Volltext: Erläuterungen zur Gemeindeordnung

Erläuterungen zu einzelnen Bestimmungen des Armengesetzes. 251 
weder als Ablehnung des Amtes, noch als eine Pflichtverletzung anzusehen. Ein 
Armenvater kann, solange er seine Pflichten nicht gröblich und fortdauernd vernach— 
lässigt, seines Amtes nicht entsetzt werden. (L. A. 7. September 1882, 3. 9862.) 
Pflicht des Armenrathes und der Gemeindevorstehung ist es, sich der Hilfe 
suchenden Armen, ohne Unterschied ob sie der eigenen oder einer fremden Ge— 
meinde angehören, anzunehmen, sie über die ihnen zustehenden Rechtsmittel zu be— 
lehren und ihre Beschwerden über ihr Ansuchen zu Protokoll zu nehmen. 
(C. A. 27. December 1880, 3. 13127).— 
Nachdem der Armenrath als Armenbehörde erster Instanz fungiert, so gehört 
in dessen Wirkungskreis auch die Ausstellung der Armutszengnisse. Irr— 
thümlich ausgestellte Armutszeugnisse können widerrufen werden. (V. G. H 
29. März 1884, 3. 2074)..— 
Dagegen ist laut Erlasses des kak. Staatsministeriums vom 25. November 
1866, 3. 6863, die Ausstellung der Armuts-oder Mittellosigkeits-Zeug— 
nisse zur Erlangung der Stempel- und Gebürenfreiheit in einem 
Rechtsstreite im Sinne des Hofdecretes vom 26. Juli 1840, 3. 3743, keines— 
wegs an die Gemeinden übergegangen, weil es sich dabei nicht um die Armen— 
versorgung, sondern um die Zugestehung der Gebürenfreiheit handelt. Derlei Zeug— 
nisse sind daher fortan vom Ortspfarrer auszustellen und von der politischen 
Bezirksbehörde zu bestätigen, was dem nicht entgegensteht, daß sie vor der Be— 
stätigung durch die Bezirksbehörde vom Gemeindevorsteher mitgefertigt werden. 
Vielmehr kann durch diese Mitfertigung der Vortheil erreicht werden, daß die 
Fertigung des Pfarrers und Mitfertigung des Gemeindevorstehers die Bezirks— 
behörde möglicherweise der weiteren Erforschung der Vermögensverhältnisse über— 
hebt. — Auch der oberste Gerichtshof erkannte unterm 26.- Juli 1881, 3. 8533, 
daß ein Armutszeugnis in einem anhängig zu machenden Rechtsstreite von dem 
Pfarrer des Ortes, wo der Betreffende wohnt, ausgestellt und von der politischen 
Bezirksbehörde bestätigt sein müsse, indem die Bestätigung der Armut eines Ge⸗ 
meindeinsassen zum Zwecke der Befreiung von Stempelgebüren, d. i. einer öffent— 
lichen Abgabe, kein Act ist, welcher mit der Besorgung des Armenwesens in der 
Gemeinde begriffsmäßig verbunden ist. 
Die Erlasfung eines mit Strafandrohung verbundenen Verbotes, an fremde 
Bettler Almosen zu verabreichen, ist weder im Wortlaute noch im Geiste des 
Armengesetzes begründet, und es kann die der Gemeindevertretung gemäß 8 74 
Punkt 4 eingeräumte Berechtigung, besondere Vorschriften in Bezug auf die 
offentliche Armenpflege der Gemeinde mit Androhung einer Strafe zu erlassen, 
auf das gedachte Verbot nicht ausgedehnt werden. (L. A. 16. December 1880, 
3. 13329.) 
Zu 88 76 und 77. Die Beschwerde einer Gemeinde wider das Pfarr— 
amt, daß das in der Kirche gesammelte Almosen— nicht zur Betheilung 
der Armen verwendet, sondern größtentheils zu einem kirchlichen 
Armenfonde— capitalisiert werde, wurde mit. Note des Landesausschusses vom 
2. Jänner 1884, 3. 14045, an die k. k. Bezirkshauptmannschaft zur competenten
	        
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