Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

Die Anklage von Versailles 
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Diese wurde durch Clemenceau in einem Schreiben vom 17. Juni 1919 
zugestanden und der Termin zur Annahme auf sieben Tage ver 
längert. 
Bis zum 23. Juni mußte also die Entscheidung fallen. Die Frie 
densdelegation begab sich nach Weimar, wo damals die deutsche 
Nationalversammlung tagte, und empfahl die Nichtunterzeichnung 
des Vertrages. Ihr Führer, Graf Brockdorff-Rantzau, trat am 20. Juni 
zurück, in Versailles übernahm der Gesandte v. Haniel den Auftrag 
der Reichsregierung, Erklärungen abzugeben, Gegenerklärungen ent 
gegenzunehmen und Verhandlungen zu führen. 
Die erste Mitteilung, die der Gesandte v. Haniel Clemenceau zu 
machen hatte, bezog sich auf die Zusammensetzung der neuen 
Reichsregierung 1 . Das neue Reichsministerium stellte sich am 22. Juni 
der Nationalversammlung vor, nachdem diese sich tags vorher über 
eine am 22. Juni Clemenceau zu überreichende Note geeinigt hatte. 
Die Nationalversammlung stimmte darin der Unterzeichnung des 
Vertrages unter der Voraussetzung zu, daß damit nicht die Aner 
kenntnis ausgesprochen sein solle, das deutsche Volk sei der Ur 
heber des Krieges. Die Verpflichtung zur Auslieferung nach Ar 
tikel 227—230 des Friedensvertrages wurde verweigert. 
Die Note vom 22. Juni fand hierfür würdige Worte: „Deutsch 
land legt den größten Nachdruck auf die Erklärung, daß es den 
Artikel 231 des Friedensvertrages, der von Deutschland fordert, sich 
als alleinigen Urheber des Krieges zu bekennen, nicht annehmen 
kann und durch seine Unterschrift nicht deckt. Daraus folgt ohne 
weiteres, daß Deutschland es auch ablehnen muß, die Ableitung 
der ihm aufgebürdeten Belastung aus der ihm zu Unrecht zugescho 
benen Urheberschaft am Kriege anzuerkennen. Ebensowenig kann 
es ein Deutscher mit seiner Würde und Ehre vereinbaren, die Ar 
tikel 227—230 anzunehmen und auszuführen, in denen Deutschland 
zugemutet wird, Angehörige des deutschen Volkes, die von den 
alliierten und assoziierten Mächten der Verletzung internationaler 
Gesetze und der Vornahme von Handlungen gegen die Gebräuche 
des Krieges bezichtigt werden, den alliierten und assoziierten Mächten 
zur Aburteilung auszuliefern.“ 
Deutscherseits beabsichtigte man also eine Unterzeichnung unter 
Vorbehalt. Clemenceau antwortete noch am 22. Juni aus Paris, es 
seien nicht einmal mehr vierundzwanzig Stunden bis zum Ablauf des 
gestellten Termins vorhanden; das fordere eine sofortige Antwort: 
1 Präsident des Reichsministeriums: Bauer, Finanzen und Stellvertretung des 
Ministerpräsidenten: Erzberger, Auswärtiges: Hermann Müller, Inneres: 
Dr. David, Reichswehrminister: Noske, Reichswirtschaftsminister: Wissel, 
Reichsarbeitsminister: Schlicke, Reichsernährungsminister: Schmidt, Reichs 
postminister: Qiesberts, Reichsverkehrsminister: Dr. Bell, Reichsschatz 
minister : Mayer- Kaufbeuren.
	        
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