Triest,
das altrömische Tergeste, schon zu Zeiten der meergebieten¬
den Markus-Republik wichtig als Seehandelsplatz, hat seinen
mächtigen Rivalen von einst heute weit hinter sich gelassen ;
längst ist es nicht nur der Hauptseehafen Oesterreichs, son¬
dern auch der bedeutendste des Adriatischen Meeres über¬
haupt. An seinen Molen und Schiffsländen löschen die
Dampfer ihre gewaltigen Ladungen aller Schätze des Orients,,
seine Speicher und Lagerhäuser versorgen fast den ganzen
Kaiserstaat und einen Teil Süddeutschlands mit dem Bedarf
an Kolonialwaren. Was Hamburg dem deutschen Norden,
ist Triest in gewissen Grenzen dem Südosten und wird es
noch mehr werden, wenn erst die im Bau befindliche zweite
Eisenbahnverbindung, die Tauernbahn, vollendet sein wird.
Neben der Bedeutung Triests als Hafen und Handels¬
platz ist für den Besucher der Stadt nicht gering zu achten
der Schönheitszauber ihrer Lage, der jeden gefangen nimmt,
welcher nach den unwirtlichen Gebieten des Karstes vom
Obelisken bei Opöina oder von der Bahnwendung hinter
Nabresina aus zum ersten Male die blaue Adria, die von
grünen Hängen umrahmte, an den Lehnen der Berge und
Hügel hin an strebende Stadt erblickt. Namentlich von dem
genannten Obelisken aus bietet sich ein Blick dar, dem nur
wenige bevorzugte Punkte in Europa Aehnliches an die Seite
zu stellen vermögen, und wer einen unvergesslichen Eindruck
grossartiger landschaftlicher Schönheit in sich aufnehmen
will, dem sei empfohlen bei der Fahrt Laibach—Triest schon
in Opöina (Haltestelle) den Zug zu verlassen, um von
hier auf guter Strasse nach dem Dorf Opcina und dem
Obelisken zu Fuss zu wandern. Der grossartige Blick auf
Triest und die Adria entschädigt für die etwa halbstündige
Wanderung mehr als reichlich. Vom Hotel zum Obelisken
aus erreicht man mit der neuen elektrischen Zahnradbahn
dann in bequemster Weise die Stadt.
Die Stadt Triest zählt über 150000, mit den Vororten
und dem zur Stadt gerechneten Gebiet 200000 Einw. Die
allgemeine Verkehrssprache ist das Italienische, doch versteht
ein grosser Teil der Bevölkerung — vor allem die Geschäfts¬
welt und die Beamtenschaft — auch deutsch. In den Gast¬