Volltext: Die Ziele unserer Weltpolitik [64]

Verlust an Volkskraft, als daß sie dem deutschen Vaterlande 
Nutzen gebracht hätte, denn sie war nach fremden Staatsgebieten 
gerichtet, in denen sich die deutsche Einwanderung mehr oder 
weniger verlor. Das zweite war wirtschaftliche Betätigung in 
außereuropäischen Ländern: Schiffahrt und Lande!, Absatz der 
Erzeugnisse unserer ausblühenden Industrie, Betätigung in wirt¬ 
schaftlichen Unternehmungen verschiedener Art. Erst seit 1884 
trat als drittes staatlicher Besitz hinzu; aber es dauerte mehrere 
Jahrzehnte, bis die deutsche Kolonialpolitik einen breiteren Boden 
im deutschen Volke gewann. Erst seit den neunziger Jahren wurde 
— das ist wohl das größte Verdienst unseres Kaisers — unsere 
ganze auswärtige Politik, die sich bis dahin bloß um Probleme 
der europäischen Politik gedreht hatte und mehr oder weniger 
gesättigt gewesen war, auf Teilnahme an den Fragen der Welt¬ 
politik eingestellt und sah damit neue große Ziele vor sich. Nach¬ 
dem die ersten Versuche dazu mißraten waren, weil hinter großen 
deutschen Worten keine entsprechende Macht stand, wurde seit 
dem Schluffe des Jahrhunderts eine starke deutsche Flotte ge¬ 
schaffen. Aber wichtige Einzelftagen, namentlich über die Not¬ 
wendigkeit der Flotte, gingen die Meinungen noch auseinander, 
aber über die Notwendigkeit einer Weltpolitik überhaupt, d. h. 
einer starken Betätigung Deutschlands in der ganzen Welt, schien 
in den politisch denkenden Kreisen eigentlich kein Zweifel mehr 
zu bestehen. Am dieser Notwendigkeit willen haben wir doch 
auch den furchtbaren Krieg auf uns genommen; denn die Feind¬ 
schaft Englands haben wir uns nur durch unsere Betätigung in 
der Welt zugezogen, und auch in die russische und französische 
Feindschaft spielen Fragen der Weltpolitik stark hinein, ganz zu 
schweigen von dem Angriffe Japans. 
Am so erstaunlicher ist es, daß jetzt, wo wir uns dem Siege 
nähern, Männer von starkem nationalen Wollen ihre Stimmen 
warnend erheben und zum Verzicht auf neuen kolonialen Erwerb, 
ja zur Aufgabe unserer bisherigen Kolonien, zur Vernachlässigung 
oder doch nur nebensächlichen Betonung unserer überseeischen Be¬ 
strebungen raten. Es ist ohne weiteres zuzugeben, daß die erste 
Sorge einer Nation die Sorge für die Sicherheit des eigenen 
Lebens und des eigenen Laufes sein muß, ehe sie an die Be¬ 
friedigung von Luxusbedürfniffen gehen darf. Jene Warner 
hätten recht, wenn unsere Betätigung in der Welt ein Luxus 
7
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.