Volltext: Schopenhauers Leben, Werke und Lehre [9. Band, zweite neu bearbeitete und vermehrte Auflage] (9,2 / 1898)

Der zweite Abschnitt der Jugendgeschichte. 19 
Und Arthur? Sein intellectuelles Naturell war mit dem ganzen 
Schwergewicht seines starken und heftigen Wollens angethan und aus 
gerüstet; er war berufen ein genialer Künstler zu werden, nicht ein 
solcher, der die Erscheinungen in Gestalten und Farben, sondern der 
das Wesen und die Beschaffenheit der Dinge in Begriffen darstellt und 
abbildet: ein Künstler, dessen Stoff in Erkenntnissen, Einsichten und 
Ideen besteht, die auf dem Wege der gelehrten, wissenschaftlichen, 
philosophischen Bildung und Arbeit erworben werden mußten. Vermöge 
seiner Geistesart gehörte er zu den Kindern des Lichts, zu jenen „Götter 
söhnen", die nach dem Worte des Herrn berufen sind, das Wesen der 
Welt, das Ewige im Vergänglichen zu erkennen und anzuschauen: 
„Und was in schwankender Erscheinung schwebt, befestiget mit dauernden 
Gedanken!" — Das Gefühl dieses Berufs war schon in ihm lebendig, 
als er sich verurtheilt sah, im Comptoir zu Hamburg die kaufmännischen 
Geschäfte zu erlernen. 
Zweites Capitel. 
Aer zweite Abschnitt der Iugendgeschichte. Die neue Laufbahn und 
die neuen Lehrjahre. 
(1805-1814.) 
I. Johanna Schopenhauer in Weimar. 
1. Der gesellige Kreis. Goethe. 
Den 28. September 1806 war Frau Schopenhauer mit ihrer 
neunjährigen Tochter in Weimar angelangt, ahnungslos, welchen furcht 
baren Ereignissen in nächster Zukunft sie entgegenging. Aber, wie 
seltsam es klingt, sie hätte zu ihrem geselligen Heil in keinem gelegeneren 
Zeitpunkte nach Weimar kommen können, als in den Tagen der Schlacht 
bei Jena. Solche ungeheure Begebenheiten rütteln die Menschenloose 
durch einander und führen Personen, die sonst getrennt bleiben, schnell 
und traulich zusammen. In der gemeinsamen Ausübung weiblicher 
Tugenden, um Noth und Elend zu lindern, fand sie sogleich alle 
Gelegenheit, sich thätig und hülfreich zu zeigen; sie war wohlhabend 
und freigebig; sie wußte auch im geistigen Wechselverkehr angenehm
	        
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