Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

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V. vom religiösen Geiste 
unserer Ztrieger. 
Neugeburt. 
Von Dr. Carl Sonnenschein. 
Urs steht irgendwo im fremden Lande ein alter Tempel. In dunklen 
^Grotten leuchten silberne Lichter. In hohen Fenstern bricht sich blaue 
Mystik. Es schwingt in tausend stillen Pendelschlägen der Kronleuchter aus 
lauterem Gold oben im Gehäng. Aber die Seelen sind ausgewandert aus 
diesem Tempel, flattern nächtens sehnsuchtsvoll um seinen Turm, sind in 
seinen Steinen irgendwo vermauert, oder tragen mit byzantischem Antlitz 
seiner Balken schwere Last. 
Irgendwo in Deutschland brannten die ewigen Lampen und glühten die 
Herzen. Aber viele gingen vorüber und glühten nicht. Ihr Christentum war 
Ueberlieserung, ihre Tradition war konventionell, ihr Glaube war ein Glaube 
um der Mutter und der Braut willen, ihr Gottesdienst eine Gewohnheit 
vor den Augen der anderen, ihr Idealismus ein Taufschein und ihr Christentum 
ein Marmorbild im letzten Saale des Museums. 
Der Krieg hat tausend Seelen zur Ergriffenheit des Idealismus ge- 
wandelt, zur Erhabenheit christlicher Tiefe, zur Tapferkeit vollen Lebens. 
Sie werfen alles, was sie an das Zeitliche bindet und im Rausch der Erde 
hielt, von sich weg. Der Himmel steht wieder über ihnen offen. Vom blauen 
Firmament der Mittagssonne glänzen die alten Sterne. Es gilt wieder 
Reinheit. Es gilt Treue. Es blüht wieder auf goldenen Feldern christliche 
Zucht. Es leuchten wieder ihre Panzer von übernatürlicher Pracht der Tu- 
geud und Weihe. 
Wie aus neuerstandener Welt, wie aus tausendjährigem Wunderschlaf 
tritt aus der Tiefe der frühen Jugend das Echte und Große ans Licht. 
Die Blasiertheit blättert zu Boden. Es gilt das Alte und Starke. Es gilt 
Heimat, Gott und Seele. 
Heimat. Unserer Eltern liebe Hände, unseres Vaters mutiges Bild; 
Lindenrauschen über dem Kirchhof; Kinderspiel das reinste, das es gibt, am 
grünen Raine; der Schwestern helles Auge; des Bruders treues Wort. Heimat. 
Gott. Er wandelte wie von Ferne durch unsere Geschicke. Er wandelt 
heute in brennendem Purpur durch die Gluteu am Horizont, schreitet durch 
die Schlachten und redet wie aus dem brennenden Dornbusch zu dem Volke, 
das sich vor seiner Majestät neigt. Er führt die Heere, er zerstampft die 
Welten, er zerknetet die Menschheit. Er gebietet, Gott. 
Seele. Gewiß, es braust ein Lied toller Kraft durch die Welt, Millionen- 
schwer, rasseecht, jauchzend, siegesbrünstig, stahlstürmend, und doch ist das 
Zarteste, Feinste und Stillste auf dieser Welt auch im Kriege die überwindende,
	        
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