Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

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peten verstummten fast unter dem gewaltigen Sang der Krieger, und die 
Säulen, die in der vorigen Woche noch gebebt hatten unter der Wucht der 
in der Stadt sich entzündenden Bomben, bebten nun von der Gewalt des 
herrlichen, deutschen Lobgesanges. 
Das waren Augenblicke, die ich nimmer vergessen werde. Schade war 
es nur, daß so wenige Bürger aus Antwerpen der Militärmesse beiwohnten, 
daß nur wenige Zeugen dieser begeisterten Aeußerung des tiefen deutschen 
Katholizismus gewesen sind, denn nun werden sie diese erhebende Feierlichkeit 
ihren eigenen Männern nicht als Beispiel vorhalten können. 
Der Auszug des Militärs aus der Kirche vollzog sich in großer Ord- 
nnug. Neugierig sahen wir nach den Generalen und Offizieren, die in 
glänzenden Uniformen die Kathedrale verließen und in Autos wegfuhren, um 
ihren Kriegsbetrieb wieder aufzunehmen. Dann folgten die Mannschaften. 
Die Musik spielte einen Marsch, man hörte die kurzen Befehle der Offiziere 
und fast im selben Augenblicke zog der ganze Zug der Tausende wieder nach 
den Kasernen zurück. Es war ein überaus prachtvoller Anblick! 
Meine erste Nacht auf Vorposten. 
Von einem rheinischen Lehrer. 
„Villa Eisenhagel", 3. November 1914. 
I»as alte Volkslied beginnt: Steh ich in finsterer Mitternacht, so einsam auf 
der stillen Wacht. Unwillkürlich siel mir dieses Lied ein, als ich 
zum ersten Male von 12bis 2 Uhr dicht vor dem Feinde auf Vor- 
Posten stand. In Gedanken sang ich mir alle Strophen des Liedes vor und 
staunte selbst darüber, welch unendliche Poesie in den einfachen Sätzchen ent- 
halten ist. Nur wer in ernster Wirklichkeit die Ruhe und Sicherheit der 
Kameraden zu bewachen hat, kann es verstehen. 
Lassen Sie mich Ihnen jene erste Vorpostennacht etwas näher schildern. 
Der Kompagnieführer befiehlt: „Der zweite Zug übernimmt die Sicherung." 
Der Zugführer gibt meiner Gruppe die dritte Nummer von 12 bis 2. 
IVU wecke ich meine Leute und ziehe hinaus, etwa 150 Meter vor die 
ruhende Truppe. Dunkeln Schatten gleich huschen die Leute lautlos hinter 
mir her, denn wir wissen: 400 Meter weiter steht der Feind und jedes 
Geräusch beantwortet er mit einem Hagel von Geschossen. Angekommen, stelle 
ich meine Leute auf, instruiere sie, wähle meinen Standort am weitesten 
rechts an einer vorspringenden Waldecke, wo der Feind am nächsten und die 
Gefahr am größten. Der Regen fällt in Strömen, der Wind saust in den 
Kiefern und läßt sie ächzen und stöhnen, zwei Käuzchen in nahegelegenen 
Waldstreifen lassen abwechselnd ihren Ruf ertönen, als ob sie den am Tage 
gefallenen Helden ein Klagelied sängen. 
Ueber uns sausen und zischen die Geschosse der beiderseitigen Artillerie, 
die um Mitternacht zu feuern begann. Da sieh, nach den ersten Schüssen 
bereits ein Aufleuchten: Ein Dorf brennt! Bald ein zweites, drittes, viertes.
	        
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