Der wiedererwachte warme Anteil findet Ausdruck in zahl¬
reichen Artikeln, die die kulturelle Zusammengehörigkeit der Deut¬
schen hüben und drüben betonen. Nun erinnert man sich wieder,
daß die größte deutsche Dichtung, die Nibelungen, auf österreichi¬
schem Boden entstanden ist und „daß ein Nordgermane, Friedrich
Äebbel, im schönen Wien, wo er heimisch geworden, den un¬
sterblichen Stoff dramatisch umgestaltet hat". Mit einem gewissen
Stolz verweist man nun auch im Reich auf die Erfolge der
neueren deutschösterreichischen Schriftsteller und Gelehrten. Lange
haben wir keine liebreichere Charakteristik gefunden als die in der
„Deutschen Rundschau" (April 1911), die mit den Worten be¬
ginnt: „In diesem Österreichertum, fruchtbar und reich auf aller».
Gebieten, enthüllt sich eine Art deutschen Volkstums, die in der
Tiefe mit dem unseren eines ist." Lischke urteilt in seiner Schrift
„Deutschösterreich unter slawischer Lerrschaft", Berlin (1913):
„Der Verlust Deutschösterreichs für die deutsche Volksgemein¬
schaft wäre ein Jena, auf das kein Sedan folgen kann." Ein
ebenso willkommenes Zeichen des erwachten Interesses ist die
etwas größere Teilnahme an der deutschen Schutzarbeit in Öster¬
reich, die Beschickung der völkischen Tagungen u. dgl. Dieses
Interesse erstreckt sich auch auf die Deutschen in den Ostländern
der Donaumonarchie. So hat der Zusammenschluß der Karpathen¬
deutschen, der durch den Schreiber dieser Zeilen angeregt wurde,
auch in Deutschland Interesse wachgerufen; den Beweis erbringen
nicht nur zahlreiche Zeitungsstimmen, sondern auch die Beschickung
der Tagungen durch reichsdeutsche Vereine, die zu diesem Zwecke
nicht scheuten, ihre Vertreter bis nach Czernowitz und Ruma
(Slawonien) zu entsenden. Bei diesen Beratungen wurden die
völkische Zusammengehörigkeit, die gemeinsamen Interessen und
die deutschen Belange im Osten wiederholt besprochen.*) Die
Bedeutung der deutschen Vorposten im Osten wurde immer
wieder mit warmen Worten anerkannt.
i) Vgl. die Berichte über die ersten vier Tagungen: Die erste fand
1911 in Czernowitz, die zweite in Ruma (Slawonien), die dritte 1913 in
Wien, die vierte in Biala (Galizien) statt. Die Berichte über die ersten drei
Tagungen sind zum Preis von 1 Kr. für jedes Stück von der Hauptleitung
(vr. R. F. Kaindl, Czernowitz, jetzt Wien) zu beziehen. Alle Beträge fließen
in den Tagungsschatz.
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