Volltext: Erläuterungen zur Gemeindeordnung

Evidenzhaltung von Findlingen, Taubstummen u. s. w. — Leichenkammern und Friedhöfe. 157 
Im übrigen müssen die speciellen Umstände die Thätigkeit der Gemeinde— 
porstehung bei plötzlichen Lebensgefahren bestimmen. 
Für die mit eigener Lebensgefahr bewirkte Lebensrettung eines Menschen 
wird vom Staate eine Belohnung von 265 fl. geleistet, und es muß einzelnen Ge— 
meinden bei öfteren Unglücksfällen behufs Aufmunterung zur Lebensrettung die 
Aussetzung einer ähnlichen Belohnung aus der Gemeindecasse empfohlen werden. 
ß. Die Evideuzhaltung der nicht in öffentlichen Anstalten untergebrachten Find— 
linge, Taubstummen, Irren und Cretins, sowie die Ueberwachung der Pflege 
diieser Personen 
bedarf keiner näheren Erläuterungen.— 
7. Die Errichtung, Instandhaltung und Ueberwachung der Leichenkammern und 
Begräbnisplätze. 
Für jeden Friedhof soll eine geräumige Todtenkammer vorhanden sein. 
Die Leichenkammern sollen von Stein gebaut, die Fenster mit Drahtgittern, die 
Kammern selbst aber mit Oefen versehen werden, um im Winter das Erfrieren 
eines vielleicht nur scheinbar Todten zu verhindern. Auf dem Boden ist eine 6 bis 
7 Zoll hohe Niederlage anzubringen, um die Särge daraufstellen zu können. In 
diesen Kammern müssen die Leichen, welche man im Hause durch die vorgeschriebenen 
48 Stunden nicht behalten kann, mit offenem Sarge beigesetzt und an ihre Hand 
eine Schnur befestigt werden, die an einer Glocke hängt, welche in dem Zimmer 
des nächst wohnenden Todtengräbers befindlich. Diese Kammern sind auch zur 
Nachtzeit zu beleuchten und die Thür soll von außen nicht verschlossen, von innen 
aber leicht zu öffnen sein. (A. h. Entschließung vom 19. Februar 1787.) 
Nach dem Hofk. Decrete vom 23. April 1845, 3. 12437, oberösterreichische 
Prov. Ges. S., Jahrg. 1845, S. 372, sind Leichenkammern als eine locale 
Sanitätspolizei-Maßregel zu behandeln, daher die Kosten für künftige Er— 
richtung derselben, sowie für die Erhaltung der bestehenden, inwiefern nicht durch 
Privatverträge oder Uebereinkommen etwas anderes festgesetzt worden ist, aus den 
für derlei Maßregeln bestimmten Fonds zu bestreiten. Ferner ist gemäß 8 3 
lit. d des Gesetzes vom 30. April 1870 die Errichtung und Instandhaltung der 
Leichenkammern eine Angelegenheit der dem selbständigen Wirkungskreise der Ge⸗ 
meinden durch das Gemeindegesetz zugewiesenen Gesundheitspolizei. Im Hinblicke 
auf diese gesetzlichen Bestimmungen unterliegt es keinem Zweifel, daß die Leichen— 
kammern auf Kosten der Gemeinden zu errichten und zu erhalten sind, 
und daß auf dieselben die Concurrenzvorschriften für Friedhofsbaulichkeiten nicht 
angewendet werden können. (M. d. Innern 19. December 1876, 3. 14675, 
V. Z. 1877, Nr. 6.) Bei Abgang eines Fondes für Errichtung und Erhaltung 
der Leichenkammern hat die Errichtungs- und Erhaltungskosten die Ortsgemeinde 
zu bestreiten, da ein allgemeiner Fond für locale Sanitätspolizei in Oberösterreich 
nicht vorhanden ist, die locale Sanitätspolizei aber zum selbständigen Wirkungs⸗ 
kreise der Gemeinde gehört und nach 8 32 G. O. der Gemeinde⸗-Ausschuß ver—
	        
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