Volltext: Schopenhauers Leben, Werke und Lehre [9. Band, zweite neu bearbeitete und vermehrte Auflage] (9,2 / 1898)

264 Die Lehre von der menschlichen Glückseligkeit. 
- Ebendas. S. 500-501. - 2 Ebendas. S. 505. - - Ebendas. S. 506-507. 
Laufe eines Jahres nicht geschehen ist, kann in dem eines Tages ge 
schehen. 
Man muß sich gedulden und warten: darin bestehen die Zinsen, 
welche man der Zeit schuldig ist und zahlen muß. Wenn man sie 
nicht zahlt, sondern sich von der Zeit Vorschüsse machen läßt, d. h. (un- 
bildlich zu reden) wenn man ungeduldig wird und seine Sache vor 
zeitig betreibt, so kann man dieselbe leicht verlieren und ins Unglück 
gerathen. Wie die Geduld und das Zuwarten die Zinsen sind, die 
man der Zeit schuldet, so sind die Ungeduld, das Unglück und die Un 
fälle, die daraus entspringen, die Wucherzinsen, welche die Zeit 
fordert, denn sie ist ein unerbittlicher Wucherer? 
Die Besonnenheit und kluge Ueberlegung (gchric) ist der beste und 
einzige Weg, um die Glücksumstände zu erwarten, zu erkennen und 
zu benützen. „Nicht wer grimmig ist, sondern wer klug dareinschaut, 
sieht furchtbar und gefährlich aus. Das Gehirn des Menschen ist 
eine furchtbarere Waffe als die Klaue des Löwen." 2 
Um in der Welt gut auszukommen, braucht man zwei durch 
Klugheit regulirte Affecte: Muth und Furcht. Ein gewisses Maß 
von Furchtsamkeit ist zu unserm Besten in der Welt durchaus nöthig, 
denn der Weltlauf ist schrecklich und dazu angethan, Furcht einzuflößen, 
gerade diejenige Furcht, welche Bacon in seiner „Weisheit der Alten", 
wo er den Gott Pan als das Sinnbild der Natur nahm und aus 
legte, den panischen Schrecken (terror Panicus) genannt hat. 
Wenn ich mir die Gemüthsart und den Lebenslauf unseres Philo 
sophen vergegenwärtige, so scheint mir, daß unter allen Affecten 
keine eine größere Macht auf ihn ausgeübt hat, als diese panische 
Furcht, b 
IV. Die Lebensalter. 
1. Der Gegensatz der Lebensalter. 
Nach dem Gange und Unterschiede der Lebensalter modificirt sich 
auch die Lebensanschauung und das Lebensglück. Die größte Ver 
schiedenheit besteht zwischen Jugend und Alter. In der frühen Jugend 
erscheint die Zukunft in weiter Ferne und darum das Leben sehr lang, 
wogegen im späten Alter das Leben sehr kurz erscheint, da die Ver-
	        
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