Ausweisung aus dem Gemeindegebiete.
Zu 8 41. Die Entscheidungen der Bezirks- und Landesbehörde in einer Zu—
ständigkeits-Angelegenheit können nicht als gleichlautend betrachtet werden, wenn
jede Behörde einen anderen Thatbestand und Entscheidungsgrundsatz angenommen
hat. (G. G. H. 22. Jänner 1879, 3. 150.) Die politischen Behörden sind nicht
berechtigt, die rechtskräftigen Entscheidungen in Heimatrechtssachen abzuändern
oder aufzuheben. (V. G. H. 8. October 1879, 3. 1516).
Dagegen kann die Reassumierung einer bereits entschiedenen Heimat—
rechtsverhandlung, wenn sie auf Grund eines neu aufgefundenen belang—
reichen Documentes verlangt wird, nicht verweigert werden. (Ministerial-Erlaß
vom 15. März 1883, 3. 535, V. 3. Nr. 29.)
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2. Ausweisung aus dem Gemeindegebiete.
Die Gemeinde darf bei dem Vorhandensein der im 8 9 G. O. normierten
Bedingungen Auswärtige und Gemeindegenossen, niemals aber Gemeinde—
Angehörige aus dem Gemeindegebiete ausweisen. Letztere haben nach 58 G. O.
in allen Fällen das Recht des ungestörten Aufenthaltes in der Gemeinde.“
Wider Auswärtige und Gemeindegenossen kann die Ausweisung verfügt
werden, wenn sie sich über ihre Heimatberechtigung nicht auszuweisen vermögen,
wenn sie der öffentlichen Mildthätigkeit zur Last fallen, oder wenn sie einen
bescholtenen Lebenswandel führen. Zur Ausweisung von Auswärtigen genügt
die Bescholtenheit des Lebenswandels im allgemeinen; bei Gemeindegenossen muß
jedoch die Bescholtenheit durch ein Verbrechen aus Gewinnsucht oder durch eine
Uebertretung des Diebstahles, begangen im Gemeindebezirke, begründet sein.
Diie Ausweisung erfordert keineswegs das Zusammentreffen aller gesetzlichen
Ausweisungsgründe, sondern es genügt hiezu ein gesetzlicher Grund. (Ministerial—
Erlaß vom 3. August 1872, 3. 10941, V. 3. Nr. 46).
Die oberösterreichische Statthalterei hat mit Entscheidung vom 30. December
1864, 3. 21142, in dem Inhalte des 89 G. O. die Befugnis der Gemeinde—
borstehung, Auswärtige und Gemeindegenossen zur Nachweisung ihres He imat—
rechtes aufzufordern, für begründet erklärt.
Die Nachweisung geschieht durch den Heimatschein oder eine sonstige das
Heimatrecht nachweisende Urkunde (Dienstbotenbuch, Wanderbuch u. dgl.) oder
durch die behördliche Bestätigung, daß zur Erlangung der Heimaturkunde die er—
forderlichen Schritte eingeleitet wurden.
Der Gemeinde muß als ein Ausfluß der Wahrung ihrer Interessen und der
Handhabung der Localpolizei das Recht zustehen, von den Heimatverhältnissen der
Bewohner ihres Gebietes sich zu jeder Zeit die nöthige Ueberzeugung zu verschaffen.
Dieses Recht, sowie das der Androhung der Verweigerung des ferneren Aufent—
haltes für den Fall der Nichtbeibringung des Heimatscheines ist in dem 89 G. O.
gesetzlich begründet. (Ministerial-Erlaß vom 30. Juni 1868, 3. 7670, V. 3.
Nr. 39.) Die Gemeinde ist berechtigt, von Auswärtigen und Gemeindegenossen
den Nachweis ihrer Heimatberechtigung zu verlangen; doch kann sie die Nach—
weisung nur durch Androhung der Ausweisung, nicht aber durch Straf—