Volltext: Erläuterungen zur Gemeindeordnung

Leichenkammern und Friedhöfe. — 
pflichtet ist, für die zur Handhabung der Ortspolizei erforderlichen Anstalten und 
Einrichtungen die nöthigen Geldmittel zu bewilligen. (K. A. 23. Mai 1866, 
3. 41083),.— 
Die Competenz zur Entscheidung über die Auflassung, Errichtung oder 
Erweiterung eines Friedhofes war längere Zeit zwischen der politischen Staats— 
behörde und der Gemeinde in Frage gestellt. Das Reichsgericht hat diese Com— 
petenz mit Entscheidung vom 10. Juli 1874, 3. 131 (V. 3. 1874, Nr. 52), den 
Gemeinden im selbständigen Wirkungskreise zugesprochen. Wir entnehmen 
dieser Entscheidung Folgende: 
„Durch Artikel V des Reichs⸗Gemeindegesetzes vom 5. März 1862 ist die Gesundheitspolizei 
im vollen Umfange dem selbständigen Wirkungskreise der Gemeinden zugerechnet. Umgekehrt findet 
sich an der Spitze des Sanitätsgesetzes die Bestimmung, daß der Staatsverwaltung principiell 
die Oberaufsicht über das gesammte Sanitätswesen und die oberste Leitung der Sanitäts— 
Angelegenheiten zustehe, die unmittelbare Wirksamkeit derselben hingegen da eintrete, wo ihr 
gewisse Geschäfte vermöge besonderer Wichtigkeit für den allgemeinen Gesundheitszustand zur 
Besorgung ausdrücklich vorbehalten werden. Demgemäß bildet in allen Sanitäts-Angelegenheiten 
die Competenz der Gemeinde, und zwar im selbständigen Wirkungskreise die Regel, die Com— 
petenz der Staatsverwaltung die aus einem ausdrücklichen Vorbehalte zu begründende Ausnahme. 
Da nun ein solcher Vorbehalt betreffs der Entscheidung über die Auflassung von Friedhöfen für 
die Staatsverwaltung in dem Sanitätsgesetze nicht getroffen ist, so muß die Regel zur Anwendung 
kommen, wonach alle Angelegenheiten der Gesundheitspolizei, mithin auch die Entscheidung über 
die Auflassung von Friedhöfen zum selbständigen Wirkungskreise der Gemeinde und daher in 
höherer Instanz der übergeordneten autonomen Organe gehören. Hiezu kommt, daß sich die 
Auflassung von Friedhöfen der Errichtung und Instandhaltung derselben, welche im 
8 3, lit. d, des Sanitätsgesetzes ausdrücklich als Bestandtheile der den Gemeinden zugewiesenen 
Gesundheitspolizei anerkannt sind, in unverkennbarer Analogie anreiht“ 
Laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. März 1882, 3. 399, 
ist die Errichtung der Begräbnisplätze ohne Unterscheidun g zwischen con— 
fessionellen und Gemeinde-Friedhöfen Gegenstand der dem selbständigen 
Wirkungskreise der Gemeinden zugewiesenen Gesundheitspolizei; den 
politischen Behörden steht nur die Ueberwachung der Handhabung der Gesetze 
über das Begräbniswesen, nicht aber die unmittelbare Handhabung dieses Gesetzes 
selbst zu. V000 
Bezüglich der Deckung des Kostenaufwandes für die Errichtung und 
Instandhaltung von Friedhöfen muß insbesondere auf die beiden Erkenntnisse 
des k. k. Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Mai 1878, 3. 784, und vom 14. No— 
bember 1878, 3. 1781, hingewiesen werden. IJ 
Mit ersterem Erkenntnisse wurde ausgesprochen, daß in dem Falle, als die 
Anlage eines Friedhofes aus öffentlichen Sanitätsrücksichten nothwendig wird, von 
amtswegen nur die Ortsgemeinde verhalten werden kann, die nöthigen Vorkeh— 
rungen zu treffen, und daß die Bedeckung der Kosten nach den Coneurrenzvorschriften 
für Gemeinde-Sanitätsanstalten zu erfolgen hat. In diesem Erkenntnisse wird der 
Annahme, daß durch den 8.3 des Gesetzes vom 30. April 1870 den Gemeinden 
lediglich eine überwachende Thätigkeit, nicht aber die Verpflichtung zu einem 
Kostenaufwande auferlegt worden sei, und daß die Anordnungen des 8 3. der⸗ 
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