Volltext: Schopenhauers Leben, Werke und Lehre [9. Band, zweite neu bearbeitete und vermehrte Auflage] (9,2 / 1898)

Die neue Laufbahn und die neuen Lehrjahre. 33 
Majer, der auch zu der Gesellschaft der Mutter gehörte, in das indische 
Alterthum eingeführt, d. h. wohl zum Studium desselben angeregt habe, 
ist von Schopenhauer selbst in seinen Aufzeichnungen für Joh. Eduard 
Erdmann bemerkt, aber nicht näher erörtert und in seinem Berliner 
»curricuium vitae« gar nicht erwähnt worden, weshalb wir darüber 
ohne eingehende Kunde sind. Bei der großen Wichtigkeit, welche der 
Gegenstand alsbald für die Ausbildung seiner Ideen gewinnen sollte, 
ist die Unkunde in diesem Punkte als eine biographische Lücke zn be 
zeichnen? 
III. Das Zerwürfniß zwischen Mutter und Sohn. 
Die nächste Ursache, daß er Weimar für immer verließ, lag in seinen 
Verhältnissen zur Mutter. So lange er in Hamburg lebte, hatte sie 
zärtliche und besorgte Briefe an ihn geschrieben, reich an Mittheilungen 
und interessanten Nachrichten aus ihrem neuen Leben; er hatte es ihrer 
mütterlichen Liebe und Fürsorge zu danken, daß er das Joch des ihm 
verhaßten Berufes abschütteln und seinem Genius nachleben durfte. 
In der Nähe aber hatten die schon vorhandenen wechselseitigen Ab 
neigungen sich wieder geltend gemacht, vermehrt und am Ende zu einer 
Schärfe und Bitterkeit gesteigert, daß nichts übrig blieb, als die Trennung. 
Die Wurzel dieser so unnatürlichen Abneigung war von beiden Seiten 
die angcerbte Gemüthsart. 
1. Die ökonomischen Differenzen. 
Dazu kamen ökonomische Differenzen, die zur Grundverstimmung 
des ganzen Verhältnisses sehr viel beigetragen haben. Schon von 
Hamburg aus hatte der Sohn zur Sparsamkeit gerathen, da trotz den 
erlittenen großen Verlusten die Mutter in Weimar als reiche Wittwe 
lebte, Equipage und verheirathete Dienerschaft hielt und der Geselligkeit 
zu Liebe übermäßige Ausgaben machte. Auch fürchtete er, daß eine 
zweite Heirath den Verbrauch des Vermögens beschleunigen könnte, 
denn die reiche und lebenslustige Wittwe, obwohl schon etwas corpulent 
und schiefen Wuchses, hatte Bewerber genug, unter denen sich auch der 
jüngste Bruder der Frau von Stein befand. Zwar über diesen Punkt 
1 Fr. Majer aus Unterkoskau im Voigtlandc, geb. 1772, hat im Jahre 1813 
den II. Band seines „Mythologischen Taschenbuches" herausgegeben und ist den 
15. Mai 1818 gestorben, nachdem er kurz vorher sein Werk über „Brahma oder 
die Religion der Indier als Brahmaismus" veröffentlicht hatte. Vgl. Ludwig 
Schemann: Schopenhauer-Briefe. S. 440 flgd. 
Fischer, Gesch. d. Philos. IX. 2. Ausl. N. A. 
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