Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

Die Bismarckzeit 
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aüs türkischem Besitz Ardachan, Kars und Batum, letzteres zur 
Anlage eines Freihafens. Die Türkei mußte sich zu Reformen in 
Armenien und zur Gewährung politischer Gleichberechtigung aller 
Konfessionen bequemen. Die Meerengenbestimmung, wonach der 
Bosporus und die Dardanellen im Kriege den Kriegsflotten der 
Mächte verschlossen blieben, blieb aufrechterhalten. 
Rußland zeigte sich von den Ergebnissen des Berliner Kon 
gresses wenig befriedigt. Gortschakows Plan, Rußland zur Vormacht 
auf dem Balkan zu machen, war gescheitert, im Westen des Balkans 
Österreich-Ungarn weiter vorgerückt, das von den Russen gefor 
derte Bulgarien nur in bescheidenem Umfange verwirklicht worden. 
Selbst der gemäßigt denkende Graf Peter Schuwalow zeigte sich 
enttäuscht. Ein großes Ergebnis aber war erreicht: die Lokalisierung 
des Krieges und die Befestigung des europäischen Friedens auf 
eine Reihe von Jahren. Ganz zweifellos aber hat der Berliner Kon 
greß die deutsch-russischen Beziehungen verschlechtert und da 
durch dem Drei-Kaiser-Bunde einen Teil seiner Stärke genommen. 
Nicht lange, und man betrachtete in Rußland den Berliner Kon 
greß als eine europäische Koalition gegen Rußland unter Führung 
des Fürsten Bismarck. Einstweilen aber zeigte sich Bismarck der 
Gefahr einer völligen Entfremdung Rußlands durchaus gewachsen. 
Österreich-Ungarn zögerte zunächst noch, Bosnien und die Her 
zegowina zu besetzen. Da zu befürchten stand, daß die Türkei viel 
leicht Schwierigkeiten machen würde, stellte Bismarck 1 , als nach 
Abschluß des Berliner Kongresses die Wiener Verhandlungen mit 
der Pforte über den Einmarsch in Bosnien immer noch nicht ab 
geschlossen waren, der Donaumonarchie seine volle Unterstützung 
zur Einwirkung in Konstantinopel zur Verfügung. Der Türkei ließ 
er raten, sich der Ausführung des Konferenzbeschlusses vom 28. Juni 
nicht zu widersetzen, der auf Antrag Englands und unter Zustim 
mung Rußlands, Frankreichs und Italiens die Besetzung und Ver 
waltung Bosniens und der Herzegowina unter Protest der Türkei 
der Donaumonarchie übertragen hatte. Deutschland werde in dieser 
Frage mit seinem ganzen Einflüsse auf Österreichs Seite stehen. 
Auch Georges Pages beschäftigt sich in seinem Senatsgutachten 1 2 
mit der Förderung, die Bismarck dem Vorgehen Österreichs in 
Bosnien und der Herzegowina 1878 hat angedeihen lassen. Nach 
seiner Auffassung war die Tätigkeit der Berliner Kanzlei damals 
durchaus gegen Rußland gerichtet und ihr Ziel, dem weiteren Vor 
dringen des Slawentums auf der Balkanhalbinsel eine Schranke zu 
ziehen und die Bildung eines großen Slawenstaates daselbst um 
1 Or. Pol. Nr. 438, 439. Vgl. Bismarcks Randbemerkung zu Gr. Pol. Nr. 418. 
2 Die Ursachen und die Verantwortlichkeiten des großen Krieges. Deutsche 
Ausgabe, herausgegeben von Bernhard Schwertfeger. Berlin 1926. S. 187ff. 
Vergl. o. S. 18.
	        
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