zuerst in Fourmies und später in Le Breuil an 
der Marne tätige Franziskanerpater Beatus Alfter geriet in französische Ge- 
fangenschast. Er hatte sich in der schwierigen Lage sofort aus freien 
Stücken bereit erklärt, bei den Schwestern und Verwundeten auszuharren, als 
alles den Rückzug antrat. Die Schwestern wurden verhältnismäßig schnell, 
P. Beatus erst nach zwei Monaten freigelassen. Die Strapazen und Leiden 
der Gefangenschaft waren groß. 
Und nun zu meiner Hauptaufgabe: Am letzten August, dem Tage nach 
der mehrtägigen Schlacht bei St. Quentin, trafen wir hier ein, und sofort 
ging's an die seelsorgerlichen Arbeiten. Ich kam in den ersten Saal des 
Palais de justice, in dem etwa 60 Verwundete lagen. Der Bruder rief mich 
sofort zu einem schwer verwundeten und schon halb besinnungslosen Westfalen, 
dem ich soeben noch die h. Sterbesakramente spenden konnte. Ich will weiter 
eilen zu einem anderen Schwerverwundeten am Ende der Reihe, als der Nach- 
bar des elfteren inständig bittet: „Herr Pfarrer, kommen Sie doch zu mir 
und beten Sie mit mir". Als ick auf eine freundliche Anfrage hin erfahre, 
daß er evangelisch sei, erkläre ich mich sofort bereit, den französischen 
evangelischen Geistlichen zu rufen. Aber er schüttelt den Kopf und hält in- 
ständig an: „Nein, Herr Pfarrer, Sie sollen bei mir bleiben und mit mir 
beten". Ich kniete nieder zu ihm auf seinem Strohlager, sprach zu ihm vom 
Vertrauen auf die göttliche Vorsehung und den für uns leidenden und sterbenden 
Heiland, und betete mit ihm. 
Ich will weiter gehen. Da richtet sich der dritte in der Reihe auf, der 
auch evangelisch war, und fragt: „Herr Pfarrer, was haben Sie mit meinen 
Kameraden gemacht?" Ich antworte: „Ich habe ihnen vom lieben Gott und 
vom göttlichen Heiland erzählt und mit ihnen gebetet". Da weint er bitter- 
lich und als er wieder etwas beruhigt war, stößt er hervor: „Meine gute 
Mutter betet den ganzen Tag für mich, das hat sie mir beim Abschiede gesagt. 
Nun will ich auch wieder beten". Auch ihm habe ich zugesprochen und mit 
ihm gebetet. Wieder will ich weiter; da trifft mich ein bittender Blick des 
vierten in der Reihe, ich verstehe ihn, und es wird mir klar und es wurde 
einem jeden Seelsorger hier klar: allein unsere katholischen Soldaten hier 
Pastorieren ist unmöglich, wir können und dürfen keinen von diesen bedrängten 
Seelen, die nach geistlichem Beistande rufen, übergehen. Wir gehen also der 
Reihe nach, und die lieben evangelischen Kameraden hören gern aus dem 
Munde katholischer Ordensmänner Gottes Wort, und diese wiederum helfen 
ihnen von Herzen gern in ihren körperlichen und seelischen Qualen. 
Mit Freuden benutze ich diese Gelegenheit, auf das herzliche Ein- 
Verständnis hinzuweisen, das hier immer zwischen den evangelischen 
und katholischen Geistlichen geherrscht hat und noch herrscht. 
Bei meinen seelsorgerlichen Arbeiten unter den evangelischen Soldaten 
machte ich folgende schöne Beobachtung. Es waren Gründe des religiösen 
Taktes, die mich bewogen, bei unseren evangelischen Verwundeten anfangs mehr
	        
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