Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

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sprengt. Sie geben sich ans Aufrichten. Wir gehen rechts auf eine Höhe zur 
Deckung, von der wir das Ganze übersehen. Da lagen auf der andern Seite 
die Femde in verschanzten Stellungen. Sie überschütten uns sofort förmlich 
mit Feuer. Wirerwidern. Da geht's nuten auch los. Aus den Häusern 
unten werden die Pioniere von Soldaten und Zivilisten beschossen. Ihr 
Oberleutnant fällt gleich. Sie müssen weichen. Die bleibenden Verwundeten 
fallen den Elenden in die Hände und werden zermetzelt. Das Herz empört 
sich bei einem solchen Anblicke. Einige von uns werden abgeschickt, das Nest 
in Brand zu stecken. Sie können es nur teilweise. Auch sie müssen zurück. 
Da werden die Franzosen etwas kühner. Ihr Vordringen weisen wir jedoch 
schnell zurück. Aber da erscheinen sie wieder in einer ungeheuren Ueberzahl. 
Deshalb entschließt sich unser Hauptmann, zumal wir nur zu zwei Kompagnien 
waren und jegliche Fühlung mit dem Gros verloren hatten, zum Rückzüge. 
Auf der Höhe rücken wir ab. 
Da kommt die Meldung: „Unser Leutnant von K. liegt am Fuße der 
Höhe, im Dorfe an einem Garten, schwer verwundet." Ich erhalte den Be- 
fehl, ihn zu holen. Ich nehme noch fünf Mann mit. Gerne eilen wir zurück. 
Wir verabschieden uns von der Kompagnie in dem Bewußtsein, in den 
sichern Tod zu gehen. Zu sechs sind wir, indessen die Kompagnie weiter 
zurückmarschiert. Wir eilen an die bezeichnete Stelle und finden unsern Leut¬ 
nant. — Gott, welch ein Wiedersehen! Er liegt auf dem Bauche mit einem 
Schuß im Rücken, vollständig gelähmt. Frei, ohne Deckung, nähern wir uns 
ihm. Da er uns erblickt, zuckt es freudig über sein bleiches Gesicht. Doch 
abwehrend bittet er: „Kinder, geht weg, es ist aus . . . Ihr werdet sonst 
noch geschossen. Geht . . . Geht doch! ..." Aber daran hatten wir als 
deutsche Jungen nicht gedacht. „Hier bleiben wir, ihn retten oder zusammen 
in den Tod!" Das war unsere Antwort. Wir betteten ihn auf einen Mantel. 
Das erregte jedenfalls die Aufmerksamkeit der nächsten Hausbewohner, 
und im Nu kracht es um uns wie wild — eine Salve, eine zweite, eine dritte, 
vierte, aus nur 20 Meter Entfernung. Mein Gewehrriemen, mein Kolben 
werden durchlöchert, buchstäblich. Die Kugeln durchdringen den Mantel mit 
der teuren Last. Doch, o Wunder, ohne zu treffen. Zwischen Armen, Beinen, 
Kops und Hals pfeift es durch und sausen die Kugeln. Da ward's höchste 
Zeit. Auf die Schulter nehmen wir den Leutnant nun zu sechs, tragen ihn 
weg. während fast neben uns, aus Häusern, Gärten, Hecken auf uns geschossen 
wird. 
Ich fühle mir nach Kopf, Ohren, Gesicht — kein Blut ist da, ich glaube 
es nicht, fühle noch einmal und wieder merke ich nichts, ich bin noch nicht 
getroffen. Weiter eilen wir mit unserer Last, wie Siegfrieds Mannen in 
der Götterdämmerung, während sich allmählich der Abend senkt, doch anstatt 
von Mondeslicht, von zischenden Geschossen verfolgt. Der sichere Wald empfängt 
uns und entzieht uns den Blicken der Feinde. Auf der Höhe angekommen 
durchsuchen wir ein verlassenes Wirtshaus. Jeder füllt seine Flasche mit 
Rotwein und labt sich. Wir verbinden nun den Leutnant, machen eine
	        
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