Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

Die Bismarckzeit 
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nung der Streitkräfte beider Mächte von einander tatsächlich her 
gestellt würde. 
Bismarcks Schritt wurde entscheidend. Sowohl Fürst Gort- 
schakow wie Lord Salisbury nahmen seinen Vorschlag an. Zwar 
wurde über die Einzelheiten der praktischen Ausführung noch 
leidenschaftlich hin und her gestritten, da Rußland als Sieger im 
Türkenkriege nicht als gedemütigt erscheinen wollte. Es bedurfte 
der ganzen diplomatischen Geschicklichkeit Bismarcks und der deut 
schen Botschafter in London und Petersburg, um das immer wieder 
hervortretende Mißtrauen der Gegner zu beseitigen. Zutreffend 
nannte damals Lord Salisbury die Auseinandersetzungen zwischen 
London und Petersburg Waffenstillstandsverhandlungen ohne wirk 
lichen Krieg 1 . Es gelang aber noch im April, die Mächte der Be 
schickung des Kongresses geneigt zu machen. 
Der Berliner Kongreß 
Nunmehr begannen die Staatsmänner mit der Geltendmachung 1 
ihrer Wünsche. Österreich-Ungarn erstrebte in erster Linie, dem 
Anwachsen des slawischen Einflusses auf dem Balkan „im Interesse 
Europas“ Einhalt zu tun. Man forderte die Okkupation Bosniens und 
der Herzegowina, und nur im Notfälle eine Annexion dieser Ge 
biete, da sie nicht populär sei und finanziell nicht nur keinen Ge 
winn, sondern geradezu eine Bürde bedeute; da aber eine Auf 
saugung dieser Gebiete durch Montenegro oder Serbien wahr 
scheinlich eintreten und dadurch ein dauernder Herd revolutionärer 
und annexionistischer Gelüste geschaffen werden würde, so müsse 
Österreich-Ungarn von zwei Übeln das kleinere wählen und sich 
zur Annexion bequemen. Nur ein starker Staat, der seine Aufgabe 
in der inneren Entwicklung dieser Länder suche, könne hier die 
Ordnung hersteilen, die Bewohner gegeneinander schützen, sie an 
ein friedliches und gleichberechtigtes Zusammenleben gewöhnen 
und diese Länder einer besseren Zukunft entgegenführen. „Für un 
sere Monarchie selbst, so lautete der Schluß einer Denkschrift 
vom 21. April 1878 1 2 , „bedeutet (der Gebietszuwachs) keinen Macht- 
züwaehs, sondern einen Akt der Notwehr gegen drohende Gefahren, 
einen Akt, der gleichzeitig geeignet ist, den Frieden Europas vor 
nahen Erschütterungen sicherzustellen, ein Opfer, das Österreich- 
Ungarn auf sich nimmt, und dessen Früchte Europa zugute 
kommen.“ 
Auch Rußland meldete sich mit weitgehenden Wünschen und 
beanspruchte Deutschlands Unterstützung in allen Punkten. Der 
1 Gr. Pol. Nr. 392. 
2 Gr. Pol. Nr. 400.
	        
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