Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

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M üen Pappeln. 
Von einem stellvertretenden Wacht- 
meister eines Res.-Feld-Art.-Regts. 
23. September 1914. 
i^eute ist schon der vierte Tag in diesem Granatfeuer, unangenehm deshalb^ 
^7weil man die Batterie des Gegners nicht entdecken kann. Unsere Infanterie 
kann nicht von der Stelle kommen. Unter großer Munitionsverschwendung 
streuen die feindlichen Batterien beim Vorrücken aus den Schützengräben und 
Batterie-Stellungen jedes Plätzchen ab. Aber trotzdem, kein Stück des ge- 
wonnenen Bodens geht verloren. Am Abend geht nnserm Regiment folgender 
Befehl zu: „Das Reserve-Feldartillerie-Regiment . . . sendet eine Schleich- 
Patrouille (freiwillig Meldende) gegen das Dorf N. zur Erkundung der 
feindlichen Artillerie-Stelluug. Die Leute sind sorgsam auszusuchen und auf 
die Gefahr ihres Auftrages aufmerksam zu machen." 
Bei sämtlichen Batterien hieß es nun: „Freiwillige vor!" Da ich mir 
vorstellte, daß der größte Teil meiner Kameraden verheiratet ist, meldete ich 
mich und mit mir zu meiner Begleitung ein Gefreiter Braun und der Mittel- 
reiter Schunck, der schon den Boxeraufstand in China mitgemacht und daher 
unbedingt zuverlässig war. Nachdem wir uns beim Regiments-Kommandeur 
vorgestellt hatten, der uns auf die Gefahr, zugleich auf die Wichtigkeit unserer 
Patrouille aufmerksam gemacht hatte, durften wir nach Empfang einer guten 
Zigarre abtreten. 
Ich verabredete mit meinen Kameraden, daß wir morgens gegen 3 Uhr 
abreiten wollten. Dann versuchten wir, noch einige Stunden auf dem naßkalten 
Boden zu ruhen. Um halb drei Uhr hatten wir frisch gesattelt, und nachdem 
wir eine Zigarette kameradschaftlich zusammen geraucht hatten, jeder vier gute 
Züge als Morgenkaffee, ritten wir in die naßkalte Nacht hinaus. Kurz hinter 
dem Dorf N. passierten wir unsere Vorpostenlinie. 
Nun hieß es, vorsichtig zu sein. In weiten Bogen ritten wir auf die 
feindliche Stellung zu, jeden Augenblick bereit, dem Feinde mit dem Revolver 
in der Faust die erforderliche Antwort auf seinen Anruf zu geben. Aber 
kein solcher erfolgte. Wir kommen in die Nähe großer Pappeln. Da ich 
vermute, daß hinter diesen Pappeln der Eingang des Dorfes liegt, hinter 
dem eine fragliche Batterie Stellung genommen haben soll, sitzen wir in einer 
Bodensenkung ab. Noch dämmert kaum im Osten der Tag; wir müssen uns 
bis zum Tagesanbruch gedulden. 
Braun und ich ersteigen eine Pappel bis zur Krone. Im Geiste fließt 
schnell noch einmal alles vorüber, was lebenswert war, der Gedanke an Braut 
und Eltern will uns weich stimmen. Doch weg mit solchen Gedanken! Für 
das, was uns jetzt bevorsteht, brauchen wir eiserne Nerven und alle 
Sinne. Unten ein kurzes Geräusch mahnt uns zur Besinnung. Schunck 
ruft uns zu, daß er mit den Pferden in das Gebüsch geht, wo sie weniger
	        
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