Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

Die Möglichkeiten der Widerlegung 
benen Vorwürfe zeigt die Unmöglichkeit eines solchen Verfahrens, 
das eine klare Gliederung ausschließen und zahlreiche Wiederholun 
gen bedingen würde. Es bleibt nur der Weg, die deutsche Außen 
politik von dem Zeitpunkte an im Zusammenhänge zu betrachten, 
den auch die Mantelnote als Ausgangspunkt nimmt, nämlich von der 
Begründung des Deutschen Reiches im Januar 1871 ab. Durch das 
große Aktenwerk der deutschen Reichsregierung sind wir in der 
Lage, die gesamte Entwicklung der deutschen Politik von 1871 bis 
1914 an der Hand untrüglicher amtlicher Aktenstücke zu verfolgen, 
und können nicht nur den Zug der Entwicklung, sondern auch die 
Begründung der Maßnahmen und in sehr vielen Fällen auch die 
erzielten Ergebnisse beurteilen. 
So sei der Versuch gewagt, an der Hand der deutschen Akten und 
unter Heranziehung der uns bekannt gewordenen Dokumente der 
anderen Staaten den Gang der Ereignisse von 1871 bis 1914, immer 
unter dem Gesichtspunkte der im Versailler Vertrage gegen uns er 
hobenen Anschuldigungen, zu schildern. Dabei soll nicht etwa das 
Bestreben vorwalten, eine abschließende politische Geschichte der 
vergangenen Jahrzehnte zu geben — hierzu wäre es noch zu früh, 
obwohl wichtiges amtliches und nichtamtliches Material in reicher 
Fülle bereits vorliegt —, sondern es soll der Versuch gemacht wer 
den, unter Schilderung der deutschen Außenpolitik in größten Um 
rissen die Sprache der Dokumente selbst nach Möglichkeit zur Gel 
tung zu bringen und so zu zeigen, was von den gegen Deutsch 
land und seine Verbündeten erhobenen Anklagen zu halten ist. 
Unser Hauptgegner, gegen den wir alle Kräfte zusammen 
zufassen haben, ist hierbei Frankreich. Frankreich stellte den Präsi 
denten der Friedensdelegation, Frankreich stand — schon infolge 
des Ortes der Verhandlungen — stets im Vordergründe der Ausein 
andersetzungen, Frankreich hat in Wort und Schrift immer wieder 
die These von der Schuld Deutschlands am Weltkriege durch seine 
ersten Männer, durch Clemenceau und Poincare, vertreten lassen. 
Frankreich hat sich aber wohlweislich gehütet, seine Archive zu 
öffnen, und dadurch der Sache der Aufklärung wirksamsten passiven 
Widerstand entgegengesetzt. Mangels offizieller französischer Dar 
legungen über die Jahrzehnte der Vorkriegszeit sind wir nunmehr 
genötigt, das französische Schrifttum, soweit es von beachtlicher 
Seite herrührt, für unsere Darlegungen mit heranzuziehen. 
In erster Linie sind hier die „Denkschriften der Herren fimile 
Bourgeois und Georges Pages über die Diplomatischen Gescheh 
nisse, die dem Kriege vorangegangen sind (Archive des Ministeriums 
der Auswärtigen Angelegenheiten 1871—1914)“ zu erwähnen. Diese 
Denkschriften haben Bourgeois und Pages schon 1919 dem fran 
zösischen Senate vorgelegt und zwar auf Grund eines Auftrages, 
den die am 6. Februar 1919 eingesetzte Untersuchungskommission 
2 Schwertfeger, Der Weltkrieg der Dokumente 
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