Volltext: Schopenhauers Leben, Werke und Lehre [9. Band, zweite neu bearbeitete und vermehrte Auflage] (9,2 / 1898)

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Die Kritik der Darstellungsart. 
wichtiger Welt- und Lebensprobleme, daß ich auf die Schilderung 
dieser in der philosophischen Litteratur ungewohnten Meisterschaft der 
Rede und Schreibart, dieser immer in die Tiefe dringenden Klarheit, 
nicht mehr zurückkomme. Dagegen will ich meine Beurtheilung nicht 
schließen, ohne auch gewisse Mängel seiner Darstellung zur Sprache 
gebracht zu haben, nicht um sie zu bekritteln, sondern weil sie zur 
vollständigen Kenntniß des Mannes und seiner Sache nicht unbemerkt 
bleiben dürfen. Keiner dieser Mängel haftet an einer Unfähigkeit 
oder an einem intellectuellen Gebrechen; sie folgen theils aus der Ent 
stehungsweise seiner Werke, theils aus Eigenheiten und Kapricen, welche 
er leicht hätte beherrschen können, aber er hielt sie für Tugenden. 
I. Wiederholungen. 
Dieser ausgezeichnete philosophische Schriftsteller war kein Viel 
schreiber, sondern ein „Oligograph", wie er sich selbst bezeichnet hat, 
denn er wählte gern einen griechischen Ausdruck. Da aber seine neuen 
Werke großentheils dadurch zu Stande kamen, daß er die schon vor 
handenen weiter ausführte oder kürzer zusammenzog oder ergänzte und 
zu den Ergänzungen wieder Ergänzungen schrieb, so konnte es nicht 
fehlen, daß er dieselben Ideen oft wiederholt hat, obgleich er das 
Gegentheil zu versichern Pflegte. Wir erinnern unsere Leser an die 
Menge der von uns angeführten Parallelstellen. Seine Werke sind 
überreich an Doubletten, deren Vergleichung und Unterscheidung einer 
genauen und sorgfältigen Darlegung der Lehre ganz besondere Schwierig 
keiten verursacht. Wiederholungen verunstaltender Art sind die vielen 
polemischen Transpirationen: sobald die Rede auf gewisse Themata 
kommt, wie z. B. das Absolutum u. a., folgt allemal die Uebergießung. 
Man wittert sie schon im voraus. 
2. Citate und Fremdwörter. 
Seinen Sprachtalenten und Sprachkenntnissen, wie dem Reichthum 
und der Auswahl seiner Lesefrüchte gebührt alles Lob; er hat sie 
vortrefflich zu verwerthen gewußt und sie haben sich im Dienste seiner 
Feder als glänzende Mittet der Darstellung erwiesen; wenn er uns 
auch bisweilen zu reichlich und zu viel auf einmal mit Lesefrüchten be 
wirthet. Was ich aber bei einem Schriftsteller, wie er, der classisch 
zu schreiben versteht, unrichtig und formlos finde, ist der buntscheckige 
Haufen vielsprachiger Citate, den er gern ausschüttet, bald mit, bald
	        
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